Einführung in das eWpG: Innovation für Wertpapiere in Deutschland

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Kryptowerte sind dem deutschen Gesetzgeber nicht mehr fremd. Mit der Umsetzung der 5. Geldwäscherichtlinie wurden Kryptowerte erstmals als Finanzinstrumente eingestuft. Nun geht der Gesetzgeber einen Schritt weiter und möchte auch die klassischen Wertpapiere für die Digitalisierung öffnen. So soll die Begebung von Wertpapieren rein elektronisch oder mittels Nutzung der Distributed Ledger Technology (DLT) ohne eine Urkunde möglich werden.

Hintergrund des Gesetzes ist es, das deutsche Recht für innovative Technologien zu öffnen, dabei aber auch die Erfordernisse der Rechtssicherheit, der Marktintegrität und des Anlegerschutzes zu wahren. Deutschland als Finanzstandort soll nicht hinter anderen europäischen Ländern zurückbleiben.

Mit dem Referentenentwurf über das Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren (eWpG) treibt das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und das Bundesministerium der Finanzen die Digitalisierung von Wertpapieren in Deutschland weiter voran.

Was regelt das eWpG-E?

In den Anwendungsbereich des eWpG-E sollen zunächst nur Inhaberschuldverschreibungen fallen. Die Beschränkung wurde hier bewusst gewählt, weil laut Gesetzgeber das praktische Bedürfnis des Finanzmarktes nach dieser Finanzierungsform am größten sei. Pläne über eine Ausweitung des Anwendungsbereichs auf Investmentfonds und Aktien gibt es bereits.

Bei Aktien wird dieses aufgrund der damit verbundenen gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen (Gründung der Gesellschaft, Ausgabe der Aktien, Übertragung der Aktien auf internationalen Kapitalmärkten, Einberufung der Hauptversammlung, Kapitalmaßnahmen und Informationsflüssen zwischen der Gesellschaft und den Aktionär) zu einem deutlich späteren Zeitpunkt erfolgen. Auch weiterhin wird es möglich bleiben, Wertpapiere im klassischen Sinne zu verbriefen und mittels Urkunde zu begeben.

Die physischen Globalurkunden werden auf unbestimmte Zeit parallel weiter existieren. Mit dem eWpG-E soll den Emittenten ein Wahlrecht zwischen der Begebung mittels Urkunde und der Begebung in elektronischer Form gegeben werden. Damit elektronische Wertpapiere das gleiche Schutzniveau bieten können wie papierhafte Wertpapiere, sollen elektronische Wertpapiere als Sachen i.S.v. § 90 BGB gelten. Durch diese sachenrechtliche Fiktion können Eigentumsrechte am Wertpapier begründet werden und es bietet Schutz bei Insolvenzen und Zwangsvollstreckungen.

Die derzeit erforderliche Urkunde soll bei elektronischen Wertpapieren durch die Eintragung in ein Wertpapierregister ersetzt werden. Die Rechtswirkung eines elektronisch begebenen Wertpapiers ist identisch zum papierhaften Wertpapier.

Dabei können elektronische Wertpapiere auf zwei verschiedene Arten begeben werden. Entweder sie werden als elektronisches Wertpapier im engen Sinne auf einem zentralen Register registriert, das von einem Zentralverwahrer geführt wird oder sie werden als Kryptowertpapier auf einem dezentralen Kryptowertpapierregister registriert. Der Gesetzesentwurf ist komplett technikneutral formuliert, sodass die Marktteilnehmer Gestaltungsspielraum haben.

Zumindest beim dezentralen Register wird jedoch eine Technologie gemeint sein, die auf DLT-Basis beruht. Im eWpG-E sind die Regelungen zum Kryptowertpapierregister noch unspezifisch. Die Detailregelungen werden wohl erst über Rechtsverordnungen des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) und des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) bestimmt. Gerade die Berichtigung möglicher Falscheintragungen oder die Folgen einer Insolvenz sind Gegenstand der Diskussionen im Konsultationsverfahren und müssen geregelt werden um eine ausreichende Vertrauensbasis auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette zu schaffen.

Da die aufsichtsrechtlichen Anforderungen und die zivilrechtlichen Folgen der Etablierung eines elektronischen Wertpapieres hoch sind, müssen die elektronischen Wertpapiere klar von Kryptowerten abgrenzbar sein. Der Emittent eines Kryptowertpapiers soll dieses immer als solches kennzeichnen, die Emission im Bundesanzeiger veröffentlichen und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Emission anzeigen.

Elektronische Wertpapiere im engen Sinne müssen in Sammeleintragung beim Zentralverwahrer verwahrt werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 eWpG-E). Das elektronische Wertpapier im engen Sinne ersetzt ausschließlich die Globalurkunde.

Einzelverbriefte Inhaberschuldverschreibungen, die nicht Teil einer Gesamtemission sind, können daher nicht als elektronisches Wertpapier begeben werden, sondern bedürfen auch weiterhin der physischen Verbriefung mittels Urkunde. Kryptowertpapiere können hingegen in Sammel- oder in Einzeleintragung eingetragen werden (§ 8 Abs. 2 eWpG-E).

Die Einzeleintragung von Kryptowertpapieren soll ermöglicht werden, damit das Wertpapier im privaten Kapitalmarkt auch ohne Intermediäre übertragen werden kann. Für Kryptowertpapiere in Einzeleintragung ist somit auch keine depotmäßige Verwahrung erforderlich. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen sind Gegenstand intensiver Diskussionen des Referentenentwurfs im Zusammenhang mit der Geldwäscheprävention.

Mit dem Gesetzesentwurf soll eine neue Finanzdienstleistung eingeführt werden, nämlich die Kryptowertpapierregisterführung. Durch die Einordnung als Finanzdienstleistung wird eine Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 S. 1 KWG ausgelöst. Die Registerführung als solche stellt keine Verwahrung im Sinne des Depotgesetzes dar.

Emittenten von Kryptowertpapieren müssen die registerführende Stelle benennen. Wird keine Stelle benannt, so gilt der Emittent als registerführende Stelle. Registerführung und Wertpapierverwahrung kann bei Kryptowertpapieren daher getrennt voneinander erfolgen.

Die Verwahrung kann entweder klassisch bei einer Wertpapiersammelbank oder auf den Namen des Verwahrers erfolgen (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 eWpG-E).

Bei Kryptowertpapieren in Einzeleintragung erfolgt die Eintragung unmittelbar im Register (§ 8 Abs. 2 eWpG-E).

Wie werden elektronische Wertpapiere begeben?

Die Begebung von elektronischen Wertpapieren orientiert sich mit einigen Besonderheiten an der Begebung von klassischen Wertpapieren. Wie bisher ist eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen dem Emittenten und dem ersten Nehmer in Form von Übernahmeverträgen, Zeichnungsverträgen, Kaufverträgen o.Ä. notwendig. Im nächsten Schritt bedarf es eines Begebungsvertrags. Anstelle der Übergabe der Wertpapierurkunde tritt bei elektronischen Wertpapieren die Eintragung im Register.

Voraussetzung für die Eintragung ist die Niederlegung der Emissionsbedingungen (§ 5 eWpG-E) und die Definition der wesentlichen Angaben der Wertpapieremission (§§ 13, 17 eWpG-E). Bei Kryptowertpapieren müssen nach der Eintragung zudem noch Angaben im Bundesanzeiger veröffentlicht werden (§ 20 eWpG-E) und Registerauszüge für Verbraucher erstellt werden (§ 19 eWpG-E).

Bei der Niederlegung handelt es sich um die Hinterlegung der Emissionsbedingungen bei der registerführenden Stelle in einer für jedermann zugänglichen elektronischen Form.

Für die wesentlichen Angaben sollen bei elektronischen Wertpapieren im engen Sinne gem. § 13 eWpG-E Informationen zum Emittenten, Gesamtemissionsvolumen, Nennbetrag, Angaben zum Mischbestand und zum wesentlichen Inhalt des Rechts auf dem Register eingetragen werden.

Bei Kryptowertpapieren sollen gem. § 17 eWpG-E neben den Angaben zum Emittenten, Mischbestand und dem wesentlichen Inhalt des Rechts noch Angaben zum Inhaber, zu Verfügungshindernissen und zu Rechten Dritter gemacht werden sowie eine Kennzeichnung, ob es sich um eine Einzel- oder Sammeleintragung handelt.

Was ist der Unterschied zur bisherigen Aufsichtspraxis der BaFin?

Bereits Anfang 2019 hatte die BaFin den ersten Wertpapierprospekt zu einem Security Token Offering in Deutschland gebilligt. Damals wurde ein ursprünglich als Vermögensanlage zu klassifizierendes Instrument über eine Blockchain ausgegeben, um die Handelbarkeit zu erhöhen.

Die tokenisierte Vermögensanlage wurde aufsichtsrechtlich als Wertpapier sui generis eingeordnet und unterlag daher dem WpPG und der damit verbundenen Prospektpflicht. Zivilrechtlich handelte es sich jedoch nicht um ein Wertpapier, da die erforderliche Wertpapierurkunde fehlte. Und auch im depotrechtlichen Sinne war der Wertpapierbegriff nicht erfüllt. Dieses Auseinanderfallen von Zivilrecht und Aufsichtspraxis der BaFin führte dazu, dass Security Token nicht wie papierhafte Wertpapiere handelbar und übertragbar waren.

Diesen Punkt greift das eWpG-E auf und setzt den Eigentums- und Verkehrsschutz mit dem der klassischen Wertpapiere gleich. Zu beachten ist jedoch, dass dies nur für Inhaberschuldverschreibungen gilt. Bei den Security Token wird sich nichts an der bisherigen Aufsichtspraxis ändern und sie sind weiterhin als Wertpapier sui generis zu betrachten, die nicht in den Anwendungsbereich des eWpG-E fallen.

Anfang 2020 wurde das Kryptoverwahrgeschäft als Finanzdienstleistung i.S.d § 1 Abs. 1a KWG klassifiziert. Die Erlaubnisanträge mussten bis zum 30. November 2020 gestellt werden. Im Rahmen des eWpG-E wird die Erlaubnispflicht für das Kryptoverwahrgeschäft erweitert.

Zum Kryptoverwahrgeschäft soll auch die Sicherung von privaten kryptografischen Schlüsseln, die dazu dienen Kryptowertpapiere für andere zu halten, zu speichern oder darüber zu verfügen, gehören.

Zudem stellt das eWpG-E klar, dass auch elektronische Wertpapiere als Wertpapiere im Sinne des Depotgesetzes gelten. Die Verwahrung von Kryptowertpapieren fällt somit unter das Depotgeschäft und nicht unter das Kryptoverwahrgeschäft. Daher wird bei Kryptowertpapieren die Erlaubnispflicht für Bankgeschäfte nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 KWG verlangt, bei sonstigen Kryptowerten die Erlaubnispflicht für Finanzdienstleistungen nach § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG-E.

In einem nächsten Schritt wird der Regierungsentwurf veröffentlicht, bevor das Gesetz voraussichtlich 2021 in Kraft treten wird. Der eWpG-E muss insbesondere auch im Zusammenhang mit der EU-Regulierung für Kryptowerte gesehen werden, deren Inkrafttreten für das Jahr 2022 erwartet wird.

Am 16. Dezember 2020 hat das BMJV den Regierungsentwurf des eWpG veröffentlicht. Der neue Entwurf setzt viele Kritikpunkte um, die im Rahmen der Konsultation eingereicht wurden. Die wesentlichen Neuerungen sind dabei:

  • Einführung des neuen Begriffs „Zentralregisterwertpapier“ für elektronische Wertpapiere, die im zentralen Register eingetragen sind
  • Öffnung der Registerführung: Alle im Inland zugelassenen Verwahrer (nicht nur CSDs) dürfen zentrale Register führen
  • Möglichkeit der Einzeleintragung auch im zentralen Register
  • Strengeres Registergeheimnis: Erweiterte Anforderungen an ein berechtigtes Interesse für die Registerauskunft
  • Eingeschränkter Gutglaubensschutz bei rechtsgeschäftlichem Erwerb: Geschützt sind nur noch die Richtigkeit und Vollständigkeit des Registers sowie die Berechtigung des Inhabers
  • Erfordernis der Dezentralität der Kryptowertpapierregister wurde entfernt
  • Übergangsvorschrift für das Führen von Kryptowertpapierregistern: Erlaubnis zum Führen eines Kryptowertpapierregisters gilt als vorläufig erteilt, wenn die Absicht der BaFin angezeigt und ein vollständiger Antrag eingereicht wurde
  • Anteile an Sondervermögen nach § 95 KAGB können als elektronische Anteilscheine begeben werden

Fazit

Der Referentenentwurf bietet ein wichtiges Rahmenwerk für elektronisch verbriefte Wertpapiere und insbesondere für Kryptowerte, das die Rechtssicherheit und somit auch die Akzeptanz im Finanzmarkt erhöhen wird und Deutschland als Finanzplatz auch im internationalen Vergleich wettbewerbsfähiger macht.

Autoren:  Svenja Brinkmann, Senior Consultant WEPEX Unternehmensberatung und Frank Thole, Partner WEPEX Unternehmensberatung