In zwei brisanten Urteilen zum Thema Widerruf Autokredit hat der Bundesgerichtshof (BGH) den Verbrauchern Recht gegeben. Darüber berichtet die Kanzlei Rechtsanwälte Aslanidis, Kress und Häcker-Hollmann.
In den aktuellen Urteilen vom 27. Oktober 2020 (XI ZR 489/19 und XI ZR 525/19) weicht der BGH ausdrücklich von seiner bisherigen Rechtsprechung ab, dass ein Kaskadenverweis klar und verständlich sei und ändert seine Rechtsprechung entsprechend der verbraucherfreundlichen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zugunsten der Verbraucher.
Christopher Kress, Partner der Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann, erklärt:
„Das Urteil hat enorme Signalwirkung für zahlreiche andere Darlehensverträge von vielen verschiedenen Autobanken.“
BGH ändert seine Rechtsprechung zugunsten der Verbraucher
Die Urteile betreffen Verfahren gegen die Land Rover Bank und die Jaguar Bank. Beide sind Zweigniederlassungen der FCA Bank Deutschland GmbH. In seinen Urteilen hat der BGH das Urteil des EuGH vom 26.03.2020 (C-66/19) angewendet, weil die Bank den sogenannten „Kaskadenverweis“ in dem Vertrag verwendet hat. Die FCA Bank Deutschland GmbH hat Vertragsformulare verwendet, die von der Muster-Widerrufsbelehrung abweichen, so dass ihnen der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes keinen „Bestandsschutz“ zubilligen kann.
Die FCA Bank stellt die Finanzierungen für die Marken Alfa Romeo, Fiat, Fiat Professional, Jeep, Abarth und Ferrari zur Verfügung. Die Zweigniederlassungen Maserati Bank, Jaguar Bank und Land Rover Bank werden von der FCA Bank organisatorisch verwaltet.
Das Brisante an dem Fall: Der vom BGH bemängelte Fehler findet sich in einer Vielzahl von Auto-Finanzierungen, nicht nur bei der FCA Bank (Fiat Chrysler), sondern beispielsweise auch bei der Santander Bank, Opel Bank, VW Bank, Audi Bank, Seat Bank, Bank Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (BDK), Commerzbank, Auto Europa, Targo Bank und Bank 11.
Das BGH-Urteil dürfte demnach massive Auswirkungen auf viele KFZ-Finanzierungen haben.
Ausgangspunkt der aktuellen BGH-Entscheidung ist, dass nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 26.03.2020, C-66/19) Klauseln wie die folgende in Kreditverträgen europarechtswidrig sind:
„Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.“
Dann kommt es auf Details an. Sobald Banken an den gesetzlichen Mustern Änderungen vornehmen, schlägt der Widerruf durch. Beispielsweise hat in den aktuell vom BGH entschiedenen Fällen die Land Rover Bank und die Jaguar Bank beziehungsweise FCA Bank in den Vertrag hineingeschrieben, dass der Widerruf des Kredits gleichzeitig zu einem Widerruf der Restschuldversicherung führt.
Das Problem für die Banken: Diese Formulierung wird auch dann verwendet, wenn der Kunde gar keine Restschuldversicherung abgeschlossen hat. Damit sei der Verbraucher fehlerhaft belehrt worden, urteilt nun der BGH. Deshalb beginne die Widerrufsfrist für das Darlehen nicht zu laufen. Der Widerruf kann also auch Jahre nach Abschluss der Finanzierung ausgeübt werden.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes müssen Verbraucher sich einen Wertersatz für Wertverluste am Fahrzeug anrechnen lassen. Um zu klären, wie sich dieser Wertersatz konkret berechnet, hat der BGH beide Verfahren an die Vorinstanz zurück verwiesen.
In seinem aktuellen Urteil weicht der BGH nun ausdrücklich von seiner bisherigen Rechtsprechung ab, dass ein Kaskadenverweis klar und verständlich sei und ändert seine Rechtsprechung entsprechend der verbraucherfreundlichen des Europäischen Gerichtshofes zugunsten der Verbraucher.
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