Ein Jahr Open Banking: Mit der Einführung der PSD2-Richtlinie sollte sich in Europa eine Welt neuer Bezahlmöglichkeiten und digitaler Finanzdienstleistungen etablieren. Doch sowohl in Deutschland als auch auf europäischer Ebene sind die Vorbehalte gegenüber Open-Banking-Angeboten noch immer groß: Lediglich 19 Prozent der deutschen Befragten sind dazu bereit, ihre Finanzdaten mit Banken oder Drittanbietern zu teilen.
Damit liegt Deutschland im europäischen Durchschnitt von 20 Prozent. Am ehesten ließen sich die deutschen Verbraucher mit Einkaufsrabatten (8 Prozent), einer automatisierten Steuererklärung (8 Prozent) oder der kostenlosen Nutzung von Bankdienstleistungen (4 Prozent) davon überzeugen, ihre Bankdaten zu teilen, wie die neue Ausgabe der "European Payments"-Studie von Strategy&, der Strategieberatung von PwC, zeigt.
Dabei vertrauen die deutschen Befragten nach wie vor am meisten traditionellen Banken und Kartenanbietern, um ihnen persönliche Informationen zu überlassen (17 Prozent). Im Vergleich zur vergangenen Umfrage mussten diese allerdings sechs Prozentpunkte ihres Vertrauensvorschusses einbüßen (2018: 23 Prozent). Zahlungsdienstleister (12 Prozent) und Einzelhändler (9 Prozent) konnten sich vor Neobanken und FinTechs behaupten, die weit abgeschlagen nur von 1 Prozent der Verbraucher in Deutschland Daten erhalten würden.
Auch wenn mit der Zurückhaltung bei der Weitergabe persönlicher Daten eine der Grundlagen für Open Banking bislang noch gehemmt ist, zeigen sich an einer anderen Front erste Fortschritte: Der Anteil der deutschen Konsumenten, die aktuell bereits ihr Smartphone zum Bezahlen nutzen, hat sich von 5 Prozent (2018) auf 9 Prozent (2020) fast verdoppelt (Europa: 14 Prozent). Debitkarten steigen ebenfalls weiter in der Beliebtheit und werden von 30 Prozent der deutschen Befragten präferiert (2018: 24 Prozent). Hingegen können Kreditkarten nicht von diesem Trend profitieren, ihr Anteil bei den beliebtesten Zahlungsmitteln sank von 9 Prozent (2018) auf 7 Prozent (2020). Auch europaweit liegen Debitkarten mit 31 Prozent (2018: 27 Prozent) bei den bargeldlosen Bezahlmethoden vorne. Zudem stehen Kreditkarten mit 19 Prozent (2018: 19 Prozent) auf europäischer Ebene höher im Kurs als in Deutschland.
Die COVID-19-Pandemie führt zu einem zusätzlichen Anstieg bei bargeldlosen Zahlungen: 38 Prozent der deutschen Befragten geben an, momentan häufiger mit der Karte zu bezahlen als vor der Krise (Europa: 44 Prozent). Zusätzlich gibt die Mehrheit der Verbraucher in Deutschland (53 Prozent) an, ihr geändertes Bezahlverhalten auch nach der Krise ganz oder größtenteils beibehalten zu wollen (Europa: 48 Prozent).
"Zum Jahrestag des Inkrafttretens von PSD2 wird deutlich, dass der Weg zum Open Banking in Deutschland wie auch in anderen europäischen Ländern noch weit ist. Allerdings hat die COVID-19-Pandemie offensichtlich dazu beigetragen, das Zahlungsverhalten zugunsten digitaler Alternativen zu verändern - eine der Voraussetzungen für eine funktionierende Open Banking-Infrastruktur.
Banken und FinTechs sollten das aktuelle Momentum zum Anlass nehmen, um weiter in attraktive und integrierende Services zu investieren und so skeptische Verbraucher vom Mehrwert durch Datenaustausch zu überzeugen", kommentiert Andreas Pratz, Co-Autor der Studie und Partner bei Strategy& Deutschland.
In anderen Lebensbereichen sind Konsumenten in Deutschland mittlerweile durchaus bereit, für bestimmte Services ihre Daten zu teilen. Weit verbreitete Messenger (52 Prozent) oder Social-Media-Apps (28 Prozent) werden häufig genutzt, ebenso wie Bonussysteme von Einzelhändlern (39 Prozent).
"Die Beispiele für erfolgreiche datenintensive Anwendungen außerhalb der Finanzwelt zeigen, welches Potential in Open Banking schlummert. Dieses muss nun über entsprechende Angebote weiter geweckt werden: Banken und FinTechs können ihren Kunden beispielsweise mit der übergreifenden Kontrolle über sämtliche Konten, Abbuchungen und Verträge die Vorteile von Open Banking aufzeigen. Da jedoch selbst der Vertrauensvorschuss von Banken im Hinblick auf die Weitergabe von Daten langsam schwindet, ist hier rasches Handeln gefragt", so Andreas Pratz.
Gleichzeitig scheint die Abkehr vom Bargeld nun auch immer mehr in Deutschland anzukommen: Bevorzugten hierzulande 2018 noch 61 Prozent der Befragten Scheine und Münzen als Zahlungsmittel, verringert sich ihre Zahl auf nunmehr 56 Prozent. In Europa liegt dieser Wert allerdings nur noch bei 36 Prozent (2018: 43 Prozent). Die Beweggründe hinter der noch immer großen Bargeldleidenschaft in Deutschland haben sich in den letzten beiden Jahren jedoch deutlich geändert.
Während vor zwei Jahren 44 Prozent der Befragten angaben, Bargeld sei oft die einzig akzeptierte Zahlmethode, sagen dies aktuell lediglich noch 35 Prozent. Gleichzeitig bezahlen aber mehr Personen wegen Sicherheitsbedenken bevorzugt bar (2020: 23 Prozent; 2018: 18 Prozent) oder um leichter die Kontrolle über ihre Ausgaben zu behalten (2020: 32 Prozent; 2018: 27 Prozent).
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