Wenn Eltern nicht selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können, sind Kinder gesetzlich dazu verpflichtet, für den Unterhalt aufzukommen, wenn sie mehr als 100.000 Euro brutto im Jahr verdienen.
Wie viel Unterhalt gezahlt werden muss, wird im Einzelfall berechnet und ist von mehreren Faktoren abhängig. Zudem gibt es einige Sonderfälle, in denen die Unterhaltspflicht für Kinder entfällt. Die ARAG-Experten erläutern die Einzelheiten.
Um die Höhe der Unterhaltspflicht zu bestimmen, werden zunächst die Einkünfte zusammengerechnet. Bei Arbeitnehmern wird der Durchschnitt von zwölf zusammenhängenden Monaten vor Eintritt des Unterhaltsbedarfs gebildet. Bei Selbstständigen werden die durchschnittlichen Einkünfte der zurückliegenden drei bis fünf Jahre herangezogen. Vom so ermittelten Nettoeinkommen werden neben dem Selbstbehalt noch folgende Kosten abgezogen:
- berufsbedingte Aufwendungen (zum Beispiel Fahrtkosten)
- Kosten der allgemeinen Krankenvorsorge und krankheitsbedingte Aufwendungen
- private Altersvorsorgekosten bis zu fünf Prozent des Bruttoeinkommens plus Zinsen
- Darlehensverbindlichkeiten, insbesondere Zins- und Tilgungszahlungen einer Baufinanzierung
- Aufwendungen für regelmäßige Besuche des Elternteils
- finanzieller Bedarf für eigenen Nachwuchs wirkt einkommensmindernd
Übersicht über Sonderfälle
In einigen Sonderfällen kann es zu Ausnahmen der Unterhaltspflicht kommen:
Schwiegerkinder
Da Schwiegerkinder mit ihren Schwiegereltern nicht verwandt sind und qua Gesetz nur „Verwandte in gerader Linie“ zu Unterhaltszahlungen verpflichtet sind, müssen sie eigentlich keinen Unterhalt zahlen. Liegt das Einkommen des Ehepartners aber über der neuen 100.000-Euro-Grenze und wird er deshalb vom Sozialamt in Regress genommen, wird auch das Einkommen des Schwiegerkindes zum Familieneinkommen gerechnet und es zahlt für den Unterhalt der Schwiegereltern mit.
Scheidung
Geschiedene Ehepartner können zwar nur noch den Selbstbehalt für Alleinstehende geltend machen, dafür aber die Unterhaltspflichten gegenüber dem Ex-Partner und den gemeinsamen Kindern in Abzug bringen.
Das gilt auch, wenn man unverheiratet in einer Patchwork-Familie lebt und dem gemeinsamen Kind und dem betreuenden Elternteil zum Unterhalt verpflichtet ist.
Geschwister
Wenn es mehrere Kinder gibt, die für Unterhaltszahlungen in Frage kommen, dann haften die Geschwister anteilig nach den jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnissen für den Elternunterhalt. So muss der Geschwisterteil, der besser verdient, in der Regel auch mehr Geld für den Elternunterhalt aufbringen. Das gilt übrigens auch, wenn nur eins von mehreren Kindern über der 100.000-Euro-Grenze liegt. Auch dieses Kind muss dann nicht den vollständigen Unterhalt zahlen, sondern nur den anteiligen Betrag.
Auszubildende, Studenten, Minderjährige
Auszubildende, Studenten oder Minderjährige sind schon allein aufgrund ihres Einkommens in der Regel nicht von Zahlungsforderungen betroffen.
Fragebogen vom Sozialamt zum Elternunterhalt
Wer einen amtlichen Fragebogen zum Elternunterhalt bekommt, weil das Sozialamt vermutet, dass die Einkommensgrenze überschritten ist, ist verpflichtet zu antworten. Diese Auskunft kann sogar per Gerichtsbeschluss eingefordert werden. Bei Unsicherheit, ob die Angaben über Einkünfte und Vermögenswerte richtig sind, sollte ein Rechtsanwalt zu Rate gezogen werden.
https://www.experten.de/2020/08/11/elternunterhalt-wann-muessen-kinder-zahlen/
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