Wenn nach einem Verkehrsunfall bis zur Reparatur des Fahrzeugs mehr als ein Jahr vergeht, kann unter Umständen auch Nutzungsausfall für diese Zeit beansprucht werden. Dies entschied das Landgericht Bielefeld.
Die Reparatur eines Autos nach einem Verkehrsunfall verzögerte sich aus verschiedenen Gründen. So verlängerte die Dauer sich zusätzlich, weil die gegnerische Versicherung die Vorschusszahlungen an die Werkstatt verzögert hatte. Auch mussten für das Liebhaberfahrzeug besondere Ersatzteile beschafft werden. Nachdem das Auto repariert wurde, gab die Werkstatt es nicht frei, da die Rechnung noch nicht durch die gegnerische Versicherung bezahlt war.
Nachdem das Unfallopfer nach einem Jahr das Fahrzeug immer noch nicht zur Verfügung stand, bekam sie ein Dienstfahrzeug. Sie verlangt Nutzungsausfall für diesen Zeitraum.
Das Landgericht gab dem Unfalloper Recht. Die Klägerin treffe hinsichtlich der langen Dauer des Nutzungsausfalls kein Mitverschulden.
Es verurteilte die gegnerische Versicherung zur Zahlung von Nutzungsausfall für 365 Tage in Höhe von 17.702,50 Euro. Laut Gericht hat man auch dann einen Anspruch auf Nutzungsausfall, wenn man sich kein Ersatzfahrzeug anmietet. Für das Liebhaberfahrzeug habe sie alle finanziellen Ressourcen aufgebraucht und sich noch Geld geliehen. Daher war es ihr nicht zumutbar, die Vorschusszahlungen auf die Reparatur oder die Abschlusszahlung auf die Rechnung von insgesamt 18.700 Euro zu leisten.
Sie hätte die Zahlung auch nicht durch einen Kredit überbrücken können. Bei einem Jahresbruttoeinkommen zwischen 25.000 und 29.000 Euro kann sie nicht ohne Weiteres einen Kredit aufnehmen. Außerdem würden die Kosten für das Darlehen die Betroffene bei ihrem Einkommen erheblich belasten. Daher habe sie sich auch kein Ersatzfahrzeug anschaffen müssen. Dass Ersatzteile beschafft werden mussten und in der Werkstatt Mitarbeiter krank gewesen waren, gehöre zum Reparaturrisiko, welches nicht die Frau zu tragen habe.
So wäre die Reparatur schneller gegangen, wenn die gegnerische Versicherung ihren Zahlungsverpflichtungen rechtzeitig nachgekommen wäre.
Entscheidung vom 15. November 2019 (Landgericht Bielefeld, AZ: 2 O 85/16)
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