Versicherer mit der höchsten digitalen Reichweite

Versicherer mit der höchsten digitalen Reichweite
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Welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf das Informationsverhalten der Versicherungskunden und die Kommunikation mit den Versicherern hat und welche Versicherer digital besonders sichtbar sind, analysierte HEUTE UND MORGEN für die aktuelle Ausgabe des „Techmonitor Assekuranz 2020“.

Differenziert werden über 20 unterschiedliche digitale „Touchpoints“ und digitale Kontaktanlässe. Zudem wird die digitale Reichweite von 22 einzelnen Versicherungsgesellschaften untersucht (Digital Touchpoint Index).

Verglichen werden die aktuellen Ergebnisse mit denen der ersten Ausgabe des „Techmonitor Assekuranz“ von Herbst 2019 sowie mit Ergebnissen weiterer Studien zur Digitalisierung in der Assekuranz.

Auch wen die aktuelle Corona-Krise der Digitalisierung und der „Distanzierung“ der Kundenbeziehungen in der Assekuranz einen Schub verleiht, stellt sie aber die Bedeutung persönlicher und insbesondere beratender Kundenbeziehungen nicht grundsätzlich in Frage.

Insgesamt steigt die Anzahl der digitalen Kontakte der Kunden zum eigenen Versicherer im Vergleich zum Vorjahr erkennbar an. Während 2019 jeder Versicherungskunde im Schnitt 0,57 erinnerte digitale Kontakte zum eigenen Versicherer hatte, ist dieser Wert aktuell auf 0,69 angestiegen. Ein Plus von etwa 20 Prozent.

Spitzenreiter in der digitalen Kontaktstärke

In der digitalen Reichweite auf Gesamtmarktbasis liegt die Allianz aktuell weiter deutlich vorne.

Bei den durchschnittlichen digitalen Kontakte eines Bundesbürgers zur jeweiligen Versicherungsgesellschaft hatte ein Deutscher in den vergangenen sechs Monaten 0,44 digitale Kontakte zur Allianz (+0,06 im Vergleich zu 2019). Damit haben 44 Prozent aller Versicherten die Allianz in den letzten Monaten über digitale Kontaktkanäle wahrgenommen beziehungsweise hatten über digitale Kontaktwege direkten Kontakt.

Auf den Plätzen zwei und drei folgen ERGO (0,29) und HUK-COBURG (0,25), die ebenfalls leichte Zugewinne verzeichnen können.

Interessante Erkenntnisse liefert dabei auch eine Differenzierung zwischen „aktiven“ digitalen Kontakten (Besuch einer Homepage, Schreiben einer E-Mail, Login in ein Kundenportal et cetera) und „passiven“ digitalen Kontakten (Wahrnehmung digitaler Werbung wie Online-Banner, Posts in sozialen Medien, Newsletter et cetera).

Während die Mehrheit der Versicherer bei den Kunden mehr aktive als passive digitale Kontakte realisiert, fallen insbesondere Generali und CosmosDirekt durch mehr passive digitale Kontakte auf.

Grafik: Techmonitor Assekuranz

Chat-Kommunikation: Neue Chancen entstehen

Neun Prozent der Bundesbürger haben in den letzten Monaten einen Chat (Live-Chat, Video-Chat oder Chatbot) zum Thema Versicherungen benutzt. Wird über die Homepage eines Versicherers gechattet, favorisieren die Kunden als Chat-Variante mehrheitlich Live-Chats beziehungsweise Text-Chats.

Insgesamt können sich aktuell zwei Drittel der Kunden vorstellen, mit einem Mitarbeiter eines Versicherungsunternehmens zu chatten. Potenziale liegen auch noch im Bereich von Video-Chats, an die die Bundesbürger sich in der Krise gewöhnt haben.

Jeder vierte Bundesbürger kann sich zudem vorstellen, auch einen Chatbot (virtueller Assistent) zum Thema Versicherungen zu nutzen.

Aus Kundensicht zentrale Aspekte und Anforderungen sind dabei:

  1. Ein Chatbot sollte klar als virtueller Assistent gekennzeichnet sein.
  2. Ein Chatbot sollte die Funktion haben, dass man auf Wunsch auch an einen persönlichen Mitarbeiter weitergeleitet wird.
  3. Ein Chatbot sollte die Funktion haben, den kompletten Gesprächsverlauf abspeichern beziehungsweise ausdrucken zu können.

Gewachsene Bedeutung von Kundenportalen

In den vergangenen Jahren hat die Bedeutung von Kundenportalen zugenommen: Während 2014 erst knapp jeder dritte Bundesbürger Zugriff auf ein Kundenportal seines Versicherers hatte, ist dies aktuell bereits jeder Zweite (unabhängig von der tatsächlichen Nutzung). Die mit Abstand höchsten Anbindungsquoten ihrer Kunden an das eigene Kundenportal weisen erwartungsgemäß die Direktversicherer HUK24 und CosmosDirekt auf.

Laut Axel Stempel, Geschäftsführer bei HEUTE UND MORGEN, bieten Kundenportale den Versicherern noch großes Zukunftspotenzial für eine mehrwertstiftende Kundenkommunikation. Dies lässt sich dabei wenige an einem Anstieg der aktuellen Nutzerzahlen festmachen, sondern an den positiven Faktoren, die die Versicherten den Kundenportalen selbst zusprechen: Bei der Befriedigung faktischer Kommunikationsbedürfnisse, wie Eigenständigkeit, Verbindlichkeit, Schnelligkeit und Aufwand, erreichen Kundenportale unter allen Kommunikationskanälen den zweithöchsten Score-Wert (nach der E-Mail, aber noch vor telefonischen und unmittelbaren persönlichen Kontakten).

Mehr Kontakte zu Versicherer-Homepages

Auch die Kontaktfrequenz zur Homepage der Versicherungsgesellschaften ist im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit angestiegen: Während im Vorjahr 39 Prozent der Bundesbürger in einem 6-Monatszeitraum auf einer Versicherer-Homepage gesurft haben, sind dies aktuell 44 Prozent. Damit wird aktuell sogar die Kontakthäufigkeit von Vergleichsrechnern übertroffen, die von 41 Prozent auf aktuell 39 Prozent gefallen ist.

Ursächlich dafür könnte sein, dass es in der Corona-Krise weniger um Informationen zu Neuabschlüssen, sondern vermehrt um Fragen zu laufenden Versicherungsverträgen geht.

Corona: Treiber der Digitalisierung in der Assekuranz?

Sind die aktuellen Anstiege der digitalen und „distanten“ Kundenkommunikation in der Assekuranz durch die Corona-Krise und ihre Kontaktbeschränkungen „erzwungen“ – oder spiegeln sie einen nachhaltigen Trend zu (noch) mehr Onlinekommunikation zwischen den Versicherern und den Kunden?

Der „Techmonitor Assekuranz 2020“ zeigt hier: Bei einfachen Anliegen, wie einem Vertragsabschluss (exklusive Beratung) oder dem Einreichen von Schäden, geht die Präferenz der Kunden für persönliche Kontaktwege zugunsten von digitalen Kanälen (insbesondere Homepage) aktuell etwas zurück.

Bei der Beratung präferiert aber nach wie vor jeder zweite Bundesbürger den direkten persönlichen Kontakt zum Vertreter beziehungsweise Makler. An Bedeutung gewinnt hier aktuell die telefonische Beratung (plus 5 Prozentpunkte).

Bei der Aussage „Ich traue mir zu, meine Versicherungsangelegenheiten online selbständig zu regeln“ sink die Zahl der zustimmenden Kunden von 52 Prozent im Jahr 2016 auf aktuell 47 Prozent.

Verallgemeinernd lässt sich schlussfolgern: Die aktuelle Corona-Krise verleiht der digitalen (kontaktlosen) Information und Kommunikation in der Assekuranz einen Schub, eröffnet auch neue Chancen und Möglichkeiten, wird die Bedeutung persönlicher (und insbesondere beratender Kundenbeziehungen), aber voraussichtlich nicht grundsätzlich schmälern. Im Gegenteil besteht bei Vernachlässigung persönlicher (aktuell vermehrt telefonischer) Kontaktwege sogar das Risiko, zumindest einen Teil der Versicherungskunden in der Kundenbindung und für Abschlüsse zu verlieren beziehungsweise abzuhängen.

Axel Stempel sagt:

„Zentrale Aufgabe für die Versicherer – die sich nicht ausschließlich auf Direktversicherungen fokussieren wollen – bleibt es, einen integrierten, ausbalancierten und vor allem am unmittelbaren Kundenbedarf orientierten Mix aus digitalen und persönlicheren Kontaktwegen bereitzustellen.“

 

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