Versicherungsmaklervertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Ehefrau

Das OLG Brandenburg hatte sich mit Urteil vom 23.04.2019 (Az.: 6 U 95/17) damit zu  befassen, ob ein Versicherungsmaklervertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (zum Beispiel der Ehefrau des Versicherungsnehmers) ausgestaltet ist.

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Beratung eines Schornsteinfegers

Der vom OLG Brandenburg zu entscheidende Sachverhalt betraf die Beratung eines Schornsteinfegers. Dieser wandte sich an einen ihn bereits seit längerer Zeit betreuenden Versicherungsmakler mit der Bitte um Anpassung seines Versicherungsschutzes aufgrund einer kurz bevorstehenden Berufung als Bezirksschornsteinfeger. Im Zusammenhang mit der neuen beruflichen Tätigkeit war auch den Erwerb einer Immobilie zu Wohnzwecken geplant. Ferner plante der Schornsteinfeger in dieser Immobilie auch seine Büroräumlichkeiten einzurichten.

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Auf der Grundlage eines gemeinsamen Beratungsgespräches, an welchem auch die Ehefrau des Schornsteinfegers teilnahm, vermittelte der Versicherungsmakler an den Schornsteinfeger eine Betriebshaftpflichtversicherung inklusive Deckungserweiterung unter anderem auf die Privathaftpflicht auf den Betriebsinhaber und seine Familie sowie auf Haus- und Grundbesitz. Die Ehefrau des Schornsteinfegers war dabei mitversichert.

Nachdem der Schornsteinfeger seine neue berufliche Tätigkeit aufgenommen hatte, kam es in der schlussendlich von seiner Ehefrau erworbenen Immobilie zu einem Brand. Dieser Brand griff auf ein Nachbargebäude über und verursachte dort einen erheblichen Sachschaden. Nach einer Regulierung dieses Schadens durch den Gebäudeversicherer des Geschädigten nahm dieser die Ehefrau des Schornsteinfegers auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Ehefrau des Schornsteinfegers begehrte alsdann von der an ihren Ehemann vermittelten Haftpflichtversicherung Freistellung von dieser Inanspruchnahme. Die vermittelte Haftpflichtversicherung lehnte dies jedoch ab, da Voraussetzung des Versicherungsschutzes war, dass das versicherte Objekt nicht auch den Gewerbebetrieb des Versicherungsnehmers beinhaltet.

Diese Voraussetzung war jedoch nicht erfüllt. Die Ehefrau des Schornsteinfegers trat alsdann Schadensansprüche gegen den Versicherungsmakler an den Schornsteinfeger ab. Dieser begehrte daher nunmehr vom Versicherungsmakler Ersatz des seiner Ehefrau entstandenen Schadens.

Versicherungsmaklervertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Ehefrau Der Versicherungsmakler wehrte sich gegen die Inanspruchnahme zunächst mit der Begründung, dass die Haftungsnorm des § 63 VVG nur dem Versicherungsnehmer einen Schadensersatzanspruch zubilligen würde. Versicherungsnehmer sei in diesem Fall indes der Schornsteinfeger gewesen, welche jedoch keinen Schaden erlitten habe. Der Schornsteinfeger könne aus diesem Grunde bereits nicht aus abgetretenem

Recht seiner Ehefrau eine Forderung gegen ihn geltend machen. Dieser Ansicht erteilten die Richter des OLG Brandenburg indes eine Abfuhr. Nach ihrer Ansicht sei der Versicherungsmaklervertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Ehefrau ausgestattet gewesen. Der Schornsteinfeger habe seine Ehefrau in die Sorgfalts- und Obhutspflichten des Versicherungsmaklervertrages einbezogen.

Dies sei jedenfalls dadurch erfolgt, dass er den Hauskauf durch seine Ehefrau erwähnt hat. Auch wurde die vermittelte Haftpflichtversicherung so ausgestaltet, dass die Ehefrau als mitversicherte Person begünstigt werden sollte. Die Versicherungsvermittlung hatte also erkennbar einen Drittbezug. Folglich konnte sich die Ehefrau auch auf den Versicherungsmaklervertrag mit Schutzwirkung zu ihren Gunsten berufen, um auf dessen Grundlage eine Haftung des Versicherungsmaklers zu begründen.

OLG Brandenburg sah Pflichtverletzung des Versicherungsmaklers

Das OLG Brandenburg sah weiter auch die Pflichten des Versicherungsmaklers verletzt. Da der Versicherungsmakler die Darstellungen des Schornsteinfegers zum Inhalt des Beratungsgespräches weitreichend bestritten hatte, erfolgte eine Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung der Ehefrau.

Das Gericht sah die Aussage der Ehefrau danach als glaubhaft an. Die Ehefrau des Schornsteinfegers bestätigte dabei, dass im Beratungsgespräch ausgiebig über den Hauskauf geredet wurde und auch darüber, dass der Schornsteinfeger keine Miete für ein gesondertes Schornsteinfegerbüro zahlen, sondern in Eigentum investieren wollte sowie, dass die Ehefrau das Eigentum an der Immobilie erwerben sollte. Auch habe der Schornsteinfeger nochmals nachgefragt, ob der angebotene Vertrag vollen Haftpflichtschutz biete, was der Versicherungsmakler bejaht habe.

In Kenntnis dessen, dass der Schornsteinfeger beabsichtigte, das Büro für seine gewerbliche Niederlassung in dem zu versichernden Haus zu unterhalten, hätte der Versicherungsmakler daher erkennen müssen, dass die von ihm vorgeschlagene Haftpflichtversicherung aufgrund der dortigen Ausschlüsse nicht ausreichend war, um den Schornsteinfeger und dessen Ehefrau abzusichern.

Der Versicherungsmakler hätte daher weiterführenden Versicherungsschutz empfehlen müssen. Das OLG Brandenburg verurteilte daher den Versicherungsmakler zum Schadensersatz.

Fazit

Die Haftung des Versicherungsmaklers geht bekanntlich weit. Durch das Urteil des OLG Brandenburgs wird diese Haftung über den Versicherungsmaklervertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auf einen über den Versicherungsnehmer hinausgehenden Personenkreis (zum Beispiel Ehepartner) erweitert.

Versicherungsmakler sollten sich dieses Haftungsrisikos bewusst sein und dem durch mögliche Gestaltungen im Versicherungsmaklervertrag vorbeugen. Dies gilt insbesondere für die Vereinbarung eines Abtretungsverbotes.

Daneben sollten Vermittler natürlich auch auf eine möglichst genaue und umfassende Dokumentation des Beratungsgespräches achten.

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