Haben Pflegezusatzversicherungen als Vermögensschutzpolicen ausgedient?

Pflegepflichtversicherung (PPV) als Teilkasko-Versorgung. „Hilf dir selbst, so hilft dir Gott“ dachte sich der Gesetzgeber, als er die PPV geschaffen hatte – selbst mit dem „Pflege-Bahr“, der nur eine Teilkasko-Versorgung von bis zu weniger als 50 Prozent der Pflegekosten ist.

(PDF)
Sohn-Mutter-271562524-AS-Photographee-euSohn-Mutter-271562524-AS-Photographee-eu– Photographee.eu stock.adobe.com (2) © Rechtsanwaltskanzlei Dr. Johannes Fiala

Dies führt regelmäßig dazu, dass erst die eigene Rente bis auf ein Taschengeld, dann das eigene Vermögen bis auf einen Selbstbehalt von 5.000 Euro aufzubrauchen ist. Danach springt das Sozialamt ein, und sieht zu wie es von Kindern und anderen Angehörigen im Regresswege einen Unterhalt einfordern kann.

Zeitweiliger Schutz durch Schonvermögen im Sozialhilferecht schützt Erben nicht

Beispielsweise eine selbstgenutzte Immobilie gehört zum Schonvermögen – die Sozialhilfe wird dann als Darlehen gewährt. Abgerechnet wird zum Schluss – etwa wenn die Erben erkennen, dass durch die geerbte Darlehensschuld der Nachlass überschuldet sein dürfte. Sofern kein Testamentsvollstrecker dies prüft, kann der Erbe zeitlich befristet ausschlagen, oder eine Nachlass-Verwaltung zum eigenen Vermögensschutz beantragen – hilfsweise auch die Nachlass-Insolvenz.

Reformvorhaben der Bundesregierung entlastet Kinder mit Einkommen unter 100 TEUR

Ab dem Jahre 2020 sollen nach einem neuen Gesetzesvorhaben nur noch Kinder und Eltern mit einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro und mehr, von einer Unterhaltspflicht wegen nicht (mehr) selbst aufbringbarer Pflegekosten betroffen sein (das Angehörigen-Entlastungsgesetz).

Wer ein höheres Einkommen hat, wird sich gegebenenfalls überlegen, ob die eigene Pflicht etwa zum Elternunterhalt deshalb beschränkt oder weggefallen ist, weil der Pflegebedürftige durch sittliches Verschulden bedürftig wurde, oder dieser seine Unterhaltspflicht selbst vernachlässigte, oder gegenüber ihm (gegebenenfalls auch gegen nahe Angehörige) eine schwere Verfehlung vorliegt, § 1611 BGB.

Pflegezusatzversicherung entlastet Sozialhilfe und Unterhaltspflichtige

Der Abschluss von Pflegezusatzversicherungen erfolgt oft mit dem Ziel, die Kinder nicht mit Forderungen der Sozialhilfe zu belasten. Oder aber, um ihr (kleines) Vermögen als Erbe für die Kinder dadurch zu erhalten. Es gibt sogar Produktideen von Vermittlern, dass die Kinder eine solche Versicherung gegen die Inanspruchnahme durch die Sozialhilfe abschließen würden (etwa als Versicherung für fremde Rechnung). Eine schriftliche Bedarfsermittlung ist ratsam.

Allerdings kann man sich hier massiv verkalkulieren, wenn der Medizinische Dienst beauftragt von den Krankenkasse (MDK) einen zu niedrigen Pflegegrad feststellt. Spötter meinen dann, man könne dagegen klagen – allerdings mit der Aussicht das Ende des Prozesses nicht mehr zu erleben.

Pflegezusatzversicherung oder Stiftungsgeschäft?

Mancher Verbraucherschützer meinte bereits: „Die Pflegezusatzversicherung ist eine Vermögensschutzversicherung. Wer kein Vermögen (und auch keine Hinterbliebenen mit Vermögen) besitzt, braucht keine Pflegezusatzversicherung.“. Ein Irrtum, wenn man bedenkt dass das übliche Taschengeld bis zu etwas mehr als 110 Euro monatlich beträgt – oder auch nur ein Bruchteil davon; beispielsweise für Zuzahlungen bei Medikamenten, Friseur, Fußpflege oder eine Sterbeversicherung. Außer, man begnügt sich im Pflegefall damit.

Dr-Johannes-Fiala-2019-Fiala-RechtsanwaltskanzleiDr-Johannes-Fiala-2019-Fiala-Rechtsanwaltskanzlei Dr. Johannes Fiala, Rechtsanwalt, Rechtsanwaltskanzlei Dr. Johannes Fiala

Eigenes Vermögen kann man durch rechtzeitige Errichtung einer Stiftung, Zustiftung oder anderes Stiftungsgeschäft tatsächlich sichern. Nach Erreichen des Pfändungsschutzes lassen sich Leistungen der Stiftung gegenüber dem Stifter gestalten, welche das Leben um Annehmlichkeiten bereichern. Schließlich kann eine Versorgung statt über Leibrente auch durch Sachwerte und Dienstleistungen erbracht werden – eine Frage der Perspektive beim Stiftungsgeschäft.

„Mit warmen Händen schenken“ – auch zum Vermögensschutz

Des Öfteren haben Ältere ihr Vermögen irgendwie auf die Kinder übertragen (oder verprasst), um dann erst mittellos ins Pflegeheim zu gehen und Sozialhilfe zu beanspruchen. Dies lässt sich sauber gestalten, etwa durch Geldübertragung gegen Wohnrecht (nicht: Nutzungsrecht) im Haus der Kinder und (nur häusliche) Pflegeverpflichtung, so dass es keine freigiebige Schenkung ist; vorausgesetzt eine mathematische Kalkulation kann dies beweisen und der Vertrag ist entsprechend sorgsam gestaltet.

Peter-A-Schramm-2019-Aktuariat-SchrammPeter-A-Schramm-2019-Aktuariat-Schramm Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik

Handelt es sich jedoch um eine (ggf. gemischte beziehungsweise teilweise) Schenkung, so wird der Sozialhilfeträger diese wegen Verarmung des Schenkers zurück fordern – soweit sie in den letzten 10 Jahren erfolgt war, §§ 528 f. BGB. Liegt grober Undank vor, gibt es gar keine Frist welche eine Rückforderung ausschließt. Es wäre ein Irrtum zu glauben, man könne als Beschenkter dann so einfach das Geschenk zurück geben – und der Fall sei damit erledigt. In der Regel werden entsprechend nötige vorsorgliche Vertragsgestaltungen übersehen; dann kann der Beschenkte in Liquiditätsschwierigkeiten kommen, wenn er höhere laufende Geldleistungen aufbringen soll.

Gesetzesvorhaben zur mittelbaren Förderung des Verkaufs von Altersvorsorgeprodukten

Wer kein Vermögen (und auch keine Hinterbliebenen mit Vermögen) besitzt, und das übliche Taschengeld des Sozialhilfeträgers für ausreichend hält, braucht keine Pflegezusatzversicherung.

Pflegezusatzversicherungen sind dann bei richtiger Gestaltung des Vermögensschutzes meist zur Zielerreichung unnötig, weil man damit nur dem Staat Leistungen der Sozialhilfe erspart. Eine Idee, wie bei den oft als unnötig erachteten Riesterrenten für Geringverdiener, die lediglich dazu führt, dass der Staat weniger aufwenden muss, um die immer noch unzureichende Gesamtrente auf die Mindestsicherung aufzustocken. Insofern ähnlich, weil bei den meisten sich durch das Pflegetagegeld lediglich der Sozialhilfeaufwand mehr oder weniger vermindert, am Ende aber auch nicht mehr als das Taschengeld übrigbleibt.

Volkswirtschaftlich fördert der Gesetzgeber damit den Konsum und stützt somit die Wirtschaft, denn die eigene Vorsorge für Pflegebedürftigkeit wird für die meisten entbehrlich gemacht. Auch kann man dann die durch demografischen Wandel zurückgehenden Versicherungsvermittler und Mitarbeiter besser für die Beratung anderer Altersvorsorgeprodukte einsetzen.

Bilder: (1) © – Photographee.eu stock.adobe.com (2) © Rechtsanwaltskanzlei Dr. Johannes Fiala (3) © Aktuariat Schramm

(PDF)

LESEN SIE AUCH

AnzugtraegerIn-300886467-AS-leszekglasnerAnzugtraegerIn-300886467-AS-leszekglasnerleszekglasner – stock.adobe.comAnzugtraegerIn-300886467-AS-leszekglasnerleszekglasner – stock.adobe.com
Produkte

Digitaler Assistent vereinfacht Tarifberechnung

Mit einem neuen Vergleichsrechner können Makler und Vermittler mit dem Maklerverwaltungsprogramm Professional works die Beratungsqualität in der Sparte Private Krankenversicherung für Kunden nochmals erhöhen.
Anzugtraeger-Hand-Gesicht-222530850-AS-koldunova-annaAnzugtraeger-Hand-Gesicht-222530850-AS-koldunova-annakoldunova_anna – stock.adobe.comAnzugtraeger-Hand-Gesicht-222530850-AS-koldunova-annakoldunova_anna – stock.adobe.com
Assekuranz

Pflegefallabsicherung bleibt hinter den Erwartungen zurück

Als der Gesetzgeber mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz zum 1. Januar 2013 die staatlich geförderte, ergänzende, nach ihrem Initiator auch salopp als „Pflege-Bahr“ bezeichnete, Pflegeversicherung eingeführt hatte, da leuchteten die Augen nicht weniger Krankenversicherungsvorstände. Mit der vom Gesetzgeber ausgelobten Zulage in Höhe von 5 Euro pro Monat sollten die zum damaligen Zeitpunkt überschaubaren Umsätze im Segment der privaten Pflegezusatzversicherung katalysiert werden. ...
Senior-Koma-269674635-AS-LIGHTFIELD-STUDIOSSenior-Koma-269674635-AS-LIGHTFIELD-STUDIOSLIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com (2) © Rechtsanwaltskanzlei Dr. Johannes FialaSenior-Koma-269674635-AS-LIGHTFIELD-STUDIOSLIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com (2) © Rechtsanwaltskanzlei Dr. Johannes Fiala
Assekuranz

Wann Widerruf und/oder Änderung eines Bezugsrechts scheitern können

Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 25.09.2019, Az. IV ZR 99/18) hatte sich mit der Lebensversicherung eines Versicherungsnehmers (VN) zu befassen, der 1993 nach einem Unfall ins Koma gefallen war. Widerruflich bezugsberechtigt war die Ehefrau gewesen, welche 1994 geschieden wurde. Der Vater des VN teilte dem Versicherer (VR) „als Betreuer“ mit, das Bezugsrecht solle auf ihn geändert werden – was der VR ihm bestätigte.
doctor looking at the x-raydoctor looking at the x-raydoctor looking at the x-ray
Assekuranz

Assekurata Marktausblick private Krankenversicherung 2024

Das gute Stimmungsbild der Versicherer bestätigen gute Wachstumszahlen im Jahr 2023. Trotz des herausfordernden Marktumfelds verzeichnete die Branche sowohl in der Zusatzversicherung als auch erstmals wieder in der Vollversicherung ein positives Wachstum. Doch stark gestiegene Leistungsausgaben trüben das Bild ein.

Unsere Themen im Überblick

Informieren Sie sich über aktuelle Entwicklungen und Hintergründe aus zentralen Bereichen der Branche.

Themenwelt

Praxisnahe Beiträge zu zentralen Themen rund um Vorsorge, Sicherheit und Alltag.

Wirtschaft

Analysen, Meldungen und Hintergründe zu nationalen und internationalen Wirtschaftsthemen.

Management

Strategien, Tools und Trends für erfolgreiche Unternehmensführung.

Recht

Wichtige Urteile, Gesetzesänderungen und rechtliche Hintergründe im Überblick.

Finanzen

Neuigkeiten zu Märkten, Unternehmen und Produkten aus der Finanzwelt.

Assekuranz

Aktuelle Entwicklungen, Produkte und Unternehmensnews aus der Versicherungsbranche.