Immer noch gilt: Versicherungen werden nicht gekauft, sondern verkauft. Daran ändern auch das Internet und der virtuelle Vertriebsweg nichts. Denn sobald das Produkt komplex wird, kommt oft der Mensch ins Spiel. Bei Versicherungen will doch jeder Kunde wissen: Was brauche ich wirklich?
Lars Georg Volkmann, Vertriebsvorstand der VPV, zieht deshalb ein Fazit aus den ersten Monaten mit der DIN 77230, die helfen soll, exakt diese Anforderungen zu unterstützen.
Durch die DIN-Norm 77230 ist endlich eine neutrale Analyse möglich: gemeinsam mit dem Kunden, dem Berater – und einer Software, die alles Wichtige erfasst. Neutral heißt: Nicht die Meinung des Beraters zählt, sondern die Situation des Kunden. Die Norm macht es schwieriger, den Kunden zu überreden – es gilt, ihn zu überzeugen. Ja, viele reden vom „neutralen Vertrieb“. Doch wir zeigen jetzt, dass es geht. Die VPV hat als erste Versicherung die DIN eingeführt.
Seit 2015 sind wir dran, fast 400 Berater haben wir mittlerweile dafür qualifiziert. Was sehen wir, wo die Norm am stärksten wirkt? Dort, wo für den Kunden viel auf dem Spiel steht. Bei den großen Lebensthemen und Risiken: Familie absichern, Altersvorsorge, Pflege. Hier zählt, was der Kunde braucht – und nicht, was der Berater verkaufen will. Deshalb ist die Analyse entscheidend. Nur dann bringt die Beratung wirklich was. Die Kunden mal eben analysieren Pi mal Daumen – mit der DIN sind diese Zeiten vorbei.
Analyse nach DIN-Norm
Der Berater arbeitet wie eine ordentliche Autowerkstatt. Da wird nicht gleich drauflosgeschraubt, sondern erst mal gründlich analysiert. Erst wenn klar ist, was gemacht werden muss, greift man zum Schraubenschlüssel. Wir nehmen hierfür die Beratungssoftware von Insinno, denn sie ist bereits auf die neue Norm zertifiziert.
Der Vermittler merkt: Der Aufwand für diese neue Beratungsform lohnt sich, weil die Stornoquoten sinken – und die Empfehlungsquoten steigen. Ganz zu schweigen von der Rechts- und Haftungssicherheit für den Berater – weil mögliche existenzbedrohende Risiken für den Kunden nicht übersehen oder vergessen werden durch die bestehenden Rangfolgen in der Analyse.
Die VPV ist ja auch ein Maklerversicherer und die Norm betrifft eben auch die Makler. Wer zum Beispiel als Einzelunternehme oder kleinere Kapitalgesellschaft organisiert ist, der merkt es doch: Die Regulatorik steigt jedes Jahr, die gesetzlichen Anforderungen und bürokratischen Pflichten machen eine serviceorientierte Kundenbindung immer schwerer zu gewährleisten.
Wie sagen die Amerikaner: If you can’t beat them, join them. Und genau das passiert. Die Vermittler schließen sich größeren Unternehmen an, die sich dem Regelwerk der DIN 77230 verpflichtet haben. Oder sie verlassen die Branche – was ein Nachteil ist für die Gesellschaften, denen qualifizierte Mitarbeiter fehlen, und genauso ein Nachteil ist für Gesamtheit der Kunden, weil weniger Ansprechpartner im Markt zur Verfügung stehen.
Welchen Nutzen die Norm entfalten kann, sagte mir neulich im Gespräch auch ein ehemaliger Makler, der mittlerweile für die VPV als Vermittler in der AO tätig ist. Er hatte bisher die breite Angebotsvielfalt als selbstständiger Makler, jetzt vermittelt er für uns mit der Norm. Sein Fazit lautete: „Ich bewerte die Struktur, die Sicherheit und das Image der Norm als vorteilhafter – sowohl für mich als auch für meine Kunden. Denn gerade kritische Kunden interessiert doch: Welchen Ruf hat das Unternehmen? Der Makler sollte auf Gesellschaften achten, die sich positiv unterscheiden vom Markt.“
Auf dem Weg zu einem Unterscheidungsmerkmal
Das sehe ich auch so. Deshalb wird sich die DIN-Norm zu einem Unterscheidungsmerkmal bei Versicherern entwickeln. Mehr noch: Die Zukunft der Lebensversicherung hängt nicht an der Digitalisierung, sondern am Vertrauen. Viele Menschen sind kritisch gegenüber Versicherungen und Vermittlern. Jetzt mit der Norm zeigen sich die Unterschiede: Es gibt solche und solche.
Wer was verbergen will, spielt mit gezinkten Karten. Aber wer sich an die Norm hält, zeigt dem Kunden: Wir sind sauber. Uns kann jeder in die Karten schauen, weil wir nach den Regeln spielen. Auch Kunden, die sich dafür bisher nicht interessiert haben, nehmen das doch wahr.
Denn sie sehen doch, was der normale Vermittler für seine Arbeit nutzt. Und dann kommt der VPV-Vermittler. Wir erklären dem Kunden, was es mit der Norm auf sich hat, wie sie ihm nützt und wer alles an der Norm mitgearbeitet hat. Unsere Erfahrung ist: Die Norm macht einen guten Eindruck. Was denkt wohl der Kunde, wenn der nächste Berater kommt und das nicht auch einsetzt?
Ich sage es ganz offen: Mit der Norm wollen wir neue Kunden gewinnen – auch kritisch denkende. Denn diese Menschen informieren sich und merken: Die Norm ist gut für mich. Da hat sogar das Justizministerium mitgearbeitet und die Stiftung Warentest.
Die Versicherungsbranche hat genug vom Drücker-Image
Die Norm hilft, das zu ändern. Jede Versicherung kann damit in der täglichen Arbeit zeigen: Wir haben uns geändert. Das müssen die Versicherer auch. Denn Vertrauen gibt es heute nicht mehr als Vorschuss, sondern nur noch nach guter Arbeit.
Das wissen wir seit 190 Jahren. So lange sind wir am Markt, die Postbediensteten waren unsere Stammkunden. Wir waren immer darauf angewiesen, dass wir bei den Menschen gut angesehen sind. Sonst hätte man uns nicht weiterempfohlen. Deswegen haben wir als erste Gesellschaft bei der Norm mitgemacht. Weil es dem entspricht, was wir denken und wie wir arbeiten.
Das Umfeld für Finanzvertrieb ist kritisch – die Norm ist da eine große Chance. Das allein ist schon Gold wert und hat einen ökonomischen Nutzen. Die Finanznorm wird damit ein wichtiger Differentiator im Wettbewerb. Doch derzeit sind die Versicherer noch zögerlich. Die Norm liegt jetzt auf dem Tisch – und keiner greift zu.
Kann das wirklich sein? Draußen im Markt stehen die Ruinen der Drücker und Vertriebs-Egomanen. Und jetzt kommen die Trümmerfrauen und bauen wieder auf. Genau das macht nämlich die Finanz-Norm: Sie baut Vertrauen wieder auf. Stück für Stück, Beratung für Beratung. Nur so geht es.
In meinen Augen ist die Finanz-Norm die größte vertrauensbildende Maßnahme der letzten 20 Jahre für die deutschen Versicherer. Wenn die Branche es nicht schafft, daraus einen Nutzen zu machen, dann braucht sie sich um Amazon nicht mehr zu kümmern. Amazon & Co. kümmern sich dann um uns. Besser gesagt: um unsere ehemaligen Kunden.
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