„Run-Off-Anbieter“ in der Lebensversicherung stehen in vielerlei Hinsicht im Fokus. Die Verbände AfW und BdV formulierten dazu ein gemeinsames Eckpunktepapier, um mit diesen Forderungen die Rechte der versicherten Personen zu stärken.
maxpool hat in seiner „Maklerumfrage 09.2019“ bei seinen rund 7.000 Kooperationspartnern nachgefragt. Das Ergebnis ist eindeutig: 75 Prozent der Versicherungsmakler/innen gaben an, „Run-Off-Anbietern“ zu misstrauen und diese in jedem Fall für weniger leistungsfähig zu halten als aktiv gemanagte Lebensversicherer.
Das Geschäftsmodell der „Run-Off-Anbieter“ scheint aus Sicht der Mehrheit eindeutig: Neben den in der Diskussion vielfach vorangestellten Vorteilen durch eine effizientere Verwaltung der Plattformen, werden zukünftige Zinsgewinne den Policen sicherlich weniger aktiv zugeteilt werden. Immerhin stehen Abwicklungsplattformen in keinem Wettbewerb zu anderen Anbietern und sie benötigen naturgemäß eine eigene Kapitalrendite zulasten des Bestandes. Zudem ist von einem geringeren Kundenservice auszugehen.
Dazu der maxpool Geschäftsführer Oliver Drewes:
75 Prozent der Makler und damit die deutliche Mehrheit der wirklichen Branchenkenner meinen also, dass die „Run-Off-Anbieter“ in jedem Fall schlechter performen werden. Diese Einschätzung ist deckungsgleich mit der Bewertung der relevanten Verbände und auch mit der Sichtweise von maxpool und meiner persönlichen Sicht.
Mehrheit würde Versichererwechsel empfehlen
Pauschal zu einer übereilten Flucht aus den „Run-Off-Plattformen“ raten die befragten Versicherungsmakler/innen jedoch trotzdem nicht. Insgesamt herrscht eine große Verunsicherung. Die Versicherungsmakler/innen können augenblicklich nicht beurteilen, ob eine Kündigung der Police gegen Auszahlung des reduzierten Rückkaufswertes pauschal sinnvoll ist. Daher raten insgesamt 96% der Befragten, eine Kündigung sehr genau zu prüfen und solange erstmal am „Run-Off“ teilzunehmen.
Diese Sichtweise würde jedoch deutlich kippen, wenn das gemeinsame Eckpunktepapier des AfW und des BdVs mit seiner Forderung durchkäme, dass die Versicherten im Falle eines „Run-Off“ nicht nur über den reduzierten Rückkaufswert verfügen können. Die Forderung der beiden Verbände ist vielmehr, dass stattdessen der volle Vertragswert, der so genannte „Run-Off-Übertragungswert“, zur freien Verfügung für die Versicherten stünde, egal, ob für eine Vertragsübertragung auf einen anderen Anbieter oder für eine Vertragskündigung.
Nach dieser geforderten Besserstellung der Versicherten, über den vollen Vertragswert verfügen zu können, würden 54 Prozent der Befragten pauschal zu einem Anbieterwechsel oder zu einer Vertragskündigung raten, 29 Prozent würden trotzdem nochmal genau prüfen wollen und 17 Prozent raten pauschal zu einem Verbleib in der Abwicklungsplattform.
Die Hälfte der Makler würde einen Anbieterwechsel sogar ohne Vergütung beraten
Interessant ist zudem, dass knapp die Hälfte der befragten Versicherungsmakler (47 Prozent) angibt, dass eine Beratung hinsichtlich eines etwaigen Anbieterwechsels kostenfrei erfolgen sollte. Dazu Drewes: „Versicherungsmakler/innen sind die Interessensvertreter des Kunden. Ich halte es für löblich, dass immerhin die Hälfte der Makler in dieser Ausnahmesituation ihre Kunden kostenfrei beraten würde, vermutlich denkt die andere Hälfte mehrheitlich ebenfalls nur an eine gewisse Aufwandsentschädigung und nicht an große Vergütungen. Die Branche hat ein gemeinsame Interesse daran, die Altersversorgung der Menschen zu sichern.“
„Run-Off-Anbieter“ sind moralisch verwerflich – die Rechte der Versicherten gehören angeglichen
maxpool selbst hatte sich zum Thema der „Run-Off-Anbieter“ in der Lebensversicherung bereits mehrfach öffentlich positioniert und diese insgesamt scharf kritisiert.
Dazu resümiert Drewes:
Die Menschen haben renommierten und traditionsreichen Lebensversicherungsgesellschaften, wie beispielsweise der Generali ihre Altersversorgung anvertraut. Die jetzige Schlechtleistung einzelner Anbieter in der Zinskrise ist schlimm und bedauerlich. Der Vertrauensmissbrauch derjenigen Anbieter, die gegebene Garantieversprechen zusammen mit den Vertragsbeständen an „Abwicklungsplattformen“ vielleicht sogar noch gewinnbringend verscherbeln, ist aus meiner Sicht wirklich unverzeihlich. Eine Peinlichkeit für die ansonsten so robuste und verlässliche Branche. Mein Lichtblick sind diejenigen Lebensversicherer, glücklicherweise die überwältigende Mehrheit, die zu den vertraglichen Garantien weiterhin stehen, auch wenn es vielleicht mal nicht leicht fällt. Untermauert durch unsere Umfrage meine ich im Namen der Mehrheit der Makler zu sprechen wenn ich sage, dass das Geschäftsmodell der „Run-Off-Anbieter“ moralisch fraglich ist und im Grunde unzulässig sein sollte. Mindestens sollte das Eckpunktepapier der beiden Verbände AfW und BdV mit seinen Forderungen Gehör und Umsetzung finden, damit die Rechte der Versicherten zumindest wieder etwas angeglichen werden. Die Altersversorgung der Menschen darf keine geknebelte Handelsware sein.
Bilder: (1) © 422737 / pixabay.com (2-3) © HAMBURGER PHÖNIX maxpool Gruppe AG / maxpool Servicegesellschaft für Finanzdienstleister mbH
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