Die Verbindung von Robotic Process Automation (RPA) und künstlicher Intelligenz (KI) bildet die nächste Stufe der Automatisierung – Systeme treffen eigene Entscheidungen, lernen dazu und optimieren Vorgänge selbstständig. Dabei kann KI Aufgaben zuweisen, die anschließend von RPA ausgeführt werden.
Software-Roboter stellen die Hände für das Großhirn, die kognitiven Systeme, bereit. In Zukunft könnten Automatisierungslösungen nicht nur bei Verwaltungsaufgaben im Gesundheitswesen, sondern beispielsweise auch bei der Überwachung von pflegebedürftigen Menschen mitwirken. Oftmals erweist es sich zunächst jedoch als ausreichend und vor allem sinnvoller, RPA allein einzusetzen: Die Automatisierungslösung verwendet – wie ein vegetatives Nervensystem – unkomplizierte, regelbasierte Abläufe, ist einfach zu programmieren und besticht durch gut nachvollziehbare Abläufe.
Sowohl das Training als auch die Ausführung sind deutlich weniger aufwendig als die Einführung von KI, denn diese ist, anders als viele denken, keinesfalls von Anfang an „intelligent“. Die Programmierung erfordert mühselige Arbeit sowie gefilterte und stark aufbereitete Daten, um der Automation das selbstständige Lernen beizubringen. Nur so lässt sich die Gefahr vermeiden, dass das System etwas Falsches lernt. Risiken wie mangelndes Verständnis für getroffene Entscheidungen der KI oder eventuelle Verletzungen des Datenschutzes gilt es schon zu Projektbeginn aufzuklären und zu vermeiden. Nur mit viel Erfahrung und Aufwand gelingt es, einen Bot dazu zu bringen, Entscheidungen zu treffen, daraus zu lernen
KI noch Zukunftsmusik
Aktuell stellen also sowohl das Zusammentragen und Aufbereiten der Daten als auch das Training der KI noch einen enormen Zeitaufwand dar. Ausschlaggebend hierfür ist das typischerweise sehr individuell gestaltete Umfeld von Unternehmensprozessen, bei dem vortrainierte Systeme an ihre Grenzen stoßen. Auch wenn es in einigen Bereichen bereits erfolgreiche Use-Cases gibt, bei denen Standardanwendungen durch einen grundsätzlichen Prozess bedient werden können und eine maßstäbliche KI möglicherweise sinnvoll einsetzbar wäre, zählen diese Projekte derzeit noch zu den Ausnahmen. Wer RPA allerdings schon erfolgreich eingesetzt hat, kann die Erfahrungen und die in der Anwendungszeit durch das Tool generierten Daten nutzen, um gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt auch kognitive Systeme einzuführen. Heute trifft KI eher in einer nebengeordneten Rolle auf RPA – dort, wo große Datenmengen verarbeitet werden, etwa in der Verwaltung, bei Lohn- und Gehaltsabrechnung oder im Personalwesen. Mithilfe von Optical Character Recognition (OCR) extrahiert KI Daten aus unstrukturierten Texten wie zum Beispiel E-Mails oder auch Patientenakten. Diese werden an einer bestimmten Stelle abgelegt und unter Einsatz einer Big-Data-Analyse oder Mustererkennung aufbereitet. So kann das RPA-Tool die Informationen verwenden, um regelbasierte Prozesse durchzuführen.
Neuer Faktor IoT
Neben den etablierten Bereichen der klassischen Patientenversorgung durch aktive Unterstützung und Diagnostik in Form von medizinischen Geräten fließen vermehrt auch Themen rund um das Internet of Things (IoT) in die Medizintechnik ein. Beispielsweise können Patienten heute Zuckerwerte durch entsprechende Implantate ermitteln und weiterleiten oder kontinuierlich Daten über Herzrhythmusstörungen mithilfe von Mini-EKG-Implantaten drahtlos an ein Endgerät senden. Selbst auf den altbewährten Herzschrittmacher nimmt das IoT Einfluss. Wie geht es nun von dort weiter? Wie und durch wen lassen sich diese Daten zukünftig in der Summe weiterverarbeiten?
Auch direkte Schnittstellen bilden nicht immer die ideale Lösung und bringen sogar die eine oder andere Gefahr mit sich. Aufgrund in der Vergangenheit bekannt gewordener Sicherheitslücken im Bereich Gesundheitsdaten könnten Patienten skeptisch reagieren, wenn es darum geht, ihr eigenes Gerät über direkte Schnittstellen via Internet mit dem behandelten Arzt zu verbinden. Eine weitere Herausforderung: Zwischen lokaler Nutzung der Daten durch den Patienten und einer potenziellen Weiterverwertung durch den Hersteller beziehungsweise Krankenkassen können Medienbrüche aufgrund kurzfristig fehlender Schnittstellen die Übertragung der Daten in bestehende Systeme kappen. Bis ein solcher Medienbruch mithilfe von integralen Schnittstellen beseitigt ist, kann RPA eine Brücke bilden, um entsprechende Informationen in die Netzwerke zu importieren. Immer dort, wo Daten derzeit noch manuell eingegeben werden, können Software-Roboter eine potenzielle Lösung zur Automatisierung darstellen. Selbst wenn RPA nur temporär Abhilfe schafft, ermöglichen die Bots aufgrund überschaubarer Zeit- und Kostenaufwände dennoch oftmals einen positiven Business Case.
Datenschutz im Fokus
Zahlreiche Betriebe befinden sich derzeit noch nicht in einem Stadium, in dem sie Automation auf Basis von KI sinnvoll einsetzen können – ihnen mangelt es an der notwendigen Datenquantität und -qualität. Andere scheitern am fehlenden Wissen rund um die Anwendung oder leiden unter einer unzureichenden Unternehmensstrategie beziehungsweise Restriktionen. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz bedeutet immer auch, sich intensiv mit dem Thema Datenschutz auseinanderzusetzen.
Je mehr Informationen zum Training einer KI notwendig sind, desto eher kommt es zur Überschreitung der firmeninternen Datenschutzgrenzen – gerade wenn es um hochsensible Informationen aus dem medizinischen Bereich geht. Die Verantwortlichen müssen den ausreichenden Schutz der zu bearbeitenden Daten ganz nach oben auf die Agenda setzen und jederzeit gewährleisten, bevor KI sich als Game-Changer etabliert.
Nicht zuletzt kämpfen einige Betriebe mit einer weiteren Herausforderung, die den Einsatz von kognitiven Systemen erschwert: eine über lange Jahre gewachsene, suboptimal gepflegte IT-Landschaft, die einen unüberschaubaren Komplexitätsgrad individueller Prozesse hervorgebracht hat. Den einzig sinnvollen Weg in das Zeitalter der künstlichen Intelligenz stellt in den meisten Fällen also tatsächlich ein Vorprojekt zur Prozessoptimierung mit RPA dar. Insgesamt bietet Automation jedoch die Chance, auch die Entwicklungen im Gesundheitswesen maßgeblich zu unterstützen und die Branche voranzutreiben.
Weitere Informationen finden Sie unter www.metaproc.com.
Der Autor
Alexander Steiner ist Chief Solution Architect der meta:proc GmbH in Köln und übersetzt Kundenanforderungen in technisch umsetzbare Lösungen. Dabei nutzt er zuvor gemeinsam entwickelte Strategien, um die RPA-Implementierung optimal und möglichst nahtlos in eine existierende Unternehmens- und Prozesslandschaft einzubetten.
Bilder: (1) © geralt / pixabay.com (2) © meta:proc GmbH
https://www.experten.de/2019/09/10/roboter-im-gesundheitswesen/
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