Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland erreicht Rekordwerte. In diesem schwierigen Umfeld könnte eine weiterentwickelte Versicherungslösung, die synthetische Warranty and Indemnity (W&I)-Versicherung, eine entscheidende Rolle spielen. Sie bietet Investoren neue Absicherungen und könnte den Weg für erfolgreiche M&A-Transaktionen ebnen.
Insolvenzwelle belastet den Markt
Die Unternehmensinsolvenzen in Deutschland haben 2024 mit über 20.000 Fällen den höchsten Stand seit einem Jahrzehnt erreicht. Betroffen sind häufig Großunternehmen mit zahlreichen Arbeitsplätzen. Eine Rettung durch solvente Investoren oder Käufer wird oft durch unkalkulierbare Risiken erschwert. Eine innovative Lösung könnte hier Abhilfe schaffen: die synthetische Warranty and Indemnity (W&I)-Versicherung.
„Nur eine sehr kleine Käuferschicht würde ein insolventes Unternehmen kaufen“, erklärt Dr. Sascha Kolaric, Director M&A and Transaction Solutions bei Aon. Die synthetische W&I-Versicherung bietet Investoren jedoch eine bisher unerreichte Form der Absicherung und erhöht die Attraktivität solcher Deals.
Synthetische W&I: Bewährte Lösung in neuer Anwendung
Traditionell werden W&I-Versicherungen genutzt, um Garantien und Steuerfreistellungen bei Unternehmenskäufen abzusichern. Synthetische Varianten haben sich insbesondere bei Immobilientransaktionen bewährt. Doch bei komplexen Distressed Deals – etwa bei Tochtergesellschaften mit unterschiedlichen Rechtssystemen oder vertraglichen Verflechtungen – war der Einsatz bislang begrenzt.
Die zunehmende Zahl solcher Fälle hat jedoch neue Wege eröffnet. „Es bleibt ein anspruchsvolles Projekt, eine synthetische Deckung für insolvente Unternehmen mit grenzüberschreitendem operativem Geschäft zu realisieren“, räumt Kolaric ein. „Aber wenn das Management mitwirkt und gegenseitiges Vertrauen entsteht, kann es durchaus gelingen.“
Neue Maßstäbe durch jüngste Transaktionen
Ende 2024 konnte Aon eine hochkomplexe Transaktion mit synthetischer W&I-Versicherung erfolgreich abschließen. „Mit der Absicherung eines rein auf multinationalem, operativem Geschäft aufgebauten Deals dieser Größenordnung wurde ein neuer Standard gesetzt“, sagt Kolaric. Entscheidend sei die enge Zusammenarbeit aller Beteiligten gewesen, insbesondere die Offenlegung durch das Management.
Ein Garantiekatalog müsse dabei individuell auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten sein. „Das zahlt sich für alle aus: Mehr Kaufangebote, rechtliche Entlastung des Managements, beschleunigte Prozesse und bessere Fortführungsprognosen“, betont Kolaric.
Ein Rettungsanker für insolvente Unternehmen?
Die synthetische W&I-Versicherung hat das Potenzial, zum Rettungsanker in der aktuellen Insolvenzwelle zu werden. Sie ermöglicht es, auch hochkomplexe Transaktionen erfolgreich abzuschließen und insolventen Unternehmen eine zweite Chance zu geben.
„Beim aktuellen Risikoappetit der Versicherer haben wir gute Chancen, wenn das Management aktiv mitwirkt“, sagt Kolaric. Feindliche Übernahmen ohne Mitwirkung des Managements bleiben jedoch weiterhin problematisch. Dennoch arbeitet Aon daran, die Grenzen des Machbaren stetig zu verschieben.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Carsten Maschmeyers Start-up RightNow meldet Insolvenz an
Das Düsseldorfer Legal-Tech-Start-up RightNow, bekannt für den Ankauf und die Durchsetzung von Verbraucherforderungen, hat Insolvenz angemeldet. Trotz prominenter Investoren wie Carsten Maschmeyer und den Trivago-Gründern geriet das Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten.
Wie Unternehmer Steuern im Voraus sparen können
Wie heißt es zum Jahreswechsel immer so schön? Neues Jahr, neues Glück. Um diesem geflügelten Wort auch Taten folgen zu lassen, gibt die Gesetzgebung Unternehmern einige praktische Hilfsmittel an die Hand, damit sich der geschäftliche Erfolg einstellt. Eines davon ist der Investitionsabzugsbetrag, kurz IAB. Wie der richtig genutzt wird, erklärt Prof. Dr. Christoph Juhn, Professor für Steuerrecht an der FOM Hochschule und geschäftsführender Partner der Kanzlei JUHN Partner im Gastbeitrag.
Element-Insolvenz: Schadenzahlungen ausgesetzt
Nach der Insolvenz der ELEMENT Insurance AG steht die Zukunft des Versicherers auf dem Prüfstand. Der vorläufige Insolvenzverwalter Friedemann Schade klärt über mögliche Schritte und die Konsequenzen für Versicherte auf – darunter die Einstellung von Schadenfallzahlungen.
Versicherer Element nach Verkaufssperre jetzt Insolvenzantrag
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
DEURAG mit Gewinnsprung
Die DEURAG hat das Geschäftsjahr 2024 mit einem deutlichen Gewinnsprung abgeschlossen. Parallel sorgen neue Rechtsschutztarife für Bestnoten bei Ratings und hohe Kundenzufriedenheit. Welche Kennzahlen besonders hervorstechen – und was für 2025 geplant ist.
wefox sichert sich 151 Mio. Euro zur Skalierung des MGA-Geschäfts
Das Insurtech wefox hat sich über eine Kombination aus Kapitalerhöhung (76 Mio. Euro) und Refinanzierung (75 Mio. Euro) insgesamt 151 Millionen Euro gesichert. Damit will das Unternehmen seinen strategischen Fokus auf das Managing-General-Agent-Modell (MGA) sowie den technologiebasierten Maklervertrieb in Europa weiter ausbauen und 2025 die Rückkehr zur Profitabilität erreichen.
Allianz Direct & FRIDAY: Übernahme abgeschlossen
Allianz Direct, der paneuropäische Online-Versicherer der Allianz Gruppe, hat die Übernahme des Versicherungsportfolios von FRIDAY erfolgreich abgeschlossen. Nach Erhalt aller notwendigen behördlichen Genehmigungen umfasst die Transaktion nicht nur rund 250.000 Kundinnen und Kunden in Deutschland und Frankreich, sondern auch die Marke FRIDAY sowie bestehende Vertriebsvereinbarungen.
US-Markt im Visier: ERGO übernimmt NEXT Insurance komplett
Mit der vollständigen Übernahme des US-Versicherers NEXT Insurance wagt ERGO einen strategischen Vorstoß in den weltweit größten Versicherungsmarkt. Was hinter der Expansion steckt – und welche Rolle Technologie dabei spielt.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.