„Risikobarometer Selbstständige“: Optimistischer Blick in die Zukunft
Selbstständige in Deutschland blicken laut einer repräsentativen Umfrage nach einem wirtschaftlich schwierigem Jahr 2023 mit Optimismus in die Zukunft. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) bewerteten ihre Geschäftsaussichten als stabil, über ein Drittel (34 Prozent) gehen sogar von einem Wachstum in den kommenden Jahren aus (plus acht Prozentpunkte gegenüber 2023).
Lediglich 15 Prozent schätzen die Gefahr eines existenziellen Risikos als hoch bis sehr hoch ein (minus fünf Prozentpunkte). Die überwiegende Mehrheit (85 Prozent) würde sich auch wieder für die Selbstständigkeit entscheiden. Diese Zahlen stehen in starkem Kontrast zur Bewertung des Jahres 2023: Nur 15 Prozent haben ihre eigene wirtschaftliche Situation als „sehr gut“, weitere 37 Prozent als „gut“ eingeschätzt. Diese Werte lagen sechs Prozentpunkte unter der Bewertung des Jahres 2022.
Das sind die zentralen Erkenntnisse des zweiten VM-Hiscox-Risikobarometer Selbstständige. Dafür hat das Meinungsforschungsinstitut infas quo im Auftrag der Fachzeitung Versicherungsmonitor mit Unterstützung des Spezialversicherers Hiscox erneut eine repräsentative Umfrage durchgeführt. Befragt wurden etwas mehr als 600 Selbstständige aus drei Gruppen: solche mit einem Jahresumsatz unter 70.000 Euro, einem Umsatz bis 150.000 Euro und Selbstständige mit höherem Umsatz. „Diese detaillierte Befragung der Selbstständigen liefert uns als Versicherer wertvolle Erkenntnisse über die wirtschaftliche Lage und die Risiken, mit denen sich eine oft zu wenig beachtete Gruppe konfrontiert sieht“, sagt Tobias Wenhart, Director Marketing, Product & Digital Channels beim Spezialversicherer Hiscox. „Für Selbstständige sind Versicherungen besonders wichtig, da viele Risiken bei ihnen gleich existenzbedrohende Ausmaße annehmen können.“
Existenzielle Risiken: Krankheit, IT-Probleme und Cyberangriffe
Ein Fokus der Befragung lag auf der Bewertung von existenziellen Risiken, von denen sich Selbstständige bedroht sehen. Unverändert auf dem ersten Platz liegt die eigene Krankheit oder ein Unfall mit Ausfallzeit. Jeweils 41 Prozent sehen darin „in jedem Fall“ bzw. „eventuell“ eine Bedrohung ihrer Existenz. Ebenfalls wie im Vorjahr folgt an zweiter Stelle der Ausfall von IT-Systemen; 32 Prozent bewerten das in jedem Fall, 38 Prozent eventuell als existenzbedrohend. In Summe liegt dieser Wert 4 Prozentpunkte höher als im vergangenen Jahr. Am stärksten gestiegen ist das Bewusstsein für Cyber- und Datenrisiken.
Ein Viertel (23 Prozent) gab an, dass diese auf jeden Fall, weitere 46 Prozent eventuell existenzbedrohend seien – insgesamt 5 Prozentpunkte mehr als noch 2023. Auch die Angst vor einem Zahlungsausfall bei einem Auftraggeber hat zugenommen (plus drei Prozentpunkte). Knapp ein Drittel (30 Prozent) bewertet dieses Szenario als auf jeden Fall existenzbedrohend. Die größte Problematik sehen Selbstständige also in der Gefahr, nicht mehr arbeitsfähig zu sein – entweder durch den Ausfall der eigenen Person, ihrer Arbeitsmittel oder durch Cyberangriffe.
In puncto Bürokratie stehen Selbstständige vor einer ähnlichen Herausforderung, denn im Durchschnitt verbringen sie bis zu acht Stunden pro Woche mit Erledigung bürokratischer Aufgaben – Zeit, in denen sie sich nicht um ihr Geschäft kümmern können. 59 Prozent der Befragten geben entsprechend an, dass zu viele neue Regulierungen und Vorgaben eingeführt werden und 56 Prozent fühlen sich durch diese eingeschränkt. Ein Fünftel (21 Prozent) sieht in den bürokratischen Vorgaben und Regulierungen sogar eine Bedrohung für ihre Existenz. Knapp 40 Prozent befürchten außerdem, dass sie die Auflagen der DSGVO ohnehin nicht einhalten können.
Große Risiken stehen niedriger Versicherungsquote gegenüber
Besorgniserregend ist die nach wie vor mangelhafte Absicherung von Selbstständigen gegen existenzielle Gefahren. Am deutlichsten zeigt sich dies im Fall von Krankheit und Unfall: wie oben angegeben, sehen 82 Prozent der Befragten darin eine Bedrohung ihrer Existenz. Dagegen abgesichert sind aber nur 39 Prozent. Ganze 38 Prozent planen keine Versicherung abzuschließen, 4 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Auch bei den Arten der abgeschlossenen Versicherungen zeichnet sich ein bedenkliches Bild: Am häufigsten werden Unfallversicherungen genutzt (29 Prozent), gefolgt vom Krankengeld (26 Prozent). Nur ein Fünftel (21 Prozent) hat eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen.
„Die Ergebnisse zeigen mangelndes Bewusstsein für die größten Risiken“, kommentiert Herbert Fromme, Herausgeber des Versicherungsmonitors und Versicherungskorrespondent der Süddeutschen Zeitung. „Gerade für Selbständige stellen viele Risiken eine Bedrohung ihrer Existenz dar. Dass sich insgesamt nur so wenige dagegen absichern, hat eine Reihe von guten Gründen, die aber nichts an der Fahrlässigkeit der Betroffenen ändern.“
Auch bei Cyber- und Datenrisiken, die in der Wahrnehmung im Vergleich zum Vorjahr am stärksten gestiegen sind, bleibt die Absicherung zu gering. Fast die Hälfte (46 Prozent) hat nicht vor, sich dagegen abzusichern und nur 26 Prozent der Befragten haben hier Maßnahmen ergriffen, 28 Prozent planen dies immerhin. Zu den wichtigsten ergriffenen Maßnahmen gehört die 2-Faktor-Authentifizierung, 46 Prozent nutzen diese (plus 8 Prozentpunkte), und 43 Prozent schützen sich durch Passwortmanagement (plus drei Prozentpunkte). Eine Versicherung gegen Cyberangriffe haben weiter nur die wenigsten abgeschlossen, nämlich 12 Prozent (plus 2 Prozentpunkte).
Auf die Frage nach den Gründen für die fehlende Versicherung gegen betriebliche Risiken gaben 35 Prozent zu hohe Kosten und 27 Prozent fehlenden Bedarf an. Hohe Kosten nannten vor allem Selbstständige mit einem Umsatz bis zu 70.000 Euro (46 Prozent), während der fehlende Bedarf bei den Selbstständigen mit einem Umsatz über 150.000 Euro der wichtigste Grund war. Größere Unternehmen sind zudem deutlich häufiger versichert, bei den Befragten mit Jahresumsatz über 150.000 Euro liegt die Quote bei 70 Prozent, bei denjenigen unter 70.000 Euro Umsatz sind weniger als ein Drittel (30 Prozent) abgesichert.
„Viele betriebliche Risiken können für Selbstständige zu einer existenzbedrohenden Krise führen, das trifft auch und vor allem auf solche mit niedrigen Jahresumsätzen zu. Eine gute Versicherung schützt im Schadensfall buchstäblich vor dem Verlust der Existenz und sollte daher fester Bestandteil der Selbstständigkeit sein“, sagt Tobias Wenhart, Director Marketing, Product & Digital Channels beim Spezialversicherer Hiscox. „Dass sich ‚kleinere‘ Selbstständige wegen vermeintlich zu hoher Kosten gegen eine Versicherung entscheiden, kann zu einem Problem werden. Die meisten Versicherer bieten gerade für sie spezielle Policen an, die günstig sind und im Schadensfall die Existenz von Selbstständigen schützen können.“
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