Eine Entscheidung des OLG Dresden hatte zu beleuchten, ob die Verweisung eines Polizisten im Nachprüfungsverfahren zur Berufsunfähigkeitsversicherung zulässig ist. Dazu ist anzumerken, dass BU-Versicherer ihre Versicherungsnehmer oft darauf verweisen, einen anderen als den ursprünglich ausgeübten Beruf auszuüben.
Ein Beitrag von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht, Gewerblichen Schutz und Informationstechnologierecht, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB
Der Versicherungsnehmer war gegen Berufsunfähigkeit versichert. Er war Polizist und ließ sich zum SEK-Beamten fortbilden. Sein Einkommen betrug zuletzt 23.942,05 Euro brutto. Am 21.05.2001 verunfallte der Polizist und seitdem konnte er seine Tätigkeit als SEK-Beamter nicht mehr ausüben. Der Versicherer erkannte daraufhin die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit des Polizisten an.
Seit März 2016 war der Versicherungsnehmer sodann als Geschäftsführer eines Online-Handels für Jagd-, Sport- und Freizeitwaffen. Dort arbeitet er acht Stunden täglich. Im Wege eines Nachprüfungsverfahren erlangte der Versicherer hiervon in Kenntnis und stellte die BU-Leistungen danach ein.
Zur Begründung verwies der Versicherer danach auf die Regelungen der Versicherungsbedingungen. Danach ist der Versicherungsnehmer nicht mehr berufsunfähig, wenn: „nach Eintritt dieses Zustandes eine andere, ihre Ausbildung und Erfahrung sowie bisherigen Lebensstellung entsprechende Tätigkeit ausgeübt wird “. Der Versicherer behauptete, dass die neue Tätigkeit als Geschäftsführer der alten Tätigkeit als Polizist, insbesondere als SEK-Beamter, vergleichbar sei.
OLG Dresden bejaht vergleichbare Lebensstellung
Ob der Versicherungsnehmer weiterhin seine Berufsunfähigkeitsleistungen erhält, hing davon ab, ob die neue Tätigkeit mit der alten Tätigkeit als Polizist entsprechend vergleichbar ist. Die Verweisung des Versicherers auf eine neue Tätigkeit ist nämlich dann statthaft, wenn die andere Tätigkeit seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Maßgeblich ist vor allem die zuletzt konkret ausgeübte Tätigkeit in gesunden Tagen.
Eine Vergleichstätigkeit besteht, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufes fällt. Der Versicherer muss dieses im Nachprüfungsverfahren jedoch nachweisen.
Die Tätigkeit als Geschäftsführer eines Online-Handels erfordert zwar keine Ausbildung, dies ist aber für die Verweisung auf einen neuen Beruf anerkannt unschädlich. Der Versicherungsnehmer verdient zudem durch seine Tätigkeit als Geschäftsführer sieben Mal so viel wie in seiner alten Tätigkeit als Polizist. Zudem übernimmt er verantwortungsvolle Aufgaben. Es findet kein spürbarer Ansehensverlust statt.
Die neue Tätigkeit ist nach Ansicht des OLG Dresden (Beschluss v. 21.03.2022 – Az. 4 U 2062/21) mit der ursprünglichen Tätigkeit daher durchaus vergleichbar. Die Klage des Versicherungsnehmers hatte damit keinen Erfolg.
Fazit und Hinweis für die Praxis
Versicherungsnehmer können auf die Aufnahme einer anderen Tätigkeit konkret verwiesen werden. Diese muss unter vielen Gesichtspunkten mit der alten Tätigkeit vergleichbar sein. Das Urteil überzeugt und entspricht der ständigen Rechtsprechung und wird um vorliegenden Einzelfall der Bewertung der bisherigen Lebensstellung gerecht.
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