Die weltweite Zahlungsmoral hat sich zuletzt stärker verschlechtert als in den sieben vorangegangenen Jahren zusammengenommen: Rechnungen wurden 2022 nach durchschnittlich 59 Tagen bezahlt – und damit fünf Tage später als noch im Vorjahr.
Schon zuvor hatte sich das weltweite Zahlungsverhalten – mit Ausnahme von 2020 – sukzessive verschlechtert, wenngleich weitaus weniger deutlich: Zwischen 2015 und 2021 haben sich die „Days of Sales Outstanding“ (DSO), also der Zeitraum zwischen Rechnungslegung und Bezahlung, um insgesamt vier Tage verschlechtert. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie des weltweit führenden Kreditversicherers Allianz Trade.
„Die Zahlungsmoral ist ein wichtiger Vorbote von Zahlungsverzögerungen und -ausfällen sowie Insolvenzen“, sagt Maxime Lemerle, Chefanalyst für Insolvenzen bei Allianz Trade. „Je länger Unternehmen auf ihr Geld warten müssen, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie am Ende auf unbezahlten Rechnungen sitzen bleiben. Die Rolle der Lieferanten als unsichtbare Bank kommt also wieder voll zum Tragen und erhöht die Liquiditätsrisiken im System.“
17 Prozent der Unternehmen weltweit werden erst nach 90 Tagen bezahlt, bei insgesamt 42 Prozent sind es mehr als 60 Tage.
Noch relativ gute Zahlungsmoral in Deutschland
Auch in Deutschland ist eine deutliche Verschlechterung bei der Zahlungsmoral sichtbar. Hierzulande wurden Rechnungen im Jahr 2022 durchschnittlich 4 Tage später bezahlt als 2021 – nach durchschnittlich 49 Tagen.
„Den Deutschen sagt man seit jeher eine gute Zahlungsmoral nach“, sagt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Die aktuellen Zahlen bestätigen diesen Ruf auch in diesen schwierigen Zeiten."
Die deutschen Unternehmen bezahlen ihre Rechnungen 10 Tage schneller als im weltweiten Durchschnitt und eine Woche früher als Unternehmen in den europäischen Nachbarländern, ergänzt Bogaerts. Das sei ein ziemlich eklatanter Unterschied – aber keine Garantie.
Der Trend mit einer schlechteren Zahlungsmoral dürfte sich 2023 fortsetzen – sowohl weltweit als auch in Deutschland.
„Zuletzt haben wir deutlich mehr Zahlungsverzögerungen und auch einige größere Insolvenzen gesehen“, sagt Bogaerts. „Insgesamt erwarten wir in diesem Jahr rund 15 Prozent mehr Pleiten als 2022 und damit eine Normalisierung des Insolvenzgeschehens.“
Verschlechterte Zahlungsmoral in Asien-Pazifik
Besonders spät bezahlen Abnehmer in der Region Asien-Pazifik (65 Tage, +6 Tage). Haupttreiber ist dabei China: Dort hat sich das Zahlungsverhalten 2022 besonders stark verschlechtert und die DSO haben sich um 10 Tage verlängert auf nunmehr 54 Tage. Im Mittleren Osten müssen Unternehmen unverändert rund 64 Tage auf ihr Geld warten In Westeuropa sind es durchschnittlich 56 Tage (+3 Tage), in Südamerika (+3 Tage) und in Zentral- und Osteuropa (+4 Tage) jeweils 51 Tage und in den USA 49 Tage (+1 Tag) wie in Deutschland.
Bei den Branchen ist das Bild ebenfalls heterogen. Besonders stark verschlechtert hat sich die Zahlungsmoral im Bereich Transportmittel (+15 Tage), Rohstoffe (+10 Tage), Elektronik sowie Software und IT (jeweils +8), Pharma, Lebensmittel und Baugewerbe (+7 Tage). Insgesamt am längsten auf ihr Geld warten müssen Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau (79 Tage), Transportmittel (77 Tage), Elektronik und Baugewerbe (je 72 Tage).
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