Krisen und Inflation trüben die finanzielle Zuversicht der Deutschen. Aktuell fühlen sich finanziell nur 47 Prozent selbstbestimmt und 37 Prozent gut abgesichert. Swiss Life veröffentlicht zum vierten Mal in Folge das Swiss Life-Selbstbestimmungsbarometer und untersucht darin, wie zuversichtlich die Menschen in die Zukunft blicken und welche Faktoren für ein selbstbestimmtes Leben relevant sind.
Die diesjährigen Ergebnisse zeigen einen sinkenden Selbstbestimmungswert im Vergleich zu den Vorjahren: Lediglich 56 Prozent der befragten Personen fühlen sich grundsätzlich selbstbestimmt im Leben. Ein Verlust von drei Prozentpunkten zu 2021 (59 Prozent) und sieben Prozentpunkten zu 2020 (63 Prozent), wobei der Wert weiterhin zwei Prozentpunkte über 2019 (54 Prozent) liegt.
Die Zeit während der Coronapandemie habe trotz aller Einschränkungen einen positiven Einfluss auf die gefühlte Selbstbestimmung gehabt, so Jörg Arnold, CEO von Swiss Life Deutschland. Dieser Effekt werde mittlerweile durch wirtschaftliche Herausforderungen wie Lieferkettenprobleme, Fachkräftemangel, steigende Preise und nicht zuletzt den Ukrainekrieg überschattet. Selbst die Vorteile mobiler Arbeit und die höhere Flexibilität im Berufsumfeld können diese negativen Einflüsse auf die persönliche Unabhängigkeit und finanzielle Selbstbestimmung nicht abfedern, so Arnold weiter. Vor allem wenn es um ihre aktuellen Finanzen geht, fühlen sich nur noch 47 Prozent der Deutschen selbstbestimmt.
Selbstbestimmung und Unabhängigkeit werden wichtiger
Wie die Ergebnisse des Barometers zeigen, sind Selbstbestimmung und Unabhängigkeit für die große Mehrheit der Befragten (78 Prozent) ein elementares Bedürfnis. Für 44 Prozent ist dieses Bedürfnis in den letzten Monaten sogar noch wichtiger geworden – vor allem für die Frauen in Deutschland (46 Prozent Frauen; 42 Prozent der Männer).
Die Studie zeigt, dass sich ein selbstbestimmtes Leben aus mehreren Grundbedürfnissen zusammensetzt: Für über die Hälfte der befragten Personen ist Entscheidungsfreiheit relevant für ein selbstbestimmtes Leben und mehr als ein Drittel will frei von Einschränkungen und finanziell unabhängig sein. Die Mehrheit befürchtet jedoch, dass ihre persönliche Selbstbestimmung gefährdet sein könnte, insbesondere durch eine schwere Krankheit, eine Pflegebedürftigkeit oder eine eingeschränkte Entscheidungsfreiheit. Der Anstieg der Lebenserhaltungskosten und die vielen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen verstärken diese Sorgen noch.
Optimismus und Zuversicht weiter gedämpft
Die wirtschaftlichen Entwicklungen der letzten zwölf Monate haben Spuren hinterlassen: Für jede fünfte Person (20 Prozent) hat sich die Selbstbestimmung im letzten Jahr spürbar verschlechtert. Diese Entwicklung könnte sich aufgrund der Energiekrise und steigender finanzieller Belastungen weiter zuspitzen. Lediglich 37 Prozent der Befragten bewerten ihren Haushalt als finanziell gut abgesichert.
Ungeachtet der angespannten Situation blickt knapp ein Drittel (29 Prozent) der Befragten mit uneingeschränktem Optimismus in die Zukunft (2021: 24 Prozent, 2020: 29 Prozent, 2019: 22 Prozent). Die leichte Verbesserung zum Vorjahr verdeutlicht, dass die Menschen in Deutschland an ihrer zuversichtlichen Einstellung festhalten – trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten und dem Krieg in unmittelbarer Nähe.
Die Frauen sind bei ihren Zukunftsprognosen allerdings noch immer skeptischer als Männer: Die Mehrheit der Studienteilnehmerinnen (51 Prozent) sind besorgt, dass ihre finanzielle Situation ihr selbstbestimmtes Leben in Zukunft einschränken könnten. Diese Sorge teilen 43 Prozent der männlichen Studienteilnehmer.
Vor allem Singles fühlen sich finanziell eingeschränkt
Insgesamt fühlen sich aktuell 31 Prozent der Menschen in Deutschland aufgrund der eigenen finanziellen Situation gestresst (2021: 26 Prozent, 2020: 34 Prozent, 2019: 15 Prozent). Besonders Single-Haushalte fühlen sich mit ihren Finanzen deutlich eingeschränkter: Nur 36 Prozent gaben an, mit ihren finanziellen Mitteln ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Ähnliche Werte erreichen Familien mit Kindern (39 Prozent). Kinderlose Paarbeziehungen blicken mit 45 Prozent hingegen zuversichtlicher auf ihre Finanzen. Allerdings ist auch hier der Wert zum Vorjahr gesunken.
Nur ein Drittel der Menschen fühlt sich gut vorbereitet für die Rente
Auf die Frage, wie zuversichtlich die Befragten auf ihre Altersvorsorge blicken, gab lediglich ein Drittel der Personen an, dass sie ihren Ruhestand finanziell gut geplant haben (34 Prozent). Mit den getroffenen Vorsorgemaßnahmen – gesetzlich, privat und betrieblich – hätten sie ausreichend vorgesorgt, um im Alter selbstbestimmt leben zu können (32 Prozent). Mit Blick auf ihre Altersvorsorge spüren aktuell nur 42 Prozent ein Gefühl von Selbstbestimmung. 45 Prozent vertrauen darauf, dass eine gut geplante Vorsorge grundsätzlich ein unbeschwertes Leben ermöglicht.
Wer die eigene Vorsorge aktiv und frühzeitig in die Hand nehme, handele umsichtig und mache sich unabhängig. Bereits in frühen Jahren werden die Weichen für finanzielle Freiheit im Alter gestellt, so Arnold. Er betont:
Die Studienergebnisse machen wieder einmal bewusst, dass Altersvorsorge in Deutschland neu belebt werden muss. Eine Reform ist aufgrund der demografischen Entwicklung und der steigenden Staatsausgaben unabdingbar.
Mehr denn je sollten die Kräfte von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft gebündelt werden, so der CEO, um den Menschen Perspektiven aufzuzeigen und neues Vertrauen in die Alterssicherung in Deutschland zu stiften.
Berufssituation und Wohnort beeinflussen Selbstbestimmung
Die Gestaltung des Berufsalltags und die Wohnsituation zahlen ebenfalls auf die Selbstbestimmung der Menschen ein. Was das Berufsleben angeht, fühlen sich heute trotz Annährung an das Leben vor der Corona-Pandemie und der Einführung neuer hybrider Arbeitsmodelle nur 41 Prozent der Befragten selbstbestimmt. 2021 lag der Durchschnittwert noch bei 43 Prozent und im Pandemiejahr 2020 sogar bei 53 Prozent.
Bei der Wahl des Wohnortes deutet sich eine Trendwende an: Bislang wurde das Leben in der Stadt mit einem höheren Selbstbestimmungsgrad verbunden. Im diesjährigen Barometer schneiden das Stadt- und das Landleben mit 57 und 56 Prozent fast gleich ab (2021: Stadt 60 Prozent, Land 55 Prozent). Während der Pandemie lernten immer mehr Menschen die Vorzüge in ländlicheren Regionen zu schätzen.
Über das Swiss Life-Selbstbestimmungsbarometer
Swiss Life unterstützt Menschen dabei, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. In diesem Zusammenhang hat das Unternehmen das „Swiss Life-Selbstbestimmungsbarometer“ ins Leben gerufen. Mit einer bevölkerungsrepräsentativen Basisstichprobe wird jährlich ermittelt, wie selbstbestimmt die Menschen sich fühlen und welche Faktoren dafür relevant sind.
Gemeinsam mit Bilendi wurden im Zeitraum vom 28.06. bis zum 08.07.2022 rund 1.000 Personen in Deutschland im Alter von 18 bis 79 Jahren online zum Thema befragt. Das Swiss Life-Selbstbestimmungsbarometer wird zeitgleich in der Schweiz, in Frankreich und Österreich erhoben.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Finanzielle Zuversicht auf dem absteigenden Ast
Für die große Mehrheit der Deutschen sind Selbstbestimmung und Unabhängigkeit wichtige Bedürfnisse. Doch nur noch die Hälfte der Bundesbürger fühlt sich derzeit selbstbestimmt. Infolge hat ihre finanzielle Zuversicht und das Vertrauen in die Altersvorsorge der abgenommen.
Inflation: Weniger Menschen zahlen in die betriebliche Altersversorgung ein
Obwohl der Stellenwert der bAV steigt, gehen die eigenen Vorsorgeaktivitäten von Arbeitnehmer*innen zurück. Ältere Personen mit unterdurchschnittlichem Einkommen und in kleinen Unternehmen sorgen am wenigsten vor. Fehlendes - oder nicht wahrgenommenes - Angebot bleibt das größte Hemmnis der bAV.
Altersvorsorge: Deutsche haben kein Vertrauen in die Politik
Vier von zehn Deutschen erwarten, dass sich ihre Lebensqualität im Ruhestand verschlechtern wird. Dabei verlässt sich gut ein Viertel ausschließlich auf die gesetzliche Rente. Die Mehrheit der Deutschen tut das nicht – insbesondere die jungen kümmern sich um eine private Vorsorge.
Lebensstandard: Sorgen und Vorsorgestrategien der Deutschen
Als größtes Risiko für den Verlust ihres Lebensstandards empfinden die Bundesbürger*innen Krankheiten, Unfälle, wirtschaftliche Veränderungen sowie eine unzureichende Altersvorsorge. Die Mehrheit setzt darauf, privat Geld zurückzulegen, insbesondere in ETFs und Fonds.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Solvium löst Fonds vorzeitig auf – Neue Transportlogistik-Beteiligung gestartet
Die Solvium Holding AG wird den 2020 aufgelegten Publikumsfonds „Solvium Logistic Fund One“ vorzeitig auflösen. Trotz der verkürzten Laufzeit um ein bis zwei Jahre soll die angestrebte Zielrendite von mindestens 4,56 Prozent pro Jahr für Anleger erreicht werden.
Multi-Asset-Strategien: Warum Anleihen wieder an Attraktivität gewinnen
Globale Anleihen könnten langfristig attraktive Renditen liefern – eine Entwicklung, die sich auf Multi-Asset-Portfolios auswirken dürfte. Laut Vanguard-Analyst Lukas Brandl-Cheng sprechen mehrere Faktoren für eine stärkere Gewichtung von Anleihen.
Börsenturbulenzen bremsen M&A-Aktivitäten
Die aktuelle Marktlage bleibt volatil: Die jüngsten Börsenturbulenzen verunsichern nicht nur Investoren, sondern dämpfen auch die Dynamik geplanter Fusionen und Übernahmen (M&A). Insbesondere der anhaltende Handelsstreit und mögliche Strafzölle belasten das Investitionsklima.
BaFin warnt: Milliardenverluste durch Turbo-Zertifikate für Privatanleger
Die BaFin-Studien zum Zertifikate-Markt zeigen alarmierende Ergebnisse: Während es keine Hinweise auf systematische Fehlberatung bei Anlage-Zertifikaten gibt, haben Turbo-Zertifikate in fünf Jahren Verluste von 3,4 Milliarden Euro verursacht. Die BaFin will nun strengere Maßnahmen prüfen.