Die Privaten Krankenversicherer (PKV) erweisen sich auch in diesem Jahr im M&M Rating als stabil im Umgang mit der Pandemie und Kapitalmarktsituation. Das unabhängige Analysehaus MORGEN & MORGEN bestätigt eine leichte Entspannung am Markt.
Die PKV-Branche meistert die Herausforderungen der Pandemie weiterhin gut, unterm Strich deutlich besser als andere Wirtschaftszweige. Zu diesem Ergebnis kommt das aktuelle M&M Rating KV-Unternehmen des unabhängigen Analysehauses MORGEN & MORGEN. Eine leicht entspanntere Kapitalmarktsituation sowie weiterhin ausbleibende Mehrkosten durch die Pandemie führen dazu, dass die Versicherer sich solide erweisen und in manchen Bereichen sogar leicht verbessern.
Unabhängig davon, weist der Markt für PKV-Vollversicherungen seit Jahren eine relativ stabile Zahl versicherter Personen auf. Die Zusatzversicherungen hingegen steigen an. Einbußen im Neugeschäft gibt es nur in wenigen Bereichen, etwa der Auslandsreiseversicherung. Manche Versicherer können im Zusatzgeschäft jedoch deutliche Zuwächse verzeichnen. Diese Entwicklung zeigt, dass Versicherte ihren Krankenversicherungsschutz auch in der Pandemie nicht verringern.
Zu spüren bekommt die Branche die Corona-Pandemie vor allem im Bereich der Kapitalanlagen. Auch wenn sich die Kapitalmärkte 2021 leicht erholt haben, ist die Lage weiter angespannt. Die Nettoverzinsung steigt nur minimal an und liegt noch immer auf niedrigem Niveau. Auch die Bewertungsreserven der Kapitalanlagen sinken aufgrund des Zinsanstiegs am Kapitalmarkt. Die
Kostenquoten der KV-Unternehmen bleiben insgesamt konstant, beim Eigenkapital ist ein leichter Rückgang zu verzeichnen.
Positiv erweist sich jedoch die Versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote: Sie steigt das zweite Jahr in Folge erneut leicht an. Auf ähnlichem Niveau wächst auch die Quote der Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen (RfB-Quote). Die RfB-Zuführungsquote erhöht sich sogar noch deutlicher. Thorsten Bohrmann, Senior Versicherungsanalyst bei MORGEN & MORGEN, gibt zu bedenken:
Noch ist die Pandemie auch für die Privaten Krankenversicherer nicht ausgestanden.
Pandemiebedingt höhere Ausgaben in den Bereichen Prävention, Hygienemaßnahmen und Tests seien verminderte Ausgaben aufgrund aufgeschobener Behandlungen gegenüber gestanden. Insgesamt seien so weniger Gesundheitsleistungen in Anspruch genommen worden.
Gleichzeitig rechne die Branche aber auch mit steigenden Ausgaben in den kommenden Jahren. Laut Bohrmann erkennen die Versicherer ihren Handlungsbedarf: Die Versicherungsgesellschaften sehen mit verpassten Vorsorgebehandlungen, den damit einhergehenden unerkannten Krankheiten als auch mit den Langzeitfolgen von Covid-19- Erkrankungen und Isolation zukünftig steigende Leistungsausgaben auf sich zukommen. Sie reagieren entsprechend und bilden weiterhin zusätzliche Schadenrückstellungen.
M&M Rating KV-Unternehmen
Das M&M Rating KV-Unternehmen betrachtet zehn Bilanzkennzahlen der Privaten Krankenversicherer über den vergangenen Fünfjahreszeitraum 2017 bis 2021. Das Rating erlaubt somit belastbare Aussagen über die wichtigsten Kennzahlen der Versicherer in den Bereichen Erfolgs- und Leistungsgrößen, Wachstums- und Bestandsgrößen sowie über die Kennzahlen zu Sicherheit und Finanzierbarkeit.
Bei der Auswertung der Unternehmensdaten werden vielschichtige Faktoren wie Wechselwirkungen der Bilanzkennzahlen berücksichtigt. Jede bewertete Gesellschaft wird im Vergleich zu den anderen Marktteilnehmern beurteilt und damit einem Benchmarking unterzogen
Die aktuelle Entwicklung der Kennzahlen
Die Leistungskennzahlen haben sich 2021 solide entwickelt. Insgesamt weisen die Werte eine geringfügig positive Tendenz auf. Nachdem die Nettoverzinsung im Vorjahr einen Tiefststand mit 2,8 Prozent erreicht hatte, kann sie sich nun mit einem Anstieg auf 2,9 Prozent leicht erholen. Die Versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote hat sich sprunghaft auf einen neuen Fünf-Jahres-Höchstwert von 15,2 Prozent verbessert.
Nahezu konstant sind hingegen Abschlusskosten- und Verwaltungskostenquote: Während die Kosten für Abschlüsse sich wieder bei 6,2 Prozent einpendeln, bleibt die Verwaltungskostenquote mit 2,2 Prozent
unbewegt.
Auch 2021 befindet sich die Wachstumsrate für natürliche Personen in der Vollversicherung mit minus 0,2 Prozent im negativen Bereich. Hier ist der Markt im Gegensatz zu den Zusatzversicherungen gedeckt. Bei den Privaten Ergänzungsversicherungen setzt sich die Zunahme umso stärker fort: Das Wachstum steigt hier von 2,3 Prozent auf 3,0 Prozent an.
2021 waren rund 8,7 Mio. natürliche Personen in Deutschland in der Vollversicherung versichert, was rund 10,4 Prozent der Bevölkerung entspricht. Insgesamt verfügten knapp 36,6 Mio. Personen über einen Privaten Krankenschutz. Darin enthalten sind jedoch auch Mehrfachabsicherungen, etwa über verschiedene Zusatzverträge.
In den Kennzahlen zu Sicherheit und Finanzierbarkeit zeigt sich die leichte Erholung des Kapitalmarkts. Die Bewertungsreservenquote sinkt durch die steigenden Zinsen von 18,5 Prozent auf 14,3 Prozent. Im Bereich der Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) ist eine positive Entwicklung zu verzeichnen. Die RfB-Quote steigt auf 35,6 Prozent, die RfB-Zuführungsquote wächst deutlich auf 13,9 Prozent. Die Eigenkapitalquote sinkt hingegen weiterhin leicht und liegt bei 16,3 Prozent.
GRAFIK Sicherheit und Finanzierbarkeit
Der durchschnittliche Rechnungszins im Bestand lag 2021 bei etwa 2,3 Prozent und setzt damit den fallenden Trend der Vorjahre fort. Dies liegt insbesondere an den Rechnungszinsen des Neugeschäfts, teilweise wurde auch der Zins der Bestandstarife angepasst.
Das Ratingergebnis
Der aktuelle Jahrgang des M&M Rating KV-Unternehmen nimmt die Ergebnisse der Geschäftsberichte von 2017 bis 2021 von 30 Privaten Krankenversicherern in den Blick. Der Markt erweist sich als konstant stabil, mit geringfügigen Verbesserungen im Vergleich zu den Vorjahren. Zwar konnten drei Versicherer ihr Rating-Ergebnis verbessern, doch stehen diesen ebenso viele Gesellschaften gegenüber, die in diesem Jahr einen Rang verloren haben. Die grundlegende Tendenz bleibt dabei gleich.
Die Privaten Krankenversicherer steuern weiter sicher durch die Herausforderungen von Pandemie und Kapitalmarktveränderungen. Der hohe Qualitätsanspruch der KV-Unternehmen bleibe ungebrochen, auch wenn es gerade im Mittelfeld des Unternehmensratings zu einem leichten Zuwachs komme, resümiert Thorsten Bohrmann das diesjährige Ratingergebnis.
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