Ab dem 31.01.2023 soll es durch die Umsetzung der EU-Umwandlungsrichtlinie (EU 2019/2121) in nationales Recht (Referentenentwurf vom 20.04.2022) leichter werden, dass inländische Unternehmen mit ausländischen (europäischen) fusionieren, einschließlich Sitzverlegung ins Ausland. Dafür kann dann Betriebsrentnern bei Insolvenz der Schutz des deutschen Pensionssicherungs-Vereins aG (PSVaG) entzogen werden.
Ein Beitrag von Dr. Johannes Fiala, Rechtsanwalt und Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik
Ein Verband der Versicherungskaufleute verkündete dazu, dass insbesondere von betroffenen Rentenanwärtern eine mögliche Sicherheit „aktiv eingefordert werden“ könne, wenn die Arbeitgeberin durch Fusion ins Ausland abwandert. Dieser Irrglaube beruht jedoch auf dem unzutreffenden Verständnis, wonach Anwartschaften auf künftig fällig werdende Leistungen eben noch keine vollwertigen Forderung sind – der Jurist hält sie für „betagt“, weil eben erst irgendwann in der Zukunft die Fälligkeit eintreten wird.
Erst wenn der Versorgungsfall eintritt, werden hier regelmäßig Rentenansprüche zu ratierlich fälligen Forderungen, für welche allerdings auch gesetzlich keine Sicherheit im Voraus verlangt werden könnte. Vertraglich handelt es sich oft um eine Gestaltungslücke, oder eine nicht erkannte Option. Hinzu kommt nur der Fall einer Insolvenz der Arbeitgeberin, weil dann auch die „betagten“ Forderungen gesetzlich als fällig fingiert werden, § 41 Insolvenzordnung (InsO).
Erst nach Fälligkeit könnten Gläubiger auch bei nationaler Umwandlung bereits heute Sicherheitsleistung verlangen, § 314 Umwandlungsgesetz (UmwG) – und zudem künftig bei grenzüberschreitender Umwandlung bis zur Stellung von Sicherheiten die Eintragung der Verschmelzung im Firmenregister verhindern können, auf dass das Registergericht keine Verschmelzungsbescheinigung bis dahin erteilen soll. Wenn der Betriebsrentner aber bei Fälligkeit seine ihm dann erst bei Erleben zustehende Rentenzahlung erhält, kann er auch dafür keine Sicherheit verlangen – für die künftigen müsste er ja erst einmal jeweils überleben.
Gefahr eines Gestaltungsmissbrauchs durch EU-Gesellschafts-Umwandlung
Auch der PSVaG sieht gemäß seiner Pressemeldung vom 08.06.2022 eine Missbrauchsgefahr durch die EU-Umwandlungsrichtlinie. Insbesondere zusätzliche Sicherheiten können Anwärter auf künftige Versorgung nach der gegenwärtigen und künftig vorgesehenen Rechtslage kaum verlangen.
Der PSVaG meint denn, dass die nationale Umsetzung der EU-Umwandlungsrichtlinie „zu Missbrauch und schwierigen Rechtsverfolgung in einem anderen europäischen Staat zu Lasten der Versorgungsberechtigten“ führen kann.
Das ist indes das Schicksal jeden Gläubigers, wenn sein Schuldner sich ins Ausland absetzt. Eine Klage wegen ausbleibender bAV-Leistungen im Ausland, gegebenenfalls in einer Fremdsprache sowie in einem fremden Rechtskreis, verspricht erheblichen Zusatzaufwand für betroffene Arbeitnehmer.
Auf Sicherheiten für Versorgungsberechtigte kommt es nicht erst ab einer Umwandlung an
Regelmäßig machen sich Arbeitnehmer gar nicht klar, dass sie für das durch betriebliche Altersversorgung gebildete Vermögen selbst gearbeitet haben. Wenn dann für die erworbenen Anwartschaften nur ein Bruchteil des nötigen oder versprochenen Vermögens beim Arbeitgeber oder Versorgungsträger vorhanden ist, haben sie sich möglicherweise über Jahre ihrer Rechte und ihrem Schutz durch ausreichende Sicherheiten freiwillig begeben. Dass man als Arbeitnehmer nicht aufgepasst hat, kann man bei Insolvenz der Arbeitgeberin meist daran erkennen, dass der PSVaG einspringen muss – und dann die tatsächliche Versorgung sich bereits als vermindert darstellt. Der PSVaG ist jedoch für ausländische Gesellschaftskonkurse schon gar nicht zuständig.
Verhandlungsvorteil für Arbeitnehmer bei rechtswirksam vorhandenen Sicherheiten
Eine andere Frage ist, wie hoch Sicherheiten sein müssten, für eine Betriebsrente. Zum Beispiel, wenn solche Sicherheiten aus einer fälligen Rückdeckungsversicherung zur Verfügung stehen und der Arbeitgeber eine (gegebenenfalls sukzessive) Pfandfreigabe wünscht. Dann braucht der Arbeitnehmer ein Gutachten zur Höhe der noch erforderlichen Sicherheiten, mit dem häufigen Ergebnis, dass der Arbeitgeber erst einmal beispielsweise 10 Jahre die Betriebsrente selbst erwirtschaften und bezahlen müsste, bevor angefangen werden könnte, die Sicherheiten beim Lebensversicherer sukzessive freizugeben. Und dies bei einer üblich hohen Rückdeckung.
Solche Arbeitnehmer zünden fortan regelmäßig Kerzen an, und beten für das Überleben der Arbeitgeberin – den die faktische Kreditsicherheit (zum Beispiel Rückdeckungsversicherung) deckt in der bAV dann allenfalls einen Bruchteil dessen ab, was für die künftige Rente benötigt wird, oder nur für die Renten nach Alter 70 oder 80.
Nicht nur eine Firmenfusion ins Ausland, sondern auch die Fälligkeit einer
Rückdeckungsversicherung, sowie die Auslagerung der bAV durch die Arbeitgeberin, bieten sich als
Anlass dafür an, die Frage nach der Höhe von bAV-Kreditsicherheiten als Arbeitnehmer zu prüfen.
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