Die dramatischen Bilder von der Flutkatastrophe im Ahrtal und den anderen betroffenen Gebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen dürften den meisten Menschen auch ein Jahr danach noch vor Augen stehen. Mehr als 180 Menschen verloren im Juli letzten Jahres in Deutschland ihr Leben. Dazu kommen Sachschäden in Milliardenhöhe. Doch nicht alle Menschen sind für solche Fälle ausreichend und bedarfsgerecht versichert.
Der Bund der Versicherten e. V. (BdV) sieht Handlungsbedarf und macht sich für ein kollektives Pflichtsystem zur Absicherung von Elementarschäden über einen Risikopool stark. Der gefährlichen Logik des Klimawandels begegne man nicht mit individueller Anpassung und vor allem nicht mit reaktiver Nachsorge, so Stephen Rehmke, Vorstand des BdV. Politik, Versicherungswirtschaft und Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer müssen gleichermaßen in die Pflicht genommen werden. Bloße Gummistiefelpolitik bringe hier nicht weiter.
Die verheerenden Schäden an Wohngebäuden durch Naturereignisse gepaart mit einer oft unzureichenden Versicherungssituation führen regelmäßig zu existenziellen Notlagen der Verbraucher*innen. Die Flutkatastrophe hat daher die Debatte über eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden neu entfacht, die in den vergangenen Jahren immer wieder von Vertreterinnen aus Politik, Versicherungswirtschaft, Verbraucherschutz und Öffentlichkeit geführt wurde, aber bislang nicht zu einer verbindlichen Lösung geführt hat. Rehmke warnt:
Die Situation bei der Elementarschadenversicherung entspricht der klimapolitischen Gesamtlage. Es ist kurz vor knapp.
Deshalb brauche es eine verpflichtende Lösung, die den Einzelnen für eine individuelle Vorsorge weiterhin belohne und den Staat gleichzeitig verbindlich in die Pflicht nehme.
Der BdV hat in einem Positionspapier ein kollektives Pflichtsystem vorgeschlagen, das die Bundesländer zusammen mit der Versicherungswirtschaft als Poollösung bereitstellen und durch einen Zuschlag auf die Grundsteuer finanzieren. Danach werden alle Gebäudeeigentümer*innen mit höheren Grundsteuern belastet, mit denen ein von den Ländern organisierter Risikopool finanziert werden kann. Diejenigen, die eine private Versicherung für Elementarschäden nachweisen, werden von dieser Steuer befreit.
Das Thema Elementarschadenpflichtversicherung steht auf der Agenda der Justizministerkonferenz am 1. und 2. Juni.
Es sei höchste Zeit, dass der Gesetzgeber endlich die Weichen stelle, damit sowohl Gebäudebesitzerinnen und -besitzer als auch Kommunen in Anbetracht zunehmender Naturkatastrophen flächendeckend gut aufgestellt seien. Ein weiterer Aufschub sei nicht mehr vermittelbar. Für Stupsen und Prüfen sei keine Zeit mehr, fordert Rehmke.
Alles Wissenswerte zur Elementarschadenversicherung hat der BdV in einem Online-Special zusammengestellt. Wie sich Verbraucherinnen gegen Naturgefahren absichern können, wie sie sich im Schadenfall verhalten und wo sich beraten lassen können, erfahren sie hier.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Elementarschaden: Unwetter warten nicht auf die Politik
Fast jede stärkere Überschwemmung in Deutschland verursachte Staatshilfen in Milliarden-Höhe. So stellte alleine Nordrhein-Westfalen rund 12,3 Mrd. Euro für den Wiederaufbau im Ahrtal zur Verfügung. Befürworter der Pflichtversicherung bezeichnen es deshalb als dringend notwendig, dass die Politik eine verpflichtende Elementarversicherung für Eigentümer einführt.
"Flutdemenz": Vergessen ist das größte Risiko
Zum zweiten Mal jährt sich Mitte Juli das Extremwetterereignis „Bernd“ und in der Ahr-Region hält die Normalität wieder Einzug. Doch geraten die Lehren der Flutkatastrophe allmählich in Vergessenheit: das Tief ‚Bernd‘ war kein ‚Worst-Case-Szenario‘, keine Folge des Klimawandels und somit auch nicht unerwartbar.
Führen Klimaschäden zur Prämienverdoppelung in der Wohngebäudeversicherung?
Wenn Prävention und Klimafolgenanpassung nicht konsequent umgesetzt werden, könnte es in Deutschland nach GDV-Schätzungen allein infolge der Klimaschäden innerhalb der nächsten zehn Jahre zu einer Verdopplung der Prämien für Wohngebäudeversicherungen kommen.
Regionale Naturgefahrenbilanz: Hier gab es die höchsten Schäden
Sturm, Hagel, Blitz und weitere Naturgefahren wie Starkregen und Überschwemmungen haben 2022 Schäden in Höhe von rund vier Milliarden Euro verursacht. NRW und Bayern verzeichnen mit 790 Mio. Euro die höchsten Schadensummen.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Kampf um bessere Arbeitsbedingungen: Versicherungsbranche im Tarifstreit
Die Tarifverhandlungen für die rund 160.000 Innendienstbeschäftigten der Versicherungsbranche haben begonnen. ver.di fordert eine 12-prozentige Gehaltserhöhung, höhere Zulagen und eine bessere soziale Absicherung. Zudem soll ein neuer Tarifvertrag die Interessen der Beschäftigten bei der digitalen Transformation schützen.
Versicherungsbranche baut Personal aus – besonders viele neue Auszubildende
Die Versicherungsbranche wächst weiter: 2024 stieg die Gesamtzahl der Beschäftigten um 2,6 Prozent, so Daten des Arbeitgeberverbands der Versicherungsunternehmen in Deutschland (AGV). Besonders erfreulich ist der Anstieg der Auszubildenden um 7,5 Prozent – ein positives Signal gegen den Fachkräftemangel. Auch im Innendienst und Außendienst gibt es mehr Personal, während die Fluktuation stabil bleibt.
Allianz-Konsortium vor Abschluss des Viridium-Deals – WTW sieht Belebung des Run-Off-Marktes
Die Übernahme von Viridium durch ein Allianz-geführtes Konsortium steht offenbar kurz vor dem Abschluss. WTW erwartet, dass der Deal den deutschen Run-Off-Markt nachhaltig beleben wird.
Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen warnt: Fahrradversicherung oft unverzichtbar
Fahrräder sind in Deutschland ein beliebtes Fortbewegungsmittel – sowohl im Alltag als auch in der Freizeit. Doch mit der steigenden Zahl an hochwertigen Modellen, insbesondere E-Bikes, wächst auch das Risiko von Diebstählen. Laut der polizeilichen Kriminalstatistik wurden allein 2023 über 260.000 Fahrräder als gestohlen gemeldet, die tatsächliche Zahl dürfte jedoch weit höher liegen.