Allianz Trade: Nachhaltigkeit ist für deutsche Exporteure (noch) nicht relevant

Stellung beziehen ist für Unternehmen wichtiger denn je. Sich zu positionieren und gesellschaftlich zu engagieren ist notwendig. Hin zu Nachhaltigkeit ist ein Aspekt, der unsere Gesellschaft fordert. Dafür gibt es im Handel die ESG-Kriterien. Sie sind unter den meisten Exporteuren bekannt aber größtenteils missachtet.

(PDF)
Containerterminal, Hafen, Deutschland, HamburgContainerterminal, Hafen, Deutschland, Hamburgtunedin – stock.adobe.com

Der Welthandel sorgt als starker Motor für zahlreiche Innovationen, globales Wachstum und wirtschaftliche Weiterentwicklung. Gleichzeitig ist er auch verantwortlich für große Mengen an CO2-Emissionen. Entscheidende Faktoren auf dem Weg zur Reduzierung von Kohlenstoffemissionen im Zuge der angestrebten Klimaneutralität sind deshalb die Definition und Umsetzung sogenannter ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance). Obwohl den globalen Exportunternehmen die Bedeutung dieser Kriterien und ihre Einhaltung für den Klimawandel bewusst ist, spielen sie aktuell nur eine Nebenrolle in der Geschäftsstrategie. Das ist das Ergebnis der „Allianz Trade Global Survey“ des weltweit führenden Kreditversicherers Allianz Trade im Zuge seiner aktuellen Welthandelsstudie. Ana Boata, Head of Economic Research bei Allianz Trade, berichtet:

ESG-Kriterien sind bei vielen Unternehmen bisher nicht Chefsache. Sie spielen, wenn überhaupt, nur eine Nebenrolle. Das liegt unter anderem daran, dass Unternehmen aktuell viele Bälle gleichzeitig in der Luft halten müssen – darunter die hohen Energie- und Transportkosten, Störungen von Lieferketten, höhere Finanzierungskosten und Fachkräftemangel. Das ist nachvollziehbar. Allerdings haben Unternehmen, die jetzt die Weichen für ein nachhaltigeres Handeln stellen, in Zukunft eine sehr gute Ausgangsposition.

Exportunternehmen weitestgehend unbeeindruckt von CO2-Steuern

Um den grenzüberschreitenden Handel nachhaltiger zu gestalten, haben Exportunternehmen zahlreiche Optionen: Sie können eigene Prozesse anpassen, indem sie beispielsweise umweltfreundlichere Materialien einsetzen oder auf weniger umweltbelastende Verfahren umstellen. Oder sie können Geschäftspartner auswählen, die nachhaltig agieren. Letzteres ist bei den befragten Exporteuren bislang die beliebteste Strategie, so fügt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz noch hinzu:

Exportunternehmen verlagern die Einhaltung von ESG-Kriterien lieber auf ihre Lieferanten: Die Hälfte der befragten Unternehmen (Deutschland 47 Prozent) stellt lieber auf nachhaltigere Lieferanten um, als selbst Veränderungen in Richtung nachhaltiger Prozesse oder Produktionen anzustoßen. Nur gut ein Drittel (36 Prozent) der Exportunternehmen in den drei größten EU-Volkswirtschaften Deutschland (39 Prozent), Frankreich (32 Prozent) und Italien (35 Prozent) mussten ihre Preise erhöhen, um die Kohlenstoffsteuern auszugleichen. Dies zeigt auch, dass die Kohlenstoffpreise noch zu niedrig sind, um einen Wandel in den Unternehmen auszulösen oder die Verkaufspreise in die Höhe zu treiben.

ESG-Kriterien spielen maximal eine Nebenrolle

Die Unternehmen zeigen sich aktuell (noch) relativ unbeeindruckt von den CO2-Steuern und insgesamt beurteilen nur wenige Nachhaltigkeit als großes Risiko für ihre Geschäftstätigkeit. Diese Situation macht Unternehmen weniger effektiv in ihrem Bestreben, die Kohlenstoffemissionen zu reduzieren.

Nur 18 Prozent der deutschen Exporteure rechnet generell damit, dass ESG-Kriterien ihr Geschäft 2022 stärker beeinflussen als bisher, rund die Hälfte (48 Prozent) erwartet gleichbleibende Auswirkungen und ein Viertel (25 Prozent) sieht die Herausforderung sogar als geringer an als noch 2021.

Darüber hinaus zeigt die Allianz Trade Welthandelsstudie, dass ESG die globalen Handelsströme bis heute nicht verändert: Die meisten Befragten (74 Prozent) berücksichtigen bei der Auswahl ihrer Exportmärkte keine ESG-Aspekte. Nur 34 Prozent der Unternehmen in China, dem weltweit größten Exporteur, geben an, dass ESG-Grundsätze sie bei der Wahl ihrer Exportmärkte beeinflusst haben. In Deutschland waren es mit 33 Prozent auch nur ein Drittel der Exportunternehmen und Bogaerts sagt:

Dies zeigt, dass ESG und insbesondere das Thema Nachhaltigkeit noch einen langen Weg vor sich haben, bevor sie in der Strategie, dem Handeln und in den Prozessen von Exportunternehmen fest verankert sind.

Es ist aber auch eine Chance, die Unternehmen jetzt nutzen können, um sich durch frühzeitige Investitionen in die eigene Nachhaltigkeit entscheidende Wettbewerbsvorteile zu sichern – und den Welthandel auf dem Weg in Richtung Klimaneutralität zu unterstützen, so Bogaerts anschließend.

(PDF)

LESEN SIE AUCH

Forest SunsetForest Sunsetlassedesignen – stock.adobe.comForest Sunsetlassedesignen – stock.adobe.com
Finanzen

Sustainable Finance höher ansiedeln

Nachhaltigkeitsrisiken sind bereits ein äußerst präsentes Thema in deutschen Finanzinstituten. Das zeigt eine BaFin-Umfrage unter knapp 400 Finanzunternehmen. Aber auch wenn eine gewisse Sensibilisierung besteht, haben ESG-Kriterien noch keinen ausreichend hohen Stellenwert in den Geschäftsstrategien. Die Umfrage zielte vor allem darauf ab, wie die Umsetzung konkret erfolgt und wo die Verantwortlichkeiten liegen.
Shortcut from point A to point BShortcut from point A to point BOlivier Le Moal – stock.adobe.comShortcut from point A to point BOlivier Le Moal – stock.adobe.com
Assekuranz

Nachhaltigkeit in der ESG-Strategie verankert

Der Klimawandel hat das Thema Nachhaltigkeit auch in vielen Unternehmen der Versicherungs- und Finanzbranche ganz oben auf die Agenda gesetzt. So haben zwei Drittel der Finanzdienstleister Nachhaltigkeit als Teil von „Environmental, Social, Governance“ in ihrer Unternehmensstrategie verankert.
Arrow in handArrow in handSergey Nivens – stock.adobe.comArrow in handSergey Nivens – stock.adobe.com
Finanzen

Deutsche Finanzberater bieten kaum ESG-Produkte an

In weniger als 250 Tagen werden die neuen MiFID- und Nachhaltigkeitsvorschriften von europäischen Finanzberatern verlangen, Nachhaltigkeitspräferenzen mit ihren Kunden zu besprechen. Derzeit werden aber ESG-Produkte noch stiefmütterlich behandelt.
Muenzstapel-Trieb-Regen-306528354-AS-994yellowMuenzstapel-Trieb-Regen-306528354-AS-994yellowMuenzstapel-Trieb-Regen-306528354-AS-994yellow
Advertorial

Sustainable Finance noch nicht hoch genug angesiedelt

Nachhaltigkeitsrisiken sind bereits ein äußerst präsentes Thema in deutschen Finanzinstituten. Das zeigt eine BaFin-Umfrage unter knapp 400 Finanzunternehmen. Aber auch wenn eine gewisse Sensibilisierung besteht, haben ESG-Kriterien noch keinen ausreichend hohen Stellenwert in den Geschäftsstrategien. Die Umfrage zielte vor allem darauf ab, wie die Umsetzung konkret erfolgt und wo die Verantwortlichkeiten liegen. Das Thema „Nachhaltigkeit“ ist aus der Finanzindustrie inzwischen nicht mehr ...

Unsere Themen im Überblick

Informieren Sie sich über aktuelle Entwicklungen und Hintergründe aus zentralen Bereichen der Branche.

Themenwelt

Praxisnahe Beiträge zu zentralen Themen rund um Vorsorge, Sicherheit und Alltag.

Wirtschaft

Analysen, Meldungen und Hintergründe zu nationalen und internationalen Wirtschaftsthemen.

Management

Strategien, Tools und Trends für erfolgreiche Unternehmensführung.

Recht

Wichtige Urteile, Gesetzesänderungen und rechtliche Hintergründe im Überblick.

Finanzen

Neuigkeiten zu Märkten, Unternehmen und Produkten aus der Finanzwelt.

Assekuranz

Aktuelle Entwicklungen, Produkte und Unternehmensnews aus der Versicherungsbranche.