Osterpaket treibt Photovoltaik in neue Abhängigkeit

Seit dem Krieg auf europäischem Boden rückt das Thema erneuerbare Energien noch drängender auf die Agenda: Unabhängigkeit vom russischen Öl und Gas bei gleichzeitiger Erreichung der Klimaziele ist der erklärte politische Plan. Oster- und Sommerpaket sollen die Weichen in diese Richtung stellen. Doch ist eine EEG-Novelle wirklich das, was Wirtschaft und Umwelt brauchen?

(PDF)
panoramic - solar panel at sunsetpanoramic - solar panel at sunsetJess rodriguez – stock.adobe.com

Laut Thomas Schoy, Mitinhaber und Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Privates Institut, versucht momentan die Politik Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Schon seit längerer Zeit würden wir uns in der Photovoltaik in einem Abhängigkeitsverhältnis zu China befinden. Daher würde Deutschland von einer Abhängigkeit direkt in die nächste schlittern, so Schoy. Wieso ist das aber überhaupt problematisch und was könnten mögliche Lösungen dieses Dilemmas sein?

Der Boom, die Preise und die Förderung

Ohne Photovoltaik kann die Energiewende nicht gelingen. Deshalb spielt die Sonnenenergie eine nicht unwesentliche Rolle im angestrebten Osterpaket. Doch sind neue Fördertöpfe wirklich das, was der Ausbau der Photovoltaik braucht? Schoy berichtet, dass die Branche schon seit Längerem mit steigenden Preisen für PV-Komponenten und mit Lieferproblemen zu kämpfen habe. Die Pandemie und vor allem der Ukraine-Konflikt habe dies nochmal verschärft.

Zusätzlich dazu sei gerade einen Boom zu verzeichnen, auch weil etwa die Preise für Energie angezogen haben. Das Osterpaket sieht etwa vor, dass sich Solaranlagen für gewerbliche Neubauten verpflichtend sowie für private Neubauten zur Regel entwickeln sollen, die Vergütungssätze bei der Einspeisung will die Regierung anheben und mehr Frei- und Dachflächen per Ausschreibung zur Verfügung stellen. Alles, um die Sonnenenergie noch attraktiver zu machen. Schoy ordnet dies als insgesamt gut ein, ist aber der Ansicht, dass an den falschen Stellschrauben gedreht werde:

Schon heute kommen fast alle Solarmodule aus China, Tendenz steigend. Eine Produktion in Deutschland oder Europa scheint nicht mehr lohnenswert. Mit der momentanen und auch zukünftigen Förderung investieren wir kräftig in die asiatische Wirtschaft.

Globalisierung ja – Abhängigkeit nein

Unbestreitbar bleibt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien und damit auch der der Photovoltaik schneller voranschreiten muss. Schoy sagt, dass es nicht nur um pure Schnelligkeit gehen dürfe. Es dränge sich aber Eindruck auf, dass vor dem Hintergrund des Krieges die Regierung so einiges übers Knie breche.

Wirtschaftliche Verstrickungen und Abhängigkeiten lassen sich kaum verhindern, jedenfalls in einer weitestgehend globalisierten Welt. Schon länger aber befindet sich Deutschland in einem einseitigen Abhängigkeitsverhältnis zu Modul-Herstellern aus Übersee, obwohl hierzulande noch vor einigen Jahren viel Know-how in Sachen Photovoltaik beheimatet war. Diese Entwicklung sieht Schoy kritisch: Im Falle der Gasversorgung wäre Deutschland aktuell zu etwa 55 Prozent von Russland abhängig. Bei PV-Modulen sei die Abhängigkeit von China nahezu bei 100 Prozent.

In Anbetracht dieser Tatsache werde einem immer mehr bewusst, dass das Leitmotiv ‚Wandel durch Handel‘ wohl doch eher Wunschdenken gewesen sein könnte, so Schoy. Es sei an der Zeit, dem Bewusstseinswandel möglichst rasch Taten folgen zu lassen. Sonst bestehe die Gefahr, dass nicht nur das ausgerufene Ziel, 2030 80 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen zu generieren, sondern auch die ganze wertebasierte westliche Welt kräftig ins Wanken gerate.

Was braucht der Markt?

Wenn Förderungen zu kurz greifen, was braucht der Markt dann? Wie lässt sich der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen und gleichzeitig der Standort Deutschland stärken? Schoy betont, es brauche eine größere, umfassendere Lösung, als immer wieder neue Fördertöpfe aufzurufen. Dies betreffe vor allem die Finanzierung solcher Projekte außerhalb der EEG-Garantieversprechen.

Die Rahmenbedingungen für eine Investition in erneuerbare Energien bedürfen einer Reform. Nur so kann es gelingen, dass sich Projektentwicklung in diesem Bereich wieder lohnt beziehungsweise erst möglich wird. Der Photovoltaik-Experte stellt heraus:

Um die Sonnenenergie in der EU und in der Bundesrepublik flächendeckend und nachhaltig zu fördern, braucht es wieder eine Produktion auf europäischem Boden sowie besonders Banken und Sparkassen, die PV-Projekte auch außerhalb des EEG-Förderungstopfes finanzieren können und auch müssen.

Ohne eine Produktion in unseren Breitengraden und entsprechender gesetzlicher Normierung hinsichtlich der Finanzierung scheint es fraglich, ob sich zukünftig der Bedarf decken lässt und die angestrebten Klimaziele erreichen lassen.

(PDF)

LESEN SIE AUCH

Stacked of coin money with account book finance and banking concStacked of coin money with account book finance and banking conckhwanchai – stock.adobe.comStacked of coin money with account book finance and banking conckhwanchai – stock.adobe.com
International

Rohstoffmärkte stehen vor großen Herausforderungen

Infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine versuchen westliche Importeure von Energie, Getreide und Metallen aus Russland die Auswirkungen des Kriegs auf ihr Geschäft abzuschätzen. Wenig überraschend haben die Rohstoffpreise bereits reagiert und neue Allzeithochs erreicht, während die Aktienmärkte mit Beginn des Krieges in der Breite deutlich nachgegeben haben. Europa wird sich auf einen weiteren Inflationsschock – und vor allem mehr menschliches Leid – einstellen ...
Worried couple using their laptop to pay their bills at home in the living roomWorried couple using their laptop to pay their bills at home in the living roomWavebreakmediaMicro – stock.adobe.comWorried couple using their laptop to pay their bills at home in the living roomWavebreakmediaMicro – stock.adobe.com
International

Inflationssorgen auf neuem Rekordhoch

Steigende Preise und militärische Konflikte bereiten Deutschen aktuell die größten Sorgen. Die Corona-Angst nimmt dagegen deutlich ab – das zeigt eine neue Studie von Ipsos, den Spezialisten für Markt- und Sozialforschung.
Choose your direction . Mixed mediaChoose your direction . Mixed mediaSergey Nivens – stock.adobe.comChoose your direction . Mixed mediaSergey Nivens – stock.adobe.com
International

Krisenfeste Unternehmensanleihen

Angesichts der negativen Auswirkungen auf die Aktienmärkte (zumindest kurzfristig) könnte angenommen werden, dass Unternehmensanleihen ebenso unter dem Einmarsch Russlands in die Ukraine gelitten haben. In Wirklichkeit gab es zwar einige Auswirkungen auf festverzinsliche Unternehmensanleihen, aber die Folgen für die beiden Anlageklassen sind unterschiedlich.
Green energy concept, power socket in tree trunkGreen energy concept, power socket in tree trunkbravissimos – stock.adobe.comGreen energy concept, power socket in tree trunkbravissimos – stock.adobe.com
Nachhaltigkeit

Senken erneuerbare Energie die Strompreise?

Der tragische Krieg in der Ukraine erhöht das Risiko einer globalen Energiekrise und nährt Spekulationen über ein stärkeres Wachstum der erneuerbaren Energien, um den globalen Brennstoffmix weniger abhängig von russischen fossilen Brennstoffen zu machen.
International

Digitale Wirtschaft befürwortet Sanktionen gegen Russland 

Die von der EU und Deutschland gegen Russland verhängten Sanktionen werden von einer überwältigenden Mehrheit der Unternehmen der deutschen Digitalwirtschaft unterstützt. 96 Prozent befürworten die Maßnahmen, zwei Drittel (66 Prozent) sagen zudem, dass sie bei Bedarf noch verschärft werden sollten. Zugleich geht jedes zweite Unternehmen (49 Prozent) davon aus, dass sich der Krieg Russlands gegen die Ukraine negativ auf das eigene Geschäftsergebnis auswirken wird. ...
Neben den Angriffen auf die Union zeigte sich Habeck auch selbstkritisch. Die Nicht-Verlängerung der Mietpreisbremse sei ein schwerer Fehler der Ampelregierung gewesen.Foto: Bündnis90/Die Grünen, © Dominik ButzmannNeben den Angriffen auf die Union zeigte sich Habeck auch selbstkritisch. Die Nicht-Verlängerung der Mietpreisbremse sei ein schwerer Fehler der Ampelregierung gewesen.Foto: Bündnis90/Die Grünen, © Dominik Butzmann
Politik

Wahlkampfauftakt der Grünen in überfüllter Halle - Habecks Kampfansage an die Union

Beim Wahlkampfauftakt der Grünen in Lübeck zeichnete Robert Habeck ein Bild der kommenden Bundestagswahl als „Richtungsentscheidung“: Schwarz oder Grün – Rückschritt in die Vergangenheit oder Aufbruch in die Zukunft.

Mehr zum Thema

Der Allianz Trade Länder-Risikoatlas 2025 zeigt eine weltweite Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen: 48 Volkswirtschaften wurden hochgestuft, nur fünf herabgestuft.JoshuaWoroniecki / pixabayDer Allianz Trade Länder-Risikoatlas 2025 zeigt eine weltweite Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen: 48 Volkswirtschaften wurden hochgestuft, nur fünf herabgestuft.JoshuaWoroniecki / pixabay
International

Weltwirtschaft: Länderrisiken sinken – doch Handelskonflikte und Protektionismus bedrohen Wachstum

Der Allianz Trade Länder-Risikoatlas 2025 zeigt eine weltweite Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen: 48 Volkswirtschaften wurden hochgestuft, nur fünf herabgestuft. Doch geopolitische Spannungen und Protektionismus könnten den positiven Trend schnell umkehren.

Timo Steinbusch, Leiter Portfoliomanagement der apoBankapoBankTimo Steinbusch, Leiter Portfoliomanagement der apoBankapoBank
International

US-Strafzölle: Droht eine neue Belastung für deutsche Exporteure?

Die USA haben Strafzölle gegen Kanada, Mexiko und China verhängt – und weitere könnten folgen. Besonders für deutsche Unternehmen mit starkem Exportfokus wäre eine Ausweitung der Zölle eine erhebliche Belastung. Die Börsen reagierten bereits mit Kursverlusten.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins erneut gesenkt und setzt damit ihren Zinssenkungskurs fort.MichaelM / pixabayDie Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins erneut gesenkt und setzt damit ihren Zinssenkungskurs fort.MichaelM / pixabay
International

EZB senkt Leitzins um 25 Basispunkte – Experten uneins über die Auswirkungen

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins erneut gesenkt und setzt damit ihren Zinssenkungskurs fort. Während einige Experten die Maßnahme als erwarteten Schritt bewerten, warnen andere vor möglichen Risiken für Inflation und Kapitalmärkte.

Nvidia steht nun vor der Herausforderung, seine Marktführerschaft in der KI-Branche zu verteidigen.Foto: NvidiaNvidia steht nun vor der Herausforderung, seine Marktführerschaft in der KI-Branche zu verteidigen.Foto: Nvidia
International

Chinas KI-Durchbruch: DeepSeek stellt Nvidias Dominanz infrage

Nvidia verzeichnete am Montag einen historischen Wertverlust von 589 Milliarden Dollar. Ausgelöst wurde diese durch den überraschenden Erfolg der KI-Plattform DeepSeek aus China. Im Gastbeitrag erklärt Dirk Pappelbaum, Geschäftsführer der Inveda.net, warum DeepSeek eine echte Bedrohung für Nvidia ist.

Zentrale der EZB in Frankfurt am Main.MichaelM / pixabayZentrale der EZB in Frankfurt am Main.MichaelM / pixabay
International

EZB senkt Leitzinsen erneut: Experten uneins über Auswirkungen auf Inflation und Wachstum

Mit ihrer vierten Zinssenkung in 2024 senkt die Europäische Zentralbank die Leitzinsen um weitere 0,25 Prozentpunkte. Während die Maßnahme als Reaktion auf gedämpftes Wachstum und sinkende Inflationsraten weitgehend erwartet wurde, gehen die Meinungen über die Folgen für Wirtschaft und Finanzmärkte auseinander.

Ein Hurrikan trifft auf Land: Key West, FloridapixabayEin Hurrikan trifft auf Land: Key West, Floridapixabay
International

Naturkatastrophen 2024: Rekordschäden durch Klimawandel und Extremwetter

2024 verzeichnete mit 1,54°C über dem vorindustriellen Durchschnitt das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Naturkatastrophen wie Überschwemmungen in Europa und Hurrikane in den USA führten weltweit zu versicherten Schäden von über 135 Milliarden USD – mit steigender Tendenz.