Vier von fünf BU-Entscheidungen zugunsten der Versicherten

Aktuell vergeht kaum ein Tag ohne Schlagzeilen zur Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Insbesondere die Regulierung wirft viele Fragen auf. Oft fehlen allerdings belastbare Fakten. Die 6. BU-Leistungspraxisstudie von Franke und Bornberg schafft Abhilfe.

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Anwalt-Klientin-Freude-199278224-AS-LIGHTFIELD-STUDIOSAnwalt-Klientin-Freude-199278224-AS-LIGHTFIELD-STUDIOS(1) LIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com (2) Franke und Bornberg GmbH

Seit 2004  analysiert Franke und Bornberg die Professionalität und Kundenorientierung von BU-Versicherern. Die Leistungspraxis nimmt dabei großen Raum ein. Das umfangreiche Datenmaterial validieren die Analyst:innen traditionell durch Stichproben.

An der 6. BU-Leistungspraxisstudie teilgenommen haben Allianz, ERGO Vorsorge, Generali Deutschland, Gothaer, HDI, Nürnberger und Zurich. Diese BU-Versicherer schützen mehr als sieben Millionen Kund*innen vor den finanziellen Folgen einer Berufsunfähigkeit.

Angesichts ihrer Größe bilden sie einen wesentlichen Teil des BU-Marktes ab. Die Untersuchung basiert auf Fakten zu BU-Leistungsanträgen aus dem Jahr 2019.

Wie haben die Versicherer abgeschnitten?

Allianz, Zurich und – zum ersten Mal – die Gothaer sind die Teilnehmer des BU-Leistungspraxisratings. Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter von Franke und Bornberg erläutert:

Wir freuen uns über jeden weiteren Versicherer, der Transparenz zeigt und sich bei der BU-Leistungspraxis in die Karten schauen lässt.

Weiter lobt er: „Sich diesem Ratingverfahren zu stellen, ist es ein klares Statement an Medien und Verbraucher*innen, dass man nichts zu verbergen hat." Jeder zusätzliche Teilnehmer erhöhe die Aussagekraft der Studie und belege, dass die BU im Leistungsfall tue, was sie soll, nämlich finanzielle Not zu lindern.

Die Gothaer erreichte mit 68 Prozent der möglichen Punkte auf Anhieb die Note FF+, die Zurich schnitt vergleichbar ebenfalls mit der Note FF+ ab und die Allianz erzielte mit 90 Prozent der möglichen Punkte die Höchstwertung FFF+.

An der Leistungspraxisstudie nehmen darüber hinaus ERGO Vorsorge (82 Prozent), Generali Deutschland (vormals AachenMünchener) (81 Prozent), HDI und Nürnberger (jeweils 82 Prozent) teil.

Sie stellen sich der Untersuchung schon seit Jahren im Rahmen des umfassenden BU-Unternehmensratings. In dieser Zeit konnten sie ihre BU-Leistungspraxis kontinuierlich optimieren.

Verweigern BU-Versicherer die Leistung?

Die aktuelle BU-Leistungspraxisstudie von Franke und Bornberg zeigt: Vier von fünf BU-Entscheidungen (79 Prozent) fallen zugunsten der Versicherten aus.

Michael-Franke-2019-Franke-und-BornbergMichael-Franke-2019-Franke-und-Bornberg Michael Franke, Geschäftsführender Gesellschafter, Franke und Bornberg

Der pauschale Vorwurf, BU-Versicherer wollten sich vor der Leistung drücken, greife ins Leere, analysiert Franke. Allerdings sei die Teilnahme an der Untersuchung freiwillig und deshalb eine Positiv-Selektion.

Es spräche viel dafür, dass vor allem besonders leistungsfähige und selbstkritische Versicherer bei der BU-Leistungspraxisstudie mitmachen, so Franke. Sie sähen ihre Teilnahme als Chance, interne Prozesse nach objektiven Kriterien analysieren zu lassen und sich mit anderen Marktteilnehmern zu messen. Er ist der Ansicht: Unternehmen mit schlechteren Kennzahlen stellen sich einer solchen Untersuchung eher nicht.

Aus welchen Gründen endet die BU-Leistung?

Erstmalig wurde im Rahmen der BU- Leistungspraxisstudie bei knapp 22.000 Leistungsfällen auch ausgewertet, aus welchen Gründen die BU-Leistung endet. In knapp 50 Prozent der Leistungsfälle wurde die BU-Rente bis zum Ablauf der Leistungsdauer gezahlt.

Bei rund 36 Prozent der Fälle verbesserte sich der Gesundheitszustand oder es erfolgte die Aufnahme einer zum Gesundheitszustand passenden Tätigkeit. Der Tod der versicherten Person führte in 12 Prozent der Fälle zu einer Leistungseinstellung.

Warum wird keine BU-Leistung fällig?

Mehr als der Hälfte aller Ablehnungen (60 Prozent) werden ausgesprochen, weil der vertraglich vereinbarte BU-Grad nicht erreicht wird (Vorjahr 55 Prozent). Bei psychischen Erkrankungen ist ein zu niedriger BU-Grad sogar für 68 Prozent der Ablehnungen verantwortlich.

Anfechtungen und Rücktritte verlieren an Bedeutung. Auf sie entfallen aktuell 20 Prozent der Ablehnungen gegenüber 25 Prozent im Jahr zuvor.

Überproportional hoch ist die Ablehnungsquote bei jungen Erwachsenen. Fast die Hälfte aller Ablehnungen wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht werden gegenüber Versicherten bis 35 Jahre ausgesprochen.

Einen von neun BU-Anträgen haben die untersuchten Versicherer abgelehnt, weil die diagnostizierte Berufsunfähigkeit voraussichtlich weniger als sechs Monate anhält und somit der Prognosezeitraum nicht erfüllt wird.

Bei Krebs zahlen BU-Versicherer fast immer

In der gesetzlichen Rentenversicherung waren psychische Erkrankungen für knapp 43 Prozent aller Erwerbsminderungsrenten im Rentenzugang 2019 verantwortlich.

Ganz so groß ist der Einfluss bei privaten BU-Verträgen zum Glück nicht. Trotzdem konnten Krankheiten der Psyche ihre Position als BU-Auslöser Nummer 1 weiter ausbauen, berichtet Franke.

Im Untersuchungsjahr 2019 gingen knapp 28 Prozent der anerkannten BU-Fälle auf psychische Erkrankungen zurück. Diese Entwicklung birgt für BU-Versicherer einigen Sprengstoff,

so Franke. Auch gut qualifizierte Erwerbstätige in vermeintlich attraktiven Berufsgruppen seien vor psychischen Problemen nicht gefeit.

Die Anerkennungsquote variiert je nach Art der Krankheit. Während bei Krebs („bösartige Neuerkrankung“) mehr als neun von zehn Entscheidungen zugunsten der Versicherten ausfallen, beträgt die Positivquote bei psychischen Erkrankungen nur 71 Prozent.

Krankheiten des Nervensystems führen immerhin in vier von fünf Fällen zur Anerkennung. Nach der „Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten (ICD)“ zählen dazu Parkinson- und Alzheimer-Erkrankungen, Multiple Sklerose, Epilepsie sowie Lähmungssyndrome.

Verzögern Versicherer die Zahlung?

Franke und Bornberg misst die Regulierungsdauer vom Zeitpunkt der Meldung einer vermuteten Berufsunfähigkeit bis zur Leistungsentscheidung des Versicherers (Datum des Postausgangs).

Die durchschnittliche Dauer hat sich in den zurückliegenden Jahren bei fünf bis sechs Monaten eingependelt (2019: 174 Tage bei Ablehnung respektive 159 Tage bei Anerkenntnis). Das liefert Versicherten einen praktikablen Erwartungswert. Nach 100 Tagen sind knapp 40 Prozent aller Anerkennungen entschieden.

Bei psychischen Erkrankungen und Unfällen dauert die Regulierung deutlich länger. Die Expert*innen von Franke und Bornberg führen dies vor allem auf einen Mangel an Fachärzt*innen für Psychiatrie und Neurologie sowie bei Unfällen auf zeitintensive Stellungnahmen von Polizei und Staatsanwaltschaft zurück.

Vom Eingang der letzten Unterlage bis zur Leistungsentscheidung dauert es bei den untersuchten Versicherern immerhin noch knapp 20 Tage – und damit mehr, als der aktuelle AVB-Standard von zehn Arbeitstagen respektive 14 Kalendertagen vorsieht.

BU-Regulierung unter Corona-Bedingungen

Die Leistungspraxisstudie untersucht BU-Anträge aus dem Jahr 2019. Als Leistungsauslöser kommen COVID-19-Erkrankungen für diese Untersuchung also noch nicht in Betracht.

Auf den Arbeitsalltag von Leistungsprüfer*innen wirken sich die Corona-Maßnahmen aber schon jetzt aus. Der Umgang mit der Pandemie erweist sich als Digitalisierungsturbo.

Neben digitaler Meldung und Tracking von Leistungsfällen sowie Onlineportalen zum Dokumententransfer sind Video-Chats in der Leistungsbearbeitung angekommen.

Dank digitaler Bildübertragung können Antragsteller*innen Einblicke in ihr Arbeitsumfeld und betriebliche Abläufe gewähren und ein aussagekräftiges Bild ihrer Tätigkeit vermitteln. Diese Möglichkeit ist insbesondere für Selbstständige interessant.

Klassische Außenregulierung findet hingegen kaum statt. Gearbeitet wird überwiegend im Homeoffice. Damit verlagert sich der kollegiale Austausch ebenso in die digitale Welt wie Abstimmungen mit der Antragsabteilung oder Rücksprachen mit dem Gesellschaftsarzt.

Verschlechtert Corona die BU-Regulierung?

Bislang sind nur wenige COVID-19-Leistungsfälle bekannt. Gezahlt wird erst, wenn die Einschränkungen über voraussichtlich mehr als sechs Monate anhalten.

Trotzdem gibt es schon jetzt Stimmen, die eine Leistungsverweigerung für Corona-Folgeschäden heraufbeschwören. Angeblich fehlten verbindliche Leitplanken für den Umgang mit COVID-19 im BU-Leistungsprozess. Michael Franke sieht diese Aussagen kritisch:

Wenn vermeintliche Fachleute auf der Corona-Welle reiten, fehlt mir dafür jedes Verständnis. Entweder setzen sie gezielt auf Alarmismus, was Verbraucher*innen vom Abschluss des wichtigen BU-Schutzes abhalten könnte. Oder sie haben das Leistungsbild der BU-Versicherung schlicht nicht verstanden.

Die BU-Versicherung zeichne sich gerade dadurch aus, dass sie auf die Fähigkeit zur Berufsausübung abstelle. Konkrete Regelungen für einzelne Krankheitsbilder seien wie bisher nicht erforderlich, sogar eher kontraproduktiv.

Zudem könnten gesundheitliche Einschränkungen je nach konkreter Tätigkeit völlig unterschiedliche Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit haben.

Die BU-Versicherung hat den großen Vorteil, die Arbeitskraft ohne Einschränkungen auf bestimmte Erkrankungen finanziell abzusichern. Einziger Nachteil dieses einmaligen, offenen Systems ist eine etwas längere, weil individuelle Leistungsprüfungsdauer.

konstatiert Franke. Er ist der Ansicht: Wer lieber Krankheitsbilder oder konkrete Einschränkungen versichern wolle, sollte eine Dread-Disease-, MultiRisk- oder Grundfähigkeitsversicherung abschließen. Diese vermögen aber eine BU-Versicherung nicht zu ersetzen.

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