Auch wenn die Lebensversicherer ihre Standmitteilungen mittlerweile überarbeitet haben, reicht dies für viele Verbraucher aber dennoch nicht für die umfassende Bewertung des (Zu-)Stands ihrer privaten Altersvorsorge aus. So die zweite Auflage der systematischen Transparenzstudie von Policen Direkt.
Die Studie nimmt klassische kapitalbildende Lebensversicherungen in den Blick und ist deshalb vor allen Dingen eine Transparenzuntersuchung für Bestandskunden.
Die Transparenzstudie zu den Standmitteilungen umfasst dabei vier Bereiche:
- Im ersten Bereich geht es um die gesetzlichen Mindestanforderungen an die jährliche Information der Versicherer laut §155 VVG. An dieser Stelle bewertet Policen Direkt auch, inwieweit die Vorgaben der BaFin zu den Bewertungsreserven erfüllt sind.
- Der zweite Bereich zeigt, inwieweit Versicherer wichtige optionale Informationen in den Infobriefen machen.
- Im dritten Bereich untersucht Policen Direkt weitere sinnvolle Bonus-Angaben.
- Der vierte Untersuchungsbereich, der nicht in die Gesamtpunktzahl eingeht, widmet sich der Verständlichkeit der Standmitteilung. Hier geht es um Umfang, Textqualität, um verständliche Vertragswerte und darum, ob der Versicherer einzelne Begriffe gesondert erklärt.
Standmitteilungen erfüllen dann ihren Zweck aber nicht, wenn einzelne Versicherer die Neuregelung des §155 VVG nicht im Sinne der Kunden auslegen. Darüber hinaus gibt es Gesellschaften, die ihrer gesetzlichen Veröffentlichungspflicht zwar nachkommen, aber von weiteren sinnvollen Angaben für die Bewertung absehen.
Henning Kühl, Chefaktuar von Policen Direkt und Versicherungsmathematiker (DAV) die großen Qualitätsunterschiede, erklärt:
„Die neuen Vorschriften haben nicht zu einem einheitlichen Standard geführt, weil die Angabe weiterer wichtiger Informationen und deren Darstellung weiter im Ermessen der Versicherer liegen. Genau wie es Versicherer gibt, die die neue Verordnung für eine Qualitätsoffensive genutzt haben, gibt es auch Versicherer, die nur die Informationen mitteilen, zu denen sie nach eigener Auffassung verpflichtet sind.“
Die Ergebnisse in der Übersicht
- 66 von 78 untersuchten Lebensversicherern erfüllen die seit 1. Juli 2018 geltenden gesetzlichen Mindestanforderungen vollständig. Im Jahr 2019 waren es 60 von 73.
- 34 Lebensversicherer erfüllen dazu sämtliche BaFin-Anforderungen zu den Bewertungsreserven.
- 9 Lebensversicherer teilen ihren Kunden diese Pflichtangaben und sämtliche notwendigen Angaben mit.
Die Darstellung des Rückkaufswertes und der Bewertungsreserven hat sich generell deutlich verbessert. Negativ fällt auf, dass Gesellschaften vor allem bei älteren Policen darauf verzichten, unsichere Überschüsse aufgeschlüsselt mitzuteilen. Gerade aber bei diesen Verträgen machen derartige Bonuszahlungen entgegen landläufiger Meinung immer noch oft einen beträchtlichen Teil der Werte aus.
Insgesamt kommen 34 Gesellschaften auf mindestens 85 Punkte. Im Punktesystem der Studie gibt es für eine Standmitteilung 85 Punkte für den Fall, dass alle gesetzlichen und notwendigen Informationen enthalten sind. Dass weitere Gesellschaften die Punktzahl erreichen, liegt daran, dass auch Punkte für Bonus-Angaben vergeben werden.
Mängel bei weiteren Transparenzpflichten
Erstmals hat Policen Direkt auch untersucht, ob Lebensversicherer ihre Kunden mit den jährlich verschickten Dokumenten gesetzeskonform darüber informieren, wie sie an den Überschüssen beteiligt werden. Laut Mindestzuführungsverordnung (MindZV) §15 sind die Versicherungsnehmer auf diese Veröffentlichung der Ertragsquellen unter Angabe der Fundstelle hinzuweisen.
64 von 78 Gesellschaften kommen dieser Pflicht tadellos nach. Bei 14 Versicherern sind Mängel festzustellen. In einigen Fällen wird der Hinweis auf der Standmitteilung nicht korrigiert, wenn beispielsweise die Website überarbeitet wird.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Lebensversicherungsbranche kämpft weiter um Stabilität
Assekurata-Studie: Run-off in der Lebensversicherung 2022
Die betriebswirtschaftliche Untersuchung der Assekurata zur Situation von Lebensversicherern im Run-off zeigt unter anderem auf: Die Run-off-Unternehmen erwirtschaften seit einigen Jahren überdurchschnittlich hohe Erträge. Hiervon können auch Kunden bilanziell profitieren.
Lebensversicherer: Finanzstärke nahezu konstant
Reform der Zinszusatzreserve zeigt gewünschte Wirkung
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Versicherungstarifrunde: 1.400 Beschäftigte in Baden-Württemberg im Warnstreik
Im Tarifkonflikt der privaten Versicherungswirtschaft erhöhen die Beschäftigten den Druck: Rund 1.400 Angestellte legen in Baden-Württemberg die Arbeit nieder – mit klarer Botschaft an die Arbeitgeber vor der entscheidenden Verhandlungsrunde am 4. Juli.
Lebensversicherung: ZZR-Rückflüsse bringen Spielraum
Zinsanstieg, ZZR-Rückflüsse und demografischer Wandel verändern das Geschäftsmodell der Lebensversicherer grundlegend. Die Branche steht finanziell stabil da – doch das Neugeschäft bleibt unter Druck.
Wiederanlage im Bestand: Versicherer verschenken Milliardenpotenzial
In Zeiten stagnierender Neugeschäftszahlen und hoher Leistungsabfüsse rückt der Versicherungsbestand zunehmend in den Fokus strategischer Überlegungen. Das gilt insbesondere für die Lebensversicherung: Dort schlummern ungenutzte Chancen, die Erträge stabilisieren und die Kundenbindung stärken könnten – wenn Versicherer systematisch auf Wiederanlage setzen würden. Der Text erschien zuerst im expertenReport 05/2025.
#GKVTag – Pflegeversicherung unter Reformdruck: Stabilität durch Solidarität
Drei Jahrzehnte Pflegeversicherung – eine sozialpolitische Erfolgsgeschichte mit strukturellen Rissen. Seit ihrer Einführung garantiert sie die Absicherung pflegebedürftiger Menschen und setzt dabei auf das Zusammenspiel von Solidarität und Eigenverantwortung. Doch mit wachsender Zahl Anspruchsberechtigter, einem Ausgabenvolumen von inzwischen 65 Milliarden Euro und einem Beitragssatz von 3,6 Prozent (zuzüglich Kinderlosenzuschlag) gerät das System an seine finanziellen Grenzen.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.