Elektroautos werden beliebter. Mehr PS, neue Antriebe und die vermehrte Nutzung von Fahrerassistenzsystemen stellen neue Anforderungen an alle Verkehrsteilnehmer. Im Rahmen der diesjährigen Crashtests zeigen die Unfallforscher von AXA verschiedene Risiken elektrisch betriebener Fahrzeuge auf.
Heute fahren auf deutschen Straßen über 110.000 Elektroautos. In der Schweiz sind es bislang rund 25.000 Elektroautos. Wie eine repräsentative Umfrage von AXA zeigt, kann sich jeder dritte Autofahrer vorstellen, in Zukunft ein E-Auto zu kaufen, und 98 Prozent der E-Auto-Fahrer würden sich wieder für ein solches Modell entscheiden.
Die steigende Anzahl an E-Autos hat sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz zur Folge, dass es in Zukunft mehr Unfälle geben wird, an denen ein E-Auto beteiligt ist. Elektroautos unterscheiden sich dabei in mehreren Aspekten von herkömmlichen Autos, was sich auch auf das Unfallgeschehen auswirkt.
Im Rahmen der diesjährigen Crashtests im schweizerischen Dübendorf zeigen AXA-Unfallforscher anhand von drei Crashversuchen auf, welche spezifischen Risiken E-Autos mit sich bringen.
E-Autos beschleunigen schneller als erwartet
E-Autos beschleunigen sehr schnell und immer gleich stark, unabhängig von der Drehzahl. So gab die Hälfte der befragten E-Auto-Fahrer im Rahmen der Befragung an, dass sie beim Wechsel auf ein E-Auto ihre Fahrweise aufgrund des veränderten Brems- und Beschleunigungsverhaltens anpassen musste.
Was die starke Beschleunigung – insbesondere für ungeübte Fahrer – für Folgen haben kann, zeigt AXA beim ersten Crashversuch. Ein E-Auto-Fahrer ist auf einer Landstraße unterwegs und möchte kurz vor einer Rechtskurve nur leicht beschleunigen.
Das E-Auto beschleunigt stärker als erwartet, der überraschte Fahrer kommt in der Kurve von seiner Spur ab und gerät auf die Gegenfahrbahn.
Das entgegenkommende Auto kann nicht rechtzeitig bremsen oder ausweichen. Es kommt zur Frontalkollision, bei der die zwei Autos mit rund 70 Stundenkilometern zusammenprallen. Beide Fahrzeuge werden stark deformiert.
Die Fahrer werden durch Gurt und Airbags zwar bestmöglich geschützt, dennoch ist bei beiden Fahrern mit mittleren bis schweren Verletzungen zu rechnen.
Fahrzeugspezifische Kenntnisse werden wichtiger
Ein Unfall mit einem E-Auto ist für den Insassen ähnlich gefährlich wie mit einem konventionell angetriebenen Auto. Sie durchlaufen dieselben Sicherheitstests und sind mit denselben Sicherheitselementen, wie einer steifen Fahrgastzelle und Airbags, ausgestattet.
Bei einer sehr heftigen Kollision wird bei E-Autos zudem die Hochvoltanlage ausgeschaltet, um sicherzustellen, dass das Fahrzeug nicht mehr unter Spannung steht. Je nach Unfall kann es jedoch vorkommen, dass die Batterien beschädigt werden und einen Brand auslösen:
In diesem Fall geht es nur darum, die Insassen möglichst schnell aus dem Auto zu befreien und in sichere Distanz zu bringen, um sie vor Verbrennungen und giftigen Dämpfen zu schützen. Bettina Zahnd erläutert:
„Wer ein Auto fahren kann, kann nicht zwingend jedes Auto fahren. Neben der klassischen Fahrausbildung sind vermehrt auch spezifische Kenntnisse der einzelnen Fahrzeugtypen wichtig. Speziell bei E-Autos muss man sich erst an das veränderte Brems- und Beschleunigungsverhalten gewöhnen, bevor man das Fahrzeug sicher bedienen kann.“
Die leise Gefahr
Elektroautos sind sehr leise, das Starten des Motors ist kaum zu hören. Auch ein scheinbar ungefährliches Manöver kann deshalb schon einen Unfall provozieren. Im zweiten Crashtest fuhr der Fahrer eines Elektroautos rückwärts aus einer Parklücke, als eine ältere Frau mit Rollator hinter dem Auto vorbeigehen will. Der Fahrer übersieht die Frau, die das Losfahren des Wagens nicht bemerkt, und fährt sie an.
Auch wenn die Kollision mit dem Elektrofahrzeug harmlos erscheint, kann die Passantin bei einem unglücklichen Sturz schwerste Verletzungen erleiden. Zwar sind nicht nur E Autos, sondern sämtliche neueren Fahrzeugmodelle mit Assistenzsystemen ausgestattet. E-Auto Fahrer sind jedoch generell interessierter an technischen Innovationen, kennen mehr Assistenzsysteme und nutzen diese auch häufiger, wie ein Vergleich der Umfrage-Ergebnisse von E-Auto- Fahrern und anderen zeigt.
Autopiloten werden gerne genutzt, am häufigsten auf der Autobahn und auf Landstraßen. Die Abteilung Unfallforschung & Prävention von AXA hat in unterschiedlichen Studien nachgewiesen, dass Fahrerassistenzsysteme (FAS), insbesondere der Notbremsassistent und das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP), helfen können, Unfälle zu vermeiden.
Mit der zunehmenden Automatisierung steigt aber auch die Gefahr, dass Fahrer der Technik blind vertrauen (Over Reliance). Bereits heute sind diverse Unfälle bekannt, bei denen – vermutet oder nachgewiesen – der Fahrer zu viel Vertrauen in ein System hatte. Was dabei geschehen kann, veranschaulicht der dritte Crashversuch.
FAS sind nützlich – aber kein Ersatz für den Fahrer
Ein E-Auto-Fahrer ist auf der Autobahn unterwegs und fährt mit einem Autopiloten, der die Längs- und Querführung übernimmt. Der Fahrer vertraut dieser Technik und lässt sich – obwohl er nach heutiger Gesetzeslage stets auf den Verkehr konzentriert sein muss – ablenken.
Im Bereich einer Autobahnverzweigung kommt das Assistenzsystem an seine Grenzen und gibt die Fahraufgabe umgehend an den Fahrer zurück.
Der Fahrer müsste sofort reagieren, doch weil er abgelenkt war, reagiert er zu spät. Das Auto kollidiert frontal bei rund 100 Stundenkilometern mit einem Anpralldämpfer. Dieser absorbiert zwar mehr Energie als beispielsweise ein Betonpfeiler, trotzdem muss bei diesem heftigen Aufprall mit mittleren bis schweren Verletzungen des Fahrers gerechnet werden.
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