Ende 2023 haben über 39.000 Unternehmen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine betriebliche Kranken- oder Pflegeversicherung angeboten. Das sind fast 42 Prozent mehr als noch 2022 (27.700). Gezählt werden übrigens nur die Arbeitgeber, die die Beiträge für ihre Mitarbeitenden vollständig tragen.
Mit der Zahl der Unternehmen steigt auch die Zahl der Beschäftigten, die von einer solchen Absicherung profitieren, kontinuierlich. Ende 2023 hatten über 2 Millionen Personen eine betriebliche Kranken- oder Pflegeversicherung.
Vorteile für Unternehmen
Die Unternehmen zählen das Angebot einer zusätzlichen Gesundheitsvorsorge zu den wichtigsten Zusatzleistungen für ihre Angestellten. Und auch den Arbeitnehmern ist diese Form der Absicherung gegen Krankheitsrisiken oft wichtiger als andere Vergünstigungen des Arbeitgebers. Laut einer Umfrage vom November 2023 ist für rund 45 Prozent der Befragen eine bKV wichtiger als andere Firmen-Extras wie etwa Tickets für den Personennahverkehr oder Mobiltelefonen. Demnach ist die betriebliche Krankenversicherung sogar jedem vierten Arbeitnehmer wichtiger als eine Gehaltserhöhung. Besonders hoch ist die Zustimmung in der Gruppe der 18-29-Jährigen.
Damit wird die betriebliche Krankenversicherung ein zunehmend wichtigeres Instrument gegen den Fachkräftemangel. Mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen gibt an, offene Stellen nicht mehr besetzten zu können (DIHK-Umfrage 2022). Und die Situation wird sich durch die Alterung der Bevölkerung weiter verschärfen: Laut Vorausberechnungen des Bundeswirtschaftsministeriums wird die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bereits in den kommenden zehn Jahren um 3,9 Millionen sinken. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, qualifizierte Mitarbeiter langfristig ans Unternehmen zu binden.
"Das Wachstum bei der betrieblichen Krankenzusatzversicherung zeigt die Bereitschaft der Arbeitgeber, sich für die Gesundheit ihrer Beschäftigten zu engagieren. Es ist aber auch Ausdruck für den immer stärker werdenden Wettbewerb um Fachkräfte." Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Handelsblatt vom 9. Januar 2020
Stimmen aus der Praxis
Denn vor diesem gesamtwirtschaftlichen Hintergrund gewinnen neben der Bindung und Motivation der Mitarbeitenden die Gesunderhaltung und Genesung Erkrankter für Arbeitgeber zunehmend an Bedeutung, genau wie das Gesundheitsbewusstsein der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Damit sollte die betriebliche Krankenversicherung (bKV) ein Teil einer vorausschauenden, aktiven Personalpolitik sein.
Wie gut das in der Praxis funktionieren kann, und zwar in ganz unterschiedlichen Betrieben, zeigen die Gespräche mit den Beteiligten. Wir haben die verschiedenen „Profiteure" der bKV befragt wie Dachdeckermeister Michael Schneider.
Michael Schneider: Die Mitarbeiter wissen die Leistungen zu schätzen
Herr Schneider, wie lange gibt es Ihr Unternehmen und was sind Ihre Arbeitsschwerpunkte?
Unser Unternehmen wurde am 25. Mai 1925 gegründet. Wir nähern uns also dem 100-jährigen Bestehen. Unsere Schwerpunkte sind Dachdeckerarbeiten speziell im Flachdachbereich und der Bau von vorgehängten und hinterlüfteten Fassaden. Derzeit sind wir 85 Mitarbeiter – allein in den letzten 10 Jahren sind wir um rund 30 Personen gewachsen. Es ist eine schöne, aber auch eine anstrengende und körperlich beanspruchende Arbeit.
Inwiefern?
Die Mitarbeiter müssen draußen arbeiten – bei Hitze im Sommer und Kälte im Winter – und letztlich ist man viel unterwegs. Die Baustellen sind ja nicht immer heimatnah. Und natürlich wird man bei der Arbeit auch schmutzig. Das ist was anderes, als ein Bankkaufmann erlebt. Damit sind wir als Arbeitgeber nicht per se super interessant und müssen uns auf andere Weise attraktiv machen, damit die Mitarbeiter gerne bei uns arbeiten und im Unternehmen bleiben.
Deswegen bieten Sie die betriebliche Krankenversicherung an?
Wir haben einen ganzen Strauß an Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung. Davon ist die betriebliche Krankenversicherung ein wichtiger Bestandteil. Sie bietet zum einen die Möglichkeit, im Krankenhaus ein Zweibettzimmer auf der Wahlleistungsstation in Anspruch nehmen zu können. Zum andern können über einen Dienstleister schnell Termine beim Facharzt organisiert werden.
Rechnet sich das für Sie als Unternehmer?
Auf jeden Fall. Erstens deswegen, weil das Angebot eben eine hohe Wertigkeit für die Mitarbeiter hat. Der zweite Grund sind kürzere Ausfallzeiten durch die schnellere Organisation von Facharztterminen. Das ist für mich sehr wichtig. Wer krank ist oder verletzt, der will ja, dass die Heilung beginnt.
Wie reagieren denn die Mitarbeiter auf dieses Angebot?
Sehr positiv, nachdem ihnen klar wurde, dass Sie dafür nichts zusätzlich bezahlen müssen. Vor allem bei den Mitarbeitern, die schon länger im Unternehmen sind, merke ich, dass sie die Leistungen zu schätzen wissen und gerne darauf zurückgreifen.
Weitere Interviews
Für Maike Theine, Personalmanagerin beim Mittelständler GKN Powder Metallurgy, ist die betriebliche Krankenversicherung mittlerweile ein etabliertes System. Ihr Mitarbeiter Christoph Adler berichtet über die positiven Erfahrungen, die er bereits mit diesem Angebot gemacht hat.
Warum eine betriebliche Krankenversicherung auch für kleinere Unternehmen funktioniert, erklärt Holger Eich, Geschäftsführer im PKV-Verband.
Übrigens: Häufig können sich auch die Angehörigen der Mitarbeitenden über die bKV versichern. Selbst wenn für einen Arbeitnehmer selbst also eine betriebliche Krankenversicherung nicht in Frage kommt, könnte sie für den Ehepartner und/oder die Kinder von Interesse sein.
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