Gewerbeversicherungen zu komplex für die Beratung? Kooperationen sind im Kommen!
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Kombipolicen, einfache Antragsstrecken und Onlinevergleichsprogramme – inzwischen möchte man meinen, dass die Versicherer es möglichst leicht machen wollen, das eigene Gewerbeprodukt an den Unternehmer oder die Unternehmerin zu bringen. Dennoch vermitteln über 20 Prozent der Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler keine Gewerbeversicherung. Der AfW hat im Rahmen eines umfassenden Stimmungsbildes der Branche eruiert, welche Probleme bei der Beratung und Betreuung entstehen.
Der sogenannte Bauchladenmakler ist sicherlich vielen ein Begriff: egal ob private Altersvorsorge, Hausrat oder Vermögensschaden-Haftpflicht – alles ist möglich, in allem scheint er oder sie fachlich top ausgebildet zu sein. Dass dieses Bild in der Praxis (glücklicherweise) nicht oder nicht mehr alltäglich zu sein scheint, zeigt das aktuelle Vermittlerbarometer des AfW. Dabei haben mehr als ein Fünftel der befragten Vermittlerinnen und Vermittler angegeben, keine Gewerbeversicherungen zu vermitteln.
Komplexität der Produkte scheint zunehmend abzuschrecken
Schaut man sich die Gründe an, die durch die Befragten angegeben werden, steht insbesondere die Komplexität der Produkte im Vordergrund. Sei es der Aufwand in der Beratung, im Schadenfall oder die Haftung im Beratungsprozess – in nahezu allen Punkten stiegen die Anzahl der Angaben bei der Frage nach besonderen Herausforderungen in diesem Bereich.
Auffällig ist auch, dass weniger Teilnehmende angeben, keine besonderen Herausforderungen im Vertrieb von gewerblichen Versicherungen zu sehen.
„Wir sehen hier die Folge einer immer stärker reduzierten Zahl direkter Ansprechpartner, wie Underwriter, für Vermittlerinnen und Vermittler“, kommentiert Franziska Geusen, Vorständin im AfW und selbst Versicherungsmaklerin für Gewerbeversicherung die Zahlen. „Was früher noch Nasengeschäft war, bei dem man gemeinsam unkompliziert gute Lösungen für die Unternehmen kreierte, wird heute zunehmend auf Produkte von der Stange und Hotlines gesetzt – auch im Gewerbebereich.“
Spezialisierung als Schlüssel zum Erfolg?
Neben den vorgegebenen Antwortmöglichkeiten gibt der AfW auch immer Raum für individuelle Kommentare. Auffallen häufig wird hier auf Kooperationen mit Kolleginnen und Kollegen verwiesen:
- „Hier ist Spezialisierung unabdingbar, wenn man nicht auf die Nase fallen will.“
- „Ich kooperiere mit Fachmaklern für gewerbliche Versicherungen.“
- „Das überlasse ich lieber den Profis.“
- „Die Versicherungen werden bei mir über einen Partner abgewickelt.“
Dies sind nur einige der vielen Hinweise darauf, dass Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler sich stärker fokussieren und nicht nur einzelne Gewerbebereiche, sondern das komplette Geschäft an Kooperationspartner abgeben.
Aus Haftungsgesichtspunkten ist dies sicherlich eine sehr gute Entwicklung und erhöht die Qualität der Beratung, nicht nur von Unternehmen.
Jüngere Vermittlerschaft verstärkt im Gewerbegeschäft unterwegs
Franziska Geusen, Vorständin, AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e.V.Der Umsatzanteil aus der Vermittlung von Gewerbeversicherungen war in den vergangenen Jahren schwankend. Im letzten Jahr gaben die Befragten an, ca. 21 Prozent Ihrer Einnahmen aus dem Geschäft mit Gewerbekunden zu generieren.
Besonders interessant ist ein Blick auf die Altersstrukturen der Versicherungsmaklerinnen und -makler. Betrachtet man nun die Gruppe der bis 40-jährigen steigt der Umsatzanteil auf immerhin 24 Prozent. „Eine gute Nachricht für die Branche: Auch die Unternehmen scheinen im Blickfeld der jungen Generation von Versicherungsmaklerinnen und -maklern zu stehen. Wenn wir gemeinsam mehr junge Menschen auch in den spezielleren Bereichen der Versicherungsbranche ausbilden, sollten auch diese beratungsintensiveren Produkte risikoadäquat vermittelt werden können.“ kommentiert Franziska Geusen die Zahlen.
Zur Studie: Das jährliche AfW-Vermittlerbarometer wurde bereits zum 16. Mal mittels einer Online-Umfrage im November 2023 durchgeführt. Insgesamt 1.108 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beantworteten rund 50 Fragen zu ihrer Tätigkeit, ihrem Einkommen, der Regulierung und anderen aktuellen Fragen. Neun von zehn Befragten (89,1 Prozent) haben eine Erlaubnis für die Versicherungsvermittlung (§34d GewO), davon beraten rund 90 Prozent im Maklerstatus. 63 Prozent der Befragten verfügen über die Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler/-in nach §34f GewO. Das durch das AfW-Vermittlerbarometer eruierte Stimmungsbild der Vermittlerschaft weist weit über den Verband hinaus, denn 58 Prozent der Befragten sind (noch) keine Mitglieder des AfW.
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