Die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) richtet den Blick über den Klimawandel und Umwelteinflüsse hinaus. Aus Sicht der DAV bedarf es einer sinnvollen und schlüssigen Definition von Nachhaltigkeit, sie betont daher neben dem ökologischen Aspekt (Ecological – E) die Bedeutung von Sozialem (Social – S) und Governance (G) als Grundlage für die Nachhaltigkeitsbewertung von Unternehmen (ESG). Diese drei Säulen sind entscheidend für eine umfassende Einordnung der langfristigen Wirkung von Investitionen und der Geschäftstätigkeit von Versicherungen.
In den letzten Jahren haben sich die sogenannten „ESG“-Kriterien als zentrales Instrument zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Unternehmen etabliert. Die Abkürzung steht für Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung). Während die ökologische Nachhaltigkeit heutzutage bekannt und akzeptiert ist, finden soziale Nachhaltigkeit und nachhaltige Governance derzeit noch weniger öffentliche Beachtung. Unter anderem fehlt es an einer Konkretisierung der Definition von Nachhaltigkeit für soziale und Governance-Aspekte, die idealerweise zur bereits existierenden Taxonomie zu ökologischen Aspekten passt und damit die Definition der Brundtlandkommission von 1987 greifbar macht. Demnach ist eine Entwicklung nachhaltig, „die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen“.
Die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV) kann und möchte einen Beitrag dazu leisten, dieses Prinzip auch für S anwendbar zu machen. „Wir rechnen mit der Zukunft“, so der Slogan der DAV, der in diesem Falle dafür steht, sich bereits frühzeitig in entstehende Debatten einzubringen, zu denen die DAV ihre Expertise beisteuern kann. Die Versicherungsbranche ist bei sozialer Nachhaltigkeit speziell durch den Kollektivansatz zur Absicherung von persönlichen Risiken relevant und Aktuarinnen und Aktuare spielen eine bedeutende Rolle in der Analyse und Bewertung von Nachhaltigkeitsfaktoren. Die Auswirkungen des Klimawandels müssen bereits heute für die Zukunft eingepreist werden. Förderlich sind weiterhin langfristige Investitionen in Infrastruktur und Energieversorgung, um eine nachhaltige Transformation der Gesellschaft zu erreichen.
Die DAV beschäftigt sich aus diesem Grund bereits seit Jahren intensiv mit diesen Themen in verschiedenen Ausschüssen und Arbeitsgruppen. Zahlreiche Ergebnisberichte und Fachgrundsätze wurden erarbeitet, um die Mitglieder bei der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien in ihrer Arbeit zu unterstützen.
Die Integration der sozialen Nachhaltigkeit hakt derzeit wie beschrieben noch an einer nicht konkretisierten Definition. Die DAV erkennt jedoch Bewegung in diesem Feld und möchte daher bereits heute den Fokus auf dieses wichtige Thema legen. Die Jahrestagung von DAV und DGVFM 2024 begann am 24. April 2024 daher mit einer Podiumsdiskussion zum Thema „Das S in ESG - was die Versicherungswirtschaft zur sozialen Nachhaltigkeit beitragen kann“.
Moderiert von Philipp Krohn von der Frankfurter Allgemeine Zeitung diskutierten Dr. Maximilian Happacher, Vorstandsvorsitzender der DAV, Dr. Klaus Mühleder, Opportunity Management bei der Vienna Insurance Group, sowie Daniel Weiß, Partner und Mitglied der Geschäftsführung phiyond by adelphi über die Idee der sozialen Nachhaltigkeit und die Rolle der Versicherung dabei. Was ist soziale Nachhaltigkeit, was kann die Versicherungswirtschaft dazu beitragen und wo genau tut sie dies bereits? Insbesondere drehte sich die Diskussion um die thematischen Schwerpunkte der Risikoreduktion für das Individuum durch den Risikoausgleich im Kollektiv, die Generationengerechtigkeit und der sozialen Absicherung.
Auch im Bereich der Governance ist die DAV aktiv und unterstützt ihre Mitglieder durch eine Vielzahl von Fachgrundsätzen und Weiterbildungsangebote. Die Deregulierung der Versicherungsmärkte und die Einführung von Solvency II haben zusätzliche Anforderungen an die Rolle der Aktuarinnen und Aktuare gebracht, insbesondere durch die Schlüsselfunktionen „Verantwortlicher Aktuar“ / „Verantwortliche Aktuarin“, „Versicherungsmathematische Funktion“ und „Unabhängige Risikocontrollingfunktion“. Für Letztere stellt die DAV mit einer eigenständigen Zusatzqualifikation zum „Certified Enterprise Risk Actuary“ (CERA) sicher, dass Aktuarinnen und Aktuare über das erforderliche Know-how verfügen.
Themen:
LESEN SIE AUCH
„Eine Elementarschadenpflicht würde sehr wahrscheinlich nicht zu niedrigeren Prämien führen“
Zur Elementarschadenpflicht-Versicherung werden sich in Kürze erneut Vertreter der Bundesländer austauschen. Für die Aktuarinnen und Aktuare ist die Frage nach der Pflicht nicht vorrangig. Vielmehr ist zu entscheiden, ob solche Schäden zukünftig noch versicherbar bleiben.
ESG-Management erfolgreich umsetzen
ESG-Kriterien in der Kapitalanlage
Versicherungskammer: Vertrieb der SofortRente Invest gestartet
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Klimarisiken: Unternehmensbewertungen als Kompass in stürmischen Zeiten
Extreme Wetterereignisse stellen die Versicherungswirtschaft vor eine Zeitenwende. Eine solide Kapitalbasis reicht nicht mehr – gefragt ist Anpassungsfähigkeit. Warum unabhängige Stabilitätsbewertungen gerade jetzt zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden könnten, erklärt Abdulkadir Cebi, Bereichsleiter bei Assekurata.
„Krisen sind der Nährboden für Ideen“
Der Industrieversicherungsmarkt steht 2025 im Zeichen von Klimawandel, geopolitischen Konflikten und Cyber-Bedrohungen. Der neue Aon Marktreport zeigt, wie sich die Branche aufstellt – und warum Datenanalyse und HR-Strategien entscheidend werden.
Naturgefahrenschäden 2025: GDV warnt trotz Rückgang vor wachsendem Extremwetter-Risiko
Die versicherten Schäden durch Sturm, Hagel, Starkregen und Überschwemmungen lagen im ersten Halbjahr 2025 unter den Vorjahreswerten. Doch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) warnt: Der langfristige Trend zeigt nach oben – und fordert ein Gesamtkonzept für besseren Schutz.
Großbrand im Hamburger Hafen: Regulierung der Schäden wird zum Mammutprojekt
Großbrand im Hamburger Hafen: Die Regulierung der Schäden wird Monate dauern. Explosionen, verletzte Personen und immense Sachschäden stellen Versicherer und Gutachter vor enorme Herausforderungen – von Haftungsfragen bis hin zu möglichen Umweltschäden.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.