Wenn das Finanzamt zweimal klingelt: Richtig vorbereitet sein bei einer Betriebsprüfung

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Stehen die Prüfer des Fiskus vor der Tür, steigt in fast jedem Unternehmen das Nervositätslevel. Die Besucher kündigen sich zwar rechtzeitig an, stellen ihren Gastgebern aber ausführliche Detailfragen und schauen sich interne Unterlagen genau an, was nicht nur Zeit und Nerven kostet, sondern manchmal auch sehr viel Geld.

„Mit einer gründlichen Vorbereitung können Firmen, Freiberufler und Selbstständige der Kontrolle ihrer Buchführung durch das Finanzamt aber in aller Regel gelassen entgegenblicken“, betont Prof. Dr. Christoph Juhn, Professor für Steuerrecht an der FOM Hochschule und geschäftsführender Partner der Kanzlei JUHN Partner. Hier verrät er, wie das richtige Warm-up für die Betriebsprüfung aussieht.

Prüfungsangst kommt nicht von ungefähr

Unregelmäßigkeiten bei Umsatz, Gewinn und Kosten, Vermögenszuwachs ohne die erforderlichen Einnahmen oder starke Umsatzschwankungen – Gründe für eine Betriebsprüfung kann es viele geben. „Eine Auffälligkeit in den Zahlen in einem Jahr führt in aller Regel noch zu keiner formellen Prüfungsanordnung“, unterstreicht der Steuerprofi. Häufen sich die Unstimmigkeiten und sind zudem Unterlagen oder Belege nicht ordentlich, und eine unübersichtliche Aufstellung der Zahlen erschwert den Vergleich mit den Vorjahren, erregt das die Aufmerksamkeit der Sachbearbeiter. „Dabei stehen ihnen heute ganz andere digitale Hilfsmittel zur Verfügung als früher“, ergänzt Prof. Dr. Juhn. So können sie riesige Datenmengen mit Analyseprogrammen automatisch auswerten und Durchschnittswerte für Branchen ermitteln. Entsprechend schnell lässt sich feststellen, welche Firmen von der Norm abweichen. Das gilt auch für Fälle, wo Daten aus Steuererklärung und E-Bilanz nicht übereinstimmen.

Gründlichkeit im Vorfeld

„Besteht ein konkreter Verdachtsfall, melden sich die Prüfer des Finanzamts oft schon per Telefon, um ihren Besuch mündlich und noch vor der offiziellen schriftlichen Anordnung anzukündigen“, erklärt Prof. Dr. Juhn. Dann haben Firmen etwa zwei bis vier Wochen Zeit, alle steuerrelevanten Aufzeichnungen und Belege so zu ordnen, dass sie während der Prüfung schnell auffindbar sind. Im Idealfall haben Firmen hier eine klare Dokumentationsrichtlinie implementiert und nutzen digitale Tools zur einfachen Erfassung und Archivierung von Belegen. „Bei einer Betriebsprüfung werden normalerweise die letzten drei zusammenhängenden Jahre geprüft. Hier muss eine absolut lückenlose Dokumentation vorzuweisen sein“, so der Experte. Das gilt nicht zuletzt auch für weitere Daten- und Informationsanforderungen. Vor allem bei global tätigen Organisationen kann das neben einer Verrechnungspreisdokumentation und der E-Bilanz etwa auch eine steuerliche Verfahrensdokumentation nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoBD) sein.

Relevanter Prüfungsstoff

Besonders beliebte Aspekte, die das Finanzamt gerne unter die Lupe nimmt? Neben Kleinstbetragsrechnungen, Betriebsausgaben (besonders Bewirtungsbelege) und den Angaben der gesetzlichen Sozialversicherungen werfen Kontrolleure gerne auch kritische Blicke auf Vorsteuerabzug, Umsatzsteuer, Investitionsabzugsbeträge, Sonderabschreibungen, Schuldzinsen und die private Nutzung von Firmengütern, insbesondere von Dienstwagen.

„Vor allem Belege zu diesen Angaben empfiehlt es sich gezielt gemeinsam mit dem eigenen Steuerberater vorzubereiten“, rät der Fachmann. Fehlen Dokumente wie Kontoauszüge, Rechnungen, Verträge oder andere steuerliche Unterlagen, müssen Firmen mit empfindlichen Sanktionen rechnen. Denn die Prüfer haben nicht nur die Möglichkeit, den Betriebsausgaben- und Vorsteuerabzug zu kürzen und bestimmte Beträge zum erklärten Gewinn hinzuzuschätzen, sondern in bestimmten Fällen auch ein Verzögerungsgeld von mindestens 2.500 Euro zu verhängen.

„Damit die Kontrolleure zum Start des Prüfungszeitraums alle relevanten Unterlagen möglichst schnell erhalten und sichten, sollte das Unternehmen eine Ansprechperson bestimmen, die Auskünfte erteilen darf“, fügt Prof. Dr. Juhn hinzu. Am besten geeignet sind hierfür neben geschulten Angestellten auch Steuerfachleute, die für Fragen zur Verfügung stehen. „Beendet ist die Prüfung offiziell nach der Schlussbesprechung bzw. mit dem Abschlussbericht, der als Basis für neue Steuerbescheide dient. Je nach Größe des Unternehmens kann das bereits nach wenigen Tagen der Fall sein oder erst nach mehreren Wochen“, so der Experte.

Christoph Juhn

Christoph Juhn studierte in Köln Steuerrecht und Unternehmensteuerrecht. Nach seiner Bestellung zum Steuerberater hat er sich auf die Gestaltungsberatung im Unternehmensteuerrecht spezialisiert und berät überwiegend bei nationalen und internationalen Besteuerungsfragen von Personen- und Kapitalgesellschaften sowie bei Unternehmensnachfolgen, Umwandlungen und Unternehmenstransaktionen. Er wurde an der Universität zu Köln promoviert.

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