Ärmere Haushalte sind auf Rentenvermögen angewiesen

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Eine aktuelle DIW-Studie bewertet die Vermögensverteilung unter Berücksichtigung der Ansprüche an gesetzliche und betriebliche Renten und zeigt auf, dass diese Rentenansprüche derzeit rund 70 Prozent des Vermögens der ärmeren Hälfte der Bevölkerung ausmachen. Ihr Anteil am Gesamtvermögen steigt damit von zwei auf neun Prozent. Diese Verteilungswirkung für die ärmere Hälfte der Bevölkerung sollte bei anstehenden Rentenreformen mitberücksichtigt werden.

Rentenansprüche machen ein Drittel des Vermögens aller Haushalte in Deutschland aus und sind damit nach dem Immobilienvermögen der wichtigste Baustein im erweiterten Vermögensportfolio der Haushalte. Diese Rentenansprüche setzen sich aus der gesetzlichen und betrieblichen Altersvorsorge sowie Pensionen zusammen und sind damit nur ein vermögensähnlicher Wert.

Für die ärmere Hälfte der Bevölkerung spielen diese vermögensähnlichen Ansprüche eine deutlich größere Rolle als für die reichere: Rund 70 Prozent des Vermögens der ärmeren Hälfte besteht aus diesen Rentenansprüchen. Im erweiterten Vermögensportfolio des reichsten Prozents, also der Top-Vermögenden, haben Rentenansprüche hingegen nur einen Anteil von 2,6 Prozent.

Dies sind die wichtigsten Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Diese bezieht – basierend auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) – bei der Vermögensbetrachtung auch den Gegenwartswert der erworbenen Renten- und Pensionsansprüche in die Berechnung ein.

Üblicherweise werden diese Versicherungsansprüche nicht in der Vermögensverteilung berücksichtigt, da sie kein beleihbares oder veräußerbares Geld- oder Sachvermögen darstellen; für viele sind sie aber ein wichtiger Baustein ihrer Altersvorsorge.

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„Die große Bedeutung des Rentenvermögens für die ärmere Hälfte der Bevölkerung unterstreicht, wie wichtig es ist, Rentenansprüche bei der Vermögensbetrachtung zu berücksichtigen. Dies ermöglicht es, vor allem die Wirkung von Rentenreformen auf die Vermögenssituation differenzierter zu bewerten“, sagt Studienautor Timm Bönke, der Co-Leiter des Bereichs Prognose und Konjunkturpolitik im DIW Berlin ist.

Rentenreformen können Vermögensungleichheit verstärken

Wenn die Rentenansprüche berücksichtigt werden, sinkt die gemessene Vermögensungleichheit, die in Deutschland im OECD-Durchschnitt recht hoch ist: Der Anteil, den die ärmere Hälfte der Bevölkerung in Deutschland am Gesamtvermögen hält, steigt von zwei auf neun Prozent. Der Anteil der Top-Vermögenden nimmt von 30 auf 20 Prozent ab. 

„Dass die Ungleichheit bei Einbeziehung der Renten sinkt, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Rentenansprüche in der unteren Verteilungshälfte oft so gering sind, dass sie nicht unbedingt vor Altersarmut schützen“, gibt DIW-Ökonomin Charlotte Bartels vom SOEP zu bedenken. „Zudem können Rentenreformen die Vermögensungleichheit in Deutschland noch verstärken.“

Und Co-Autor Bönke ergänzt: „Reformen, die das Rentenniveau senken, wirken ungleich stärker in der ärmeren Hälfte der Bevölkerung, deren Vermögen größtenteils aus – teils sehr geringen – Rentenansprüchen besteht. Dieser Bedeutung muss man sich bei künftigen Reformen der Alterssicherung immer bewusst sein.“

Zur DIW-Studie geht es hier.

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