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Analysehäuser und Ratingagenturen vergeben ihre Bestnoten beziehungsweise Bewertungen für die Versicherungsbedingungen von Berufsunfähigkeitsversicherungen häufig inflationär. Bei oberflächlicher Betrachtung kann der Eindruck entstehen, die Qualität der Bedingungen sei ausgereizt und so manchen Versicherer verleiten sie, sich mit dem Erreichten zufrieden zu geben.
Dass es hierzu keinen Grund gibt, zeigt der auf Berufsunfähigkeitsversicherungen spezialisierte Versicherungsmakler Gerd Kemnitz aus dem sächsischen Stollberg am Beispiel der Nachversicherungsgarantie:
Eine gute Erhöhungsoption ist wichtig
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung sollte möglichst in jungen Jahren abgeschlossen werden. Dann ist die zu versichernde Person meist noch gesund und ohne besondere Freizeitrisiken. Doch gerade bei jungen Menschen ändern sich im Laufe des Lebens die finanziellen Verpflichtungen, beispielsweise durch Gründung einer Familie oder Aufnahme eines Immobiliendarlehens. Außerdem begrenzen auch BU-Versicherer bei Schülern, Auszubildenden und Studenten die versicherbare BU-Rente. Dann ist eine gute Nachversicherungsgarantie wichtig. Vermutlich aus diesem Grunde hat das Analysehaus Morgen & Morgen in 2023 erstmals ein spezielles Rating zur BU-Nachversicherung erstellt (expertenReport berichtete).
3 wichtige Punkte für junge Leute
Doch was zeichnet eine gute Nachversicherungsgarantie aus? Die folgenden drei Punkte sollten dabei mindestens erfüllt sein:
- Fast alle Tarife bieten zu bestimmten Anlässen eine Erhöhung der versicherten BU-Rente ohne erneute Gesundheitsprüfung an. Besser ist jedoch, wenn der Versicherer bei der Nachversicherung auch auf eine erneute Prüfung von Berufs- und Freizeitrisiken verzichtet. Anderenfalls kann eine inzwischen ausgeübte Risikosportart oder eine geänderte Berufstätigkeit die Nachversicherung teuer oder auch unmöglich machen.
- Wichtig ist auch die Frage, zu welchen Anlässen und um welche Beträge die Erhöhung möglich ist. Eine Erhöhung der versicherten BU-Rente um monatlich 500 € pro Ereignis sollte immer möglich sein – bei erstmaliger Aufnahme einer Berufstätigkeit (nach Abschluss der Ausbildung oder des Studiums) möglichst auch mehr.
- Wer denkt beispielsweise nach der Hochzeit oder Geburt eines Kindes als erstes an die Erhöhung seiner Berufsunfähigkeitsversicherung? Deshalb sollte die Frist, innerhalb derer diese beantragt werden muss, mindestens zwölf Monate betragen.
Ratings und Bestbewertungen sind nicht hilfreich
Natürlich kann auch eine zusätzliche, anlassunabhängige Erhöhungsoption nicht schaden. Aber wir wollen es gar nicht übertreiben. Denn eigentlich sollte man erwarten können, dass mit Bestbewertungen ausgezeichnete Tarife zumindest die oben genannten drei Punkte erfüllen. Doch wer das glaubt, irrt. Bei dem Rating zur BU-Nachversicherung wurden mehrere Tarife mit 5 Sternen bewertet, die selbst den ersten Punkt nicht oder nur teilweise erfüllen.
Welchen Ehrgeiz sollen da Versicherer noch haben, die Nachversicherungsgarantie ihrer 5-Sterne-Tarife praxistauglicher und verbraucherfreundlicher zu gestalten? Die beste Bewertung sollte auch wirklich nur den besten Tarifen vorbehalten sein!
Abschließend noch eine Frage an Versicherer: Warum kann die Nachversicherung bei den meisten Tarifen bedingungsgemäß nur mit der restlichen Versicherungs- und Leistungsdauer des ursprünglichen Vertrags abgeschlossen werden? Beispielsweise nach Geburt eines Kindes oder Aufnahme eines Darlehens könnte bei Verträgen, die bis zum 67. Lebensjahr abgeschlossen wurden, durchaus auch eine kürzere Dauer der Nachversicherung sinnvoll sein.
Fazit: Wer jungen Leuten eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit zuverlässiger Nachversicherungsgarantie vermitteln möchte, sollte sich nicht auf Ratings von Analysehäusern verlassen. Besser ist, die Versicherungsbedingungen selbst zu analysieren. Allerdings stellt sich dann die Frage, wozu Analysen und Ratings überhaupt dienen.
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