Die jüngsten Ergänzungen der europäischen Offenlegungsverordnung SFDR („Sustainable Finance Disclosure Regulation“) haben dazu geführt, dass viele Fonds innerhalb eines halben Jahres mit Blick auf die geforderten Nachhaltigkeitsvorgaben heruntergestuft wurden. Gleichzeitig hat der Anteil nachhaltiger Investitionen der nach Artikel 9 der SFDR als „dunkelgrün“ bezeichneten Fonds zugenommen.
Die SFDR, die darauf abzielt, Nachhaltigkeitsnachweise von Finanzprodukten zu verbessern und dadurch Greenwashing zu verhindern, ist somit seit Einführung im März 2021 deutlich exakter geworden. Zu diesen zentralen Ergebnissen kommt eine aktuelle Analyse von Ökonominnen und Juristen des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE anhand von Daten der WM Gruppe, einem führenden Anbieter von Finanzinformationen und -daten, zu mehr als 10.000 Investmentfonds und 2.000 Indexfonds.
Diese Fonds wurden zwischen September 2022 und März 2023 über Banken in Deutschland angeboten. Die SAFE-Wissenschaftler*innen haben sich auf Basis der Daten die Entwicklung der Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen laut SFDR angesehen und den derzeitigen Stand ausgewertet.
Die folgende Abbildung zeigt die Anzahl der Investmentfonds pro SFDR-Kategorie für vier Zeitpunkte und ihre Übergänge zwischen den Zeitpunkten für die Stichprobe von Fonds.
Mehr Transparenz für nachhaltige Finanzprodukte
„Wir stellen fest, dass sich die Einstufung der Fonds in die SFDR-Klassen im Laufe der Zeit ändert, wobei im ersten Quartal 2023 insbesondere bei Indexfonds viele Herabstufungen von Artikel 9- zu Artikel 8-Fonds zu beobachten sind“, sagt Loriana Pelizzon, Leiterin der SAFE-Forschungsabteilung „Financial Markets“.
Laut SFDR werden nach Artikel 8 sogenannte „hellgrüne“ Finanzprodukte eingestuft, die unter anderem ökologische oder soziale Merkmale oder eine Kombination aus diesen Merkmalen bewerben. Nach Artikel 9 klassifizieren sich „dunkelgrüne“ Finanzprodukte, mit denen nachhaltige Investitionen angestrebt werden.
Die SAFE-Analyse zeigt weiter, dass der Anteil nachhaltiger Anlagen für die Gruppe der Artikel 8-Fonds im Laufe der Zeit konstant zwischen 37 und 39 Prozent blieb. Dieser Anteil stieg für Artikel 9-Fonds im März 2023 auf 84 Prozent. „Wir beobachten auch, dass es nach und nach mehr Fonds gibt, die ihren Anteil an nachhaltigen Anlagen melden. Das kann zwar zu unterschiedlichen Nachhaltigkeitsanteilen führen, wird aber für mehr Transparenz am Markt sorgen“, so Pelizzon.
Die Anforderungen der SFDR unterliegen einer laufenden Überwachung und Bewertung durch die Regulierungsbehörden, was Klarstellungen und Änderungen der Verordnung nach sich zieht. Zu diesen Maßnahmen zählten zuletzt technische Regulierungsstandards für die SFDR, die seit Jahresanfang 2023 gelten und Inhalt, Methodik und Darstellung der Nachhaltigkeitsangaben auf Unternehmens- und Produktebene festlegen.
„Gemessen an unseren Ergebnissen, nämlich der Herabstufungen von Artikel 9- zu Artikel 8-Fonds sowie eines höheren Anteils nachhaltiger Anlagen in der Gruppe der Artikel 9-Fonds, kommen wir zu dem Schluss, dass die jüngsten Ergänzungen und Klarstellungen der SFDR das Profil der SFDR-Klassifizierungen tatsächlich geschärft und ihre Genauigkeit erhöht haben“, ergänzt Rechtswissenschaftler Nikolai Badenhoop aus dem SAFE-Forschungscluster „Law & Finance“.
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