PKV: Leistung und Finanzierung beweisen ihre Zugkraft

© LIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com

Viele erinnern sich noch, dass die Beratung zu und die Vermittlung von einer privaten Krankenvollversicherung in früheren Zeiten durchaus anderen Gesetzmäßigkeiten folgte. Häufig war damals die Argumentation „Sie bekommen bessere Leistungen und zahlen weniger Beitrag!“ für Vermittler¹ ausreichend. Auch mit dem Hinweis auf hohe Erstattungsleistungen für Sehhilfen und Zahnersatz konnten viele Kunden abgeholt und zum Abschluss einer privaten Krankenversicherung motiviert werden.

Allerdings wurde der Gesetzgeber mit der zunehmenden Abwanderung von freiwillig versicherten Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung zu den Gesellschaften der privaten Versicherungswirtschaft mit einem Verlust von Beitragszahlern konfrontiert. Hinzu kommt, dass diese mit vergleichsweise geringen Leistungslasten bei gleichzeitigen Höchstbeiträgen die umlagefinanzierte gesetzliche Krankenversicherung stütz(t)en.

Mit der Entkopplung der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 6 SGB V (in 2023: 66.600 Euro) von der GKV-Beitragsbemessungsgrenze legte der Gesetzgeber die Hürde für einen Wechsel aus der gesetzlichen in die private Krankenversicherung zumindest für Arbeitnehmer deutlich höher auf. Aber auch die Negativschlagzeilen über sprunghafte Beitragserhöhungen bei einigen privaten Krankenversicherern trugen dazu bei, dass der Strom der Wechselwilligen zu einem kleinen Gebirgsbach verkümmerte und private Krankenversicherer über Jahre hinweg höhere Abgangs- als Zugangszahlen bei den Versichertenzahlen verzeichneten. Zwischenzeitlich hat sich das Blatt gewendet. Der PKV-Verband konnte auch in 2022 eine erfreuliche Entwicklung und einen Zuwachs bei den Versichertenzahlen verbuchen.

Alexander Schrehardt, Gesellschafter-Geschäftsführer, AssekuranZoom GbR © AssekuranZoom GbR

Intensivpatient gesetzliche Krankenversicherung

Die deutsche Gesellschaft überaltert. Eine steigende Lebenserwartung, begünstigt durch einen hohen medizinischen
Versorgungsstandard in den letzten Jahrzehnten, und ein seit dem Jahr 1972 durchgängig fortzuschreibender Geburtenunterschuss lasten schwer auf den sozialen Sicherungssystemen. Die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung sind zwischenzeitlich Intensivpatienten, deren Überleben nur mit einer finanziellen Dauerinfusion aus dem deutschen Bundeshaushalt gesichert werden kann.

Während der Bundesfinanzminister im Bundeshaushalt für 2023 eine Subventionszahlung an die gesetzliche Krankenversicherung in Höhe von 18,98 Milliarden Euro (in 2022: 15,94 Milliarden Euro) einplanen musste, wird für das Jahr 2024 ein Fehlbetrag von 30 Milliarden Euro kolportiert. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wiederum reagiert auf die dramatische Kostenexplosion unter anderem mit der Kürzung beziehungsweise dem Einfrieren von (Zahn-)Arzthonoraren und der Dämpfung des Ausgabenanstiegs bei patentgeschützten Arzneimitteln.

Auch wenn der Bundesgesundheitsminister alle Hebel für eine Ausgabenstabilisierung in Bewegung setzt, werden auch die GKV-Versicherten mit einem im Jahr 2023 auf durchschnittlich 1,6 Prozent erhöhten Zusatzbeitrag ihr Scherflein zur Finanzierung beitragen müssen. Dabei fällt der Anstieg des Zusatzbeitrages mit im Mittel 0,3 Prozent in 2023 noch sehr moderat aus. Sollte sich das für 2024 prognostizierte Defizit von 30 Milliarden Euro bewahrheiten, müsste der GKV-Zusatzbeitrag laut eines Berichts des Redaktionsnetzwerkes Deutschland sogar auf 3,6 Prozent angehoben werden.

Warten auf den Arzttermin …

Generationen von Schülern haben sich mit mehr oder minder großer Begeisterung durch Samuel Becketts „Warten auf Godot gekämpft“. Eine modifizierte Fassung von Becketts Theaterstück spiegelt sich im Alltag vieler GKV-Versicherten. Während Estragon und Wladimir zwei Stunden dem Erscheinen von Godot entgegenfiebern, warten Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen schon einmal ein paar Monate auf einen Termin beim Facharzt. Auch der Vorwurf, dass Privatpatienten von (Zahn-)Ärzten bei der Terminvergabe bevorzugt behandelt werden, ist nicht neu und sicherlich richtig.

Allerdings sind niedergelassene (Zahn-)Ärzte auf Privatpatienten und die höheren Liquidationssätze oftmals angewiesen. Denn die aus der Behandlung von Privatpatienten generierten Einnahmen fließen in eine Mischkalkulation der Praxis ein, die letztlich wieder gesetzlich krankenversicherten Patienten zugutekommt. Natürlich zeichnet unsere Gesellschaft die demografischen Verwerfungen auch im Gesundheitssystem nach. Doch der Ärztemangel ist seit Jahren bekannt und vor allem in ländlichen Regionen finden ältere Ärzte oft keinen Praxisnachfolger.

Praxisschließungen, eine zunehmende Überlastung der verbleibenden Ärzte, lange Wartezeiten und für viele Patienten eine längere Anreise sind die Folgen. Die aktuelle Situation zeigt die Grenzen des umlagefinanzierten Versorgungssystems überdeutlich auf. Sofern der Bundesgesundheitsminister nicht die wundersame Geldvermehrung entdeckt, bleibt ihm nur die Wahl zwischen Pest und Cholera: entweder das alternative oder synchrone Drehen der Stellschrauben Beitragserhöhung und Leistungsminderung.

Wie viel ist uns eine gute medizinische Versorgung wert?

Deutschland ist eine Nation der Autofahrer, die für den fahrbaren Untersatz und dessen Ausstattung schnell einmal ein paar Tausend Euro mehr auf den Tisch blättern. Die Kosten für Anschaffung und Unterhalt werden dabei durchaus unterschätzt. Der ADAC e. V. hatte einen Kostenvergleich für unterschiedliche Pkws basierend auf dem durchschnittlichen Wertverlust in den ersten fünf Jahren und den Aufwendungen für den Fahrzeugunterhalt bei einer Laufleistung von 15.000 km/Jahr erstellt.² Danach fallen für einen VW Golf 2.0 TDI monatliche Kosten von 749 Euro an und für einen Porsche Panamera Turbo S sind 2.891 Euro/Monat einzuplanen. Deshalb muss die Frage erlaubt sein: Ist die eigene Gesundheit mindestens den gleichen Aufwand wert?

An dieser Stelle kommt nun der versierte Vermittler ins Spiel, der – gegebenenfalls gestützt auf aussagekräftige Ratinganalysen – mit seiner fachlichen Expertise den passenden und auf die individuellen Kundenbedürfnisse und -wünsche abgestellten Versicherungsschutz ermitteln kann. Wie beim Kauf eines Pkw stellt sich auch beim Abschluss einer privaten Krankheitskosten- und einer Krankentagegeldversicherung die Frage: Wie viel Sonderausstattung darf oder muss es denn sein? Nicht jeder Kunde nimmt für sich in Anspruch, dass für seinen Versicherungsschutz nur Premiumtarife berücksichtigt werden dürfen. Muss es eine Unterbringung im Einbettzimmer im Krankenhaus sein oder ist ein Zweibettzimmer auch ausreichend? Kann eine Staffelleistung für Zahnersatz in den ersten Versicherungsjahren vereinbart und die jährliche Anzahl psychotherapeutischer Behandlungen gedeckelt werden?

Sofern der Kunde seine Wunschvorstellungen vor dem eigentlichen Beratungsgespräch skizziert und, unterstützt von dem beratenden Vermittler, seinen Versorgungsbedarf kritisch überdenkt, kann der Versicherungsschutz bedarfs- und kostengerecht ausgestaltet werden. Und natürlich sollte an dieser Stelle auch die Beitragsentwicklung der Tarife hinterfragt werden. Eine kaufmännische Betrachtung ist gewiss angezeigt, wobei die Begriffe „billig“ und „preiswert“ niemals synonym zu betrachten sind!


¹ Anmerkung des Autors: Im Interesse einer besseren Lesbarkeit wurde auf gendergerechte Formulierungen verzichtet. Alle Ausführungen beziehen sich gleichermaßen auf Vermittler/-innen sowie Kundinnen und Kunden.

² ADAC e. V., Autokosten Herbst/Winter 2022/2023 – Kostenübersicht für über 1.500 aktuelle Neuwagen-Modelle, Stand 10.2022.

Bild (2): © AssekuranZoom GbR