Cybersicherheit: Die Zwei-Billionen-Dollar-Marktchance

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Vor einem aufziehenden „Cybersturm“ im laufenden Jahr warnte das World Economic Forum in Davos. Und wie die Drohung prorussischer Hacker, deutsche Firmen und Behörden nach der deutschen Leopard-Entscheidung anzugreifen[1] zeigt, könnte sich diese Prognose schneller bewahrheiten als gedacht.

Laut Rahul Bhushan von Rize ETF, Emittent thematischer ETFs, hat sich das Investitionsthema Cybersicherheit schon längere Zeit als widerstandsfähig beziehungsweise unkorreliert gegenüber Marktschwankungen und Konjunkturzyklen erwiesen. Im Moment seien die Bewertungen zugehöriger Aktien zudem besonders günstig und die Wachstumsprognosen beeindruckend.

Die Zahl der weltweiten Cyberangriffe hat von 2021 bis 2022 um mehr als ein Drittel zugenommen. Der dadurch verursachte Gesamtschaden könnte sich bis Ende 2024 auf unglaubliche sechs Billionen US-Dollar aufsummieren.

Demzufolge könnten die globalen Ausgaben für Cybersicherheit in diesem Jahr 172 Milliarden Dollar erreichen, von 2022 bis 2027 werden eine jährliche Wachstumsrate von 8,9 Prozent und Ausgaben von 266,2 Milliarden Dollar in 2027 erwartet.[2]

Laut dem Beratungshaus McKinsey klafft eine riesige, investierbare Lücke zwischen dem verkauften Markt – von Firmen geplante Cybersicherheitsausgaben – und dem gesamten adressierbaren Markt, der mit geschätzten 1,5 bis 2 Billionen Dollar zehnmal so groß sei.[3]

Aktienerträge des Cybersicherheitssektors resistent

Schon seit einiger Zeit haben starke Nachfrageaussichten zu einer soliden Performance der Cybersicherheitsaktien geführt. Im dritten Quartal des vergangenen Jahres meldeten 88 Prozent der im Foxberry Tematica Research Cybersecurity & Data Privacy USD Net Total Return Index (FXBYCYBR) gelisteten Titel ein Umsatzwachstum im Vergleich zum Vorjahr.

Besonders hervorzuheben ist darunter das US-Unternehmen CrowdStrike, das einen jährlichen Nettoumsatz von 2,3 Milliarden US-Dollar (44 Prozent höher als im 3. Quartal 2021) und einen Anstieg der Zahl neuer Abonnementkunden um 44 Prozent im Vergleich zum Vorjahr meldete.[4]

2022 begannen viele Cybersecurity-Unternehmen zudem mit der Umsetzung einer aktionärsfreundlichen Politik, insbesondere mit der Verpflichtung zu Dividenden und Aktienrückkaufprogrammen. So erhöhte beispielsweise das Netzwerk-Sicherheitsunternehmen A10 Networks im dritten Quartal seine vierteljährliche Dividende um 20 Prozent und stockte sein Aktienrückkaufprogramm auf, indem es Aktien im Wert von 80 Millionen Dollar zurück erwarb und für das dritte Quartal eine Erhöhung der Rückkaufsgenehmigung um 50 Millionen Dollar ankündigte. 

M&A-Deals in Hülle und Fülle

Abgesehen davon war laut Bhushan im Jahr 2022 auch einen Anstieg der M&A-Aktivitäten im Bereich Cybersicherheit zu beobachten. Ein prominentes Beispiel sei die 5,4 Milliarden Dollar teure Übernahme des Informationssicherheitsunternehmens Mandiant durch Google im vergangenen September.

Daneben markierten der Kauf von VMWare durch Broadcom für 69,2 Mrd. US-Dollar und die Übernahmen von Sailpoint für 6,9 Mrd. US-Dollar und Ping Identity für 2,8 Mrd. US-Dollar durch die US-Beteiligungsgesellschaft Thoma Bravo weitere Höhepunkte.

„Es ist daneben wichtig zu wissen, dass der Cybersecurity-Sektor nicht völlig immun gegen die rezessiven Kräfte war, die die Märkte im vergangenen Jahr plagten. Angesichts der zunehmenden Kosteninflation beschlossen einige Unternehmen, ihre Kosten zu senken und sich auf ihr Kernangebot zu konzentrieren sowie manche Kunden ihre Ausgaben zurückstellten“, kommentiert Bhushan.

Vorteile von Cybersicherheitstiteln

Der daraus resultierende Überoptimismus hinsichtlich des Gewinnwachstums an der Wall Street habe in einigen Fällen die Aktienkursentwicklung beeinträchtigt. Bhushan verweist auf den Finanzdienstleister Bloomberg, das ein 12-Monats-Kurs-Gewinn-Verhältnis des CYBR-Index ermittelt habe, das inzwischen unter seinem Durchschnitt seit seiner Einführung vor drei Jahren liege.

Für den Mitgründer des auf thematische ETFs spezialisierten Emittenten Rize ETF stellt dies keinen Grund zur Besorgnis dar: „Dies bedeutet eine interessante Einstiegsmöglichkeit für Investoren. Die Unternehmen der Cybersicherheitsindustrie sind aus dem schwierigen Aktienjahr 2022 entweder schlanker und fokussierter oder aber stärker und größer hervorgegangen. Damit sind sie bestens positioniert.“

Der Cybersicherheitssektor weise faktisch ein attraktives Wachstumspotenzial gegenüber dem breiteren Technologiebereich auf, so Bushan weiter: „Insbesondere sehen wir eine erwartete Zunahme des Gewinns pro Aktie, die laut Bloomberg-Zahlen fast doppelt so hoch ist wie die des Nasdaq 100. Daneben stimmt das robuste Rentabilitätsprofil der Titel im unserem vom Forschungsdienstleister Tematica Research maßgeschneiderten Cybersicherheitsindex FXBYCYBR mit dem des Nasdaq 100 überein.“ 

Anmerkungen:

[1] Handelsblatt, https://www.handelsblatt.com/politik/international/ukraine-krieg-prorussische-hacker-drohen-mit-vergeltung-fuer-leopard-entscheidung/28943106.html

[2] MarketsandMarkets, https://www.marketsandmarkets.com/Market-Reports/cyber-security-market-505.html

[3] McKinsey, https://www.mckinsey.com/capabilities/risk-and-resilience/our-insights/cybersecurity/new-survey-reveals-2-trillion-dollar-market-opportunity-for-cybersecurity-technology-and-service-providers 

[4] CrowdStrike, https://ir.crowdstrike.com/news-releases/news-release-details/crowdstrike-reports-third-quarter-fiscal-year-2022-financial/