Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im Januar 2023 um 3,2 Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken. Im Dezember 2022 war sie hingegen noch um 3,1 Prozent gegenüber November 2022 gestiegen.
Bei den Ergebnissen ist zu berücksichtigen, dass die Verfahren erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik einfließen. Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liegt in vielen Fällen annähernd drei Monate davor.
Die Insolvenzstatistik bildet nur Geschäftsaufgaben ab, die im Zuge eines Insolvenzverfahrens ablaufen, nicht jedoch solche aus anderen Gründen beziehungsweise vor Eintritt akuter Zahlungsschwierigkeiten. Diese und weitere Hinweise sind bei der Interpretation der Insolvenzstatistiken zu beachten.
Mehr Unternehmensinsolvenzen im November 2022
Im November 2022 haben die deutschen Amtsgerichte nach endgültigen Ergebnissen 1.312 beantragte Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Das bedeutet einen Anstieg um ein Fünftel (19,9 Prozent) gegenüber November 2021. Bereits im Oktober war die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 17,9 Prozent angestiegen.
Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus den im November 2022 gemeldeten Unternehmensinsolvenzen bezifferten die Amtsgerichte auf knapp 1,5 Milliarden Euro. Im November 2021 hatten die Forderungen bei rund 0,5 Milliarden Euro gelegen.
Die meisten Unternehmensinsolvenzen gab es im November 2022 im Baugewerbe mit 237 Fällen (November 2021: 205; +15,6 Prozent). Es folgte der Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) mit 207 Verfahren (November 2021: 172; +20,3 Prozent).
Weniger Verbraucherinsolvenzen
Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen ist im November 2022 um 5,8 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat gesunken. Die Entwicklung der Verbraucherinsolvenzen ist seit Mitte 2020 im Zusammenhang mit einem Gesetz zur schrittweisen Verkürzung von Restschuldbefreiungsverfahren von sechs auf drei Jahre zu betrachten.
Die Neuregelung gilt für seit dem 1. Oktober 2020 beantragte Verbraucherinsolvenzverfahren. Sie ermöglicht den Betroffenen einen schnelleren wirtschaftlichen Neuanfang im Anschluss an ein Insolvenzverfahren. Daher ist davon auszugehen, dass viele überschuldete Privatpersonen ihren Insolvenzantrag zunächst zurückhielten, um von der Neuregelung zu profitieren. Dieser Nachholeffekt sorgte ab Anfang 2021 für einen starken Anstieg der Verbraucherinsolvenzen und scheint inzwischen beendet.
Methodische Hinweise:
Die vorläufigen monatlichen Angaben zu Regelinsolvenzverfahren, hier für Januar 2023, basieren auf aktuellen Insolvenzbekanntmachungen aller Amtsgerichte in Deutschland. Sie weisen noch nicht die methodische Reife und Belastbarkeit amtlicher Statistiken auf und zählen daher zu den experimentellen Daten. Als Frühindikator gibt die Zahl der beantragten Regelinsolvenzverfahren jedoch Hinweise auf die Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen nach der amtlichen Insolvenzstatistik, deren Ergebnisse erst rund zwei Monate später verfügbar sind.
Von den Insolvenzverfahren in Deutschland sind rund 30 Prozent Regelinsolvenzverfahren, zu denen in erster Linie alle Verfahren von Unternehmen zählen (rund 55 Prozent aller Regelinsolvenzverfahren). Außerdem findet das Regelinsolvenzverfahren Anwendung bei Personen, die wirtschaftlich tätig sind. Zusätzlich werden beim Frühindikator aus technischen Gründen auch die Nachlass- und Gesamtgutinsolvenzverfahren miteinbezogen.
Die Insolvenzstatistik erfasst keine Unternehmensschließungen, die unabhängig von einer Insolvenzantragspflicht aus anderen Gründen erfolgen.
Sonderregelungen in den Jahren 2020 und 2021
Beim zeitlichen Vergleich der Insolvenzzahlen für Unternehmen ist zu beachten, dass das Insolvenzgeschehen in den Jahren 2020 und 2021 von Sonderregelungen geprägt war. Von Anfang März 2020 bis Mai 2021 war die Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen infolge der Corona-Pandemie ganz oder teilweise ausgesetzt. Beruhte der Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf den Auswirkungen der Starkregenfälle oder des Hochwassers im Juli 2021, war die Insolvenzantragspflicht bis 31. Januar 2022 ausgesetzt.
Weitere wichtige Hinweise zur Interpretation und Vergleichbarkeit der Insolvenzstatistiken bietet der Bereich „Methoden“ auf der Themenseite „Gewerbemeldungen und Insolvenzen“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes.
Weitere Informationen
Detaillierte Daten können über die Tabellen 52411 (Insolvenzen) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden. Weitere Ergebnisse und methodische Hinweise bietet die Fachserie 2, Reihe 4.1.
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