Pandemie, Krieg, Inflation – auch die starke deutsche Ökonomie bleibt von globalen Krisen natürlich nicht unberührt. Wie die Wachstumskraft des deutschen Mittelstands ins Stocken geraten ist und was Entscheider tun müssen, um den Wirtschaftsmotor wieder zum Laufen zu bringen.
Ein Kommentar von Dirk Kreuter, Verkaufstrainer und Unternehmensberater
Worum beneiden ausländische Unternehmer und Ökonomen uns Deutsche am meisten? Ist es unsere Neigung, immer groß zu denken? Nein. Ist es die Bereitschaft, häufig ins Risiko zu gehen, wenn die Aussicht auf Erfolg stimmt? Ganz sicher nicht. Es sind auch nicht mehr die vielzitierten deutschen Tugenden wie Fleiß oder Pünktlichkeit – zu sehr hat sich der internationale Markt dahingehend angepasst, ganz abgesehen davon, dass der Mythos auch hierzulande zusehends bröckelt.
Was ist es dann? Ganz einfach: der Mittelstand. Nirgendwo sonst auf der Welt besteht ein so großes Geflecht an Unternehmen, die jeweils zwischen drei und 50 Millionen Euro Umsatz machen, zehn bis 250 Mitarbeiter beschäftigen und damit in ihrer Summe imstande sind, eine gesamte Wirtschaftsnation auf ihren Schultern zu tragen.
Umso tragischer, wenn dieses Alleinstellungsmerkmal nicht nur seine ökonomische Wucht verliert, sondern die Nase gen Boden zu richten und zum Sturzflug anzusetzen scheint. Ausnahmesituation um Ausnahmesituation schüttelten den Jet, der seit Jahren auf Überschallgeschwindigkeit in immer neue Höhen unterwegs war, ordentlich durch und nun
könnte die andauernde Inflation sogar einige Piloten dazu zwingen, den Schleudersitz zu betätigen. Doch Fliegerasse finden auch bei stärksten Turbulenzen noch einen Weg zurück in die Angriffsposition.
Hausgemachte Krise
Blicken Politiker oder selbst ernannte Ökonomen auf die derzeitige Situation, argumentieren sie regelmäßig mit dem Faktor Pech – und bis zu einem gewissen Grad haben sie damit recht: Niemand hätte eine Pandemie diesen Ausmaßes oder einen Krieg auf dem europäischen Kontinent vorhersagen können.
Wie allerdings von höchster Stelle mit diesen globalen Krisen in Deutschland umgegangen wurde, zeugte weder von wirtschaftlicher Expertise noch von dem Willen, den höchsteigenen Leistungsmotor am Laufen zu halten. Es wirkte, als ließe man sich keine Möglichkeit entgehen, erfolgreichen Unternehmern Knüppel zwischen die Beine zu werfen – und je besser es einem Entscheider gelang, sein Schiff durch die rauen Gewässer zu manövrieren, desto größer fielen die Knüppel aus.
Im Vergleich zu anderen Ländern, die eine derartige Kultur ohnehin schon deutlich stärker etabliert hatten als wir, belohnt Deutschland echte Leistung eben einfach nicht mehr. Politische Entscheidungen dieser Art führen dazu, dass dieser Standort erheblich an Attraktivität verliert – sowohl für konzerngesteuerte Investitionen als auch für hoch qualifizierte Fachkräfte. Und darunter leidet auch der Mittelstand.
Schluss mit den Ausreden
Beim Thema anhaltende Inflation sind Staat und beratende Experten ebenfalls um keine Rechtfertigung verlegen. Zunächst ging die Schuld an die Pandemie, dann an Putins Angriffskrieg. Einfach nichts zu machen. Doch während Unternehmern nichts anderes übrigbleibt, als diese Ausreden so hinzunehmen, darf es zumindest auf dem eigenen Kurs keine weiteren geben.
Wer es sich als Mittelständler nun in der Opferrolle zu bequem macht, nicht aus dem Hadern herauskommt über Krise und Staat, der findet sich schneller am unteren Ende der Nahrungskette wieder, als ihm lieb ist. Als fatal – und in Deutschland im gleichen Maße verbreitet, wie sie im wirtschaftlichen Ausland berühmt ist – erweist sich die German Angst. Eine antrainierte Unfähigkeit, risikoreiche, aber dafür potenziell gewinnbringende Manöver zu fahren.
Das Bedürfnis, sich lieber klein zu machen, zusammenzukauern und den Sturm vorüberziehen zu lassen, als sich ihm mit breiter Brust entgegenzustellen. Was deutsche Unternehmer endlich lernen müssen: Small is – entgegen der These von Ernst Friedrich Schumacher – never beautiful! Und wer noch als Kleiner in diese Krise gegangen ist, sollte sich schnellstmöglich daran machen, zu wachsen, um ihr Ende überhaupt noch zu erleben.
Wie heißt das Zauberwort?
Konkurrenzkampf ist in einer Marktwirtschaft nicht wegzudenken und, dass sich dieser in einer wirtschaftlichen Krise noch verstärkt, ist nur logisch. Dabei kommt es nicht darauf an, wer als der Größte, der Stärkste oder der Schlauste daherkommt, sondern einzig und allein darauf, wer sich am besten an neue Gegebenheiten anpassen kann.
Unternehmen, die in der Krise entgegen aller Widrigkeiten wachsen, während sich andere verkleinern, überleben. Doch wie gelingt dies schnellstmöglich? Das Zauberwort heißt Skalierung – und die vollzieht sich in drei essenziellen Schritten:
Steigerung der Nachfrage durch mehr Sichtbarkeit, Konvertieren dieses Interesses in Umsatz durch Abschlüsse von Kaufverträgen und – sollte es so weit sein, dass es mehr Nachfrage gibt, als bedient werden kann – Multiplikation, Duplikation und Automation des Geschäftsmodells.
Was komplex klingt, ist es tatsächlich auch; und Unternehmer, die mit dieser Methodik keine Erfahrung haben, bekommen nicht selten Probleme. Hier müssen qualifizierte Fachleute aus der Praxis ans Werk, die beraten, ihr Wissen teilen und mit Blaupausen ihrer eigenen Erfolgsgeschichte aufwarten können. Mit einer solchen Unterstützung schaffen es Mittelständler durch die Krise und Deutschlands Wirtschaftsmotor kommt wieder ins Rollen.
Zum Autor
Dirk Kreuter ist Europas bekanntester Verkaufstrainer. In den letzten 32 Jahren verhalf er sowohl DAX-Konzernen als auch kleinen und mittelständischen Unternehmen zu Millionenumsätzen. 2016 änderte er seinen Fokus und konzentriert sich seitdem auf offene Seminare. Kreuter ist Autor, Co-Autor und Mitherausgeber von über 30 Fachbüchern, DVDs, E-Books, Newslettern und Hörbüchern, die bereits in mehreren Ländern erschienen sind. Sein aktuelles Werk „Unfaire digitale Dominanz“ erschien Anfang des Jahres im hauseigenen BV Bestseller Verlag.
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