Kfz-Versicherung: Vom richtigen Umgang mit wechselbereiten Kunden

© Björn Wylezich – stock.adobe.com

Autoversicherungen sind ein durchaus lukratives, zugleich ein besonders wettbewerbsintensives Geschäft. Letzteres wissen viele Versicherungskunden für sich zu nutzen: Die Wechselbereitschaften und die Wechselquoten sind in der Kfz-Sparte im Vergleich zu anderen Versicherungssparten deutlich erhöht.

Für die Kfz-Versicherer gilt es – zwecks Gewinnung von Neukunden oder zwecks Wechselprävention – die Customer Journey der grundsätzlich wechselaffinen Kunden mit ihren verschiedenen Stationen genau zu kennen. Und entsprechend zu berücksichtigen. Aktuell zeigt sich hier beispielsweise: Kunden informieren sich aktiver und ausführlicher vor dem Abschluss. Im Vergleich zu den Vorjahren nutzen die wechselbereiten Kfz-Versicherungskunden mehr Informationsquellen, beziehen mehr Anbieter in ihre Entscheidungsfindung ein und holen öfter aktiv Angebote ein.

In puncto Abschlusswege gilt: Dominant in der Kfz-Sparte bleibt das Internet – nicht nur als
Informationskanal, sondern auch als direkter Abschlussweg (Online-Abschlüsse über Vergleichsseiten oder Anbieter-Homepages: 57 Prozent; zum Vergleich: Berater insgesamt: 39 Prozent). Persönliche Beratung wird im Informations- und Entscheidungsprozess von den Kunden seltener als früher genutzt. Berater (Vertreter, Makler) sind aber weiterhin besonders starke und erfolgreiche Wechseltreiber – vor allem dann, wenn die Beratung von den Kunden als kompetent, objektiv und fair erlebt wird.

Vorteile hat daher, wer als Anbieter im „Relevant Set“ der wechselbereiten Kfz-Kunden gut verankert ist. Und – als bisheriger Versicherer – vertrauensvolle Kundenbeziehungen pflegt und möglichen Tarifwechseln und Optimierungen nicht im Wege steht.

Bisherige Versicherer werden zunehmend aufgefordert, neues Angebot abzugeben Jeder zweite wechselinteressierte Kfz-Versicherungskunde, der in der Informations- und Entscheidungsphase aktiv Angebote verschiedener Versicherer einholt, bittet auch den bisherigen Kfz-Versicherer um ein Neu-Angebot. Dies sind deutlich mehr als in den Vorjahren (2022: 52 Prozent; 2019: 35 Prozent). Dem verbreiteten „Anbieter-Hopping“ lässt sich seitens der Produktgeber also mit vorausschauenden Maßnahmen durchaus entgegenwirken. Und die „Kfz-Wechselfreude“ der Kunden über attraktive Bindungsangebote und flexible Tarifwechselangebote senken.

Online-Abschlüsse dominieren – Berater bleiben wichtige Wechseltreiber

Die aktuelle Studie «Customer Journey zur Kfz-Versicherung» (Ausgabe 2022) des Marktforschungs- und Beratungsinstituts HEUTE UND MORGEN befragte über 500 erwachsenen Bundesbürger und differenziert in ihrer repräsentativen Umfrage differenziert in zwei Gruppen:

  1. Kfz-Versicherungskunden, die in den letzten 12 Monaten ihre Kfz-Versicherung gewechselt haben (Wechsler) und
  2. Kfz-Versicherungskunden, die sich ebenfalls aktiv zwecks möglichem Anbieter-Wechsel informiert haben, am Ende des Prozesses aber keinen Anbieter-Wechsel vollzogen haben (Wechselbereite ohne Anbieter-Wechsel).

Neben aktuellen Aspekten der verschiedenen Phasen und Kontaktpunkte auf der Customer Journey in der Kfz-Versicherung werden dabei auch Entwicklungstrends im Vergleich zu den Studien aus den Vorjahren 2019 sowie 2016 beleuchtet.

Dr. Michaela Brocke, Geschäftsführerin bei HEUTE UND MORGENE unterstreicht, dass ein fundiertes Prozess-Verständnis der Customer Journey bei Kfz-Versicherungswechseln die Ableitung wirksamer Strategien zur Gewinnung neuer Marktanteile ermögliche und zugleich der Bestandskundenbindung beziehungsweise Wechselprävention diene. Je nach spezifischen Positionierungszielen und Vertriebsstrukturen der Anbieter können sich solche Strategien in ihrer Architektur deutlich unterscheiden.

Der Prozess beim Kfz-Versicherungswechsel

Der detaillierte Blick auf die verschiedenen Stationen und Kontaktpunkte der Customer Journey in der Kfz-Sparte zeigt unter anderem: Zentraler Auslöser dafür, den Wechsel der bisherigen Kfz-Versicherung zu erwägen, ist in rund 8 von 10 Fällen die Unzufriedenheit mit dem Preis beziehungsweise die Aussicht auf finanzielle Ersparnisse (78 Prozent). Andere Gründe, wie Unzufriedenheit mit dem Service des bisherigen Anbieters, spielen demgegenüber nur eine untergeordnete Rolle. Zugleich gewinnen werbliche Maßnahmen konkurrierender Anbieter als Anschub für eine Auseinandersetzung mit der eigenen Kfz-Versicherung an Bedeutung.

In der Informationsphase bleibt das Internet die mit Abstand am häufigsten genutzte Quelle auf der Suche nach Kfz-Versicherungen. 85 Prozent aller Wechselinteressierten greifen darauf zurück. Eine zentrale Rolle spielen dabei weiterhin die Vergleichsportale (allen voran Check24) – gegenüber den Vorjahren jedoch mit rückläufiger Tendenz. Gleichzeitig steigt die Anzahl der in der Informationsphase insgesamt genutzten Kontaktpunkte.

Auch die Zahl der Anbieter im „Relevant Set“ der Kunden wächst: Es werden mehr Anbieter bei der Suche berücksichtigt als noch in den Vorjahren. Wechselinteressierte gehen zudem aktiver bei ihrer Suche vor: Mehr als jeder Dritte holt in der Informationsphase aktiv Angebote bei (verschiedenen) Produktgebern ein. Im Vergleich zu den Vorjahren eine sehr deutliche Zunahme (2022: 36 Prozent; 2019: 21 Prozent). Insgesamt ist in diesem Kontext feststellbar: Wechselinteressierte nehmen sich aktuell mehr Zeit für ihre Wechsel-Entscheidung als noch vor einigen Jahren.

In der „Entscheidungsphase“ werden persönliche Beratungsgespräche zunehmend seltener genutzt. Zugleich bleiben die Berater aber ein starker Wechseltreiber. Customer Journeys, die ausschließlich über das Internet verlaufen, führen – in Relation zur Nutzung – vergleichsweise seltener zu Abschlüssen. Das Internet kann teilweise also auch ein Wechsel-Hemmer sein.

Online-Abschlüsse weiter auf hohem Niveau

Beim „Abschluss“ selbst ist das Internet für die Wechsler weiterhin das Top-Medium (57 Prozent) – insbesondere über Vergleichsportale und Anbieter-Homepages. Verglichen mit den rasanten Zuwachszahlen an Online-Abschlüssen bis vor 2015, stagniert dieser Trend aktuell auf hohem Niveau (2019: 60 Prozent Online-Abschlüsse).

Mehr als jeder dritte Kfz-Wechsler (39 Prozent) schließt hingegen weiterhin bei Beratern ab (2019: 36 Prozent). Der telefonische Kontaktweg nimmt dabei – teils wohl auch Pandemie-bedingt – zu, der unmittelbar persönliche hingegen etwas ab. Berater sind dabei starke Wechseltreiber mit hohen Abschlusserfolgsquoten. Versicherungsvertreter können ihre Position bei den Abschlüssen gegenüber den freien Maklern ausbauen.

Gründe, nicht zu wechseln und Wechselprävention

Als vorherrschende Gründe für den Nicht-Wechsel des Anbieters am Ende der Customer Journey nennen die meisten der ursprünglich aktiv Wechselinteressierten, die Erfahrung, dass man sich im Preis-Leistungs-Verhältnis, oder auch allein beim Preis, gegenüber dem bisherigen Anbieter nicht verbessern kann. Seltener wird von den Nicht-Wechslern als Grund das fortbestehende Anbietervertrauen (22 Prozent) genannt, das dem Wechsel im Wege steht.

Die Bestandskundenpflege werde im Vergleich zur Neukundengewinnung trotz manch positiver Entwicklung immer noch vernachlässigt, so Cathrin Cramer, Studienleiterin bei HEUTE UND MORGEN. Sie berichtet:

Viele Kunden sind heute aber längst nicht mehr so bequem oder markengebunden wie noch vor Jahren. Sie erwarten beispielsweise Treuerabatte und aktive Hinweise auf verbesserte Konditionen neuer Policen.

Darüber hinaus stelle der zunehmende Kauf von E-Autos in der Stammkundschaft die Versicherer vor neue Herausforderungen, zumal hier spezialisierte Anbieter oder auch die E-Autobauer neu in den Markt drängen.

Aktuelle Anbieterpräferenzen beim Kfz-Wechsel

Aktuell liegen bei den untersuchten Wechslern des Kfz-Versicherungsanbieters HUK (HUK 24 und HUK-Coburg), Allianz, ADAC und VHV vorn (Top 5). Im Einzelvergleich mit HUK 24 und HUK-Coburg hat die Allianz die Nase in der Untersuchungsstichprobe vorn. Zugleich hat der ADAC in den letzten Jahren als Anbieter für Kfz-Versicherungen am stärksten hinzugewonnen.

Wer in der kommenden Wechselsaison 2022 / 2023 anbieterseitig zu den Gewinnern und den Verlierern im umkämpften Kfz-Versicherungsmarkt zählen wird, ist derzeit noch völlig offen. Die vorliegende Studie liefert den Versicherern zahlreiche Erkenntnisse und Tipps, sich bestmöglich zu positionieren.

Weitere Studieninformationen und Studienbestellung

Die rund 70-seitige Studie «Customer Journey zur Kfz-Versicherung 2022» kann ab sofort über HEUTE UND MORGEN bezogen werden (kostenpflichtig). Die Studie erhält umfangreiche weitere Ergebnisse und Detailanalysen zu einzelnen Erfolgstreibern und Hürden an den wichtigsten Stationen der Kundenreise bis zum Produktabschluss. Zudem werden ausführliche Entwicklungsvergleiche zu den Vorjahren angestellt und Hinweise für Marketing und Vertrieb sowie für Kunden-Neugewinnung und Wechselprävention geliefert.

Bild (2): © HEUTE UND MORGEN GmbH