Weitreichende Tarifbewertungen und Ratings sind ein fester Bestandteil eines professionellen und umfassenden Beratungsprozesses. Höchstbewertungen und Top-Platzierungen auf Basis verschiedenster Bewertungskriterien unterstreichen die Qualität eines Leistungsangebots in vielerlei Hinsicht. Sie geben somit eine wichtige Orientierung bei den Auswertungen der unterschiedlichsten Vergleichsrechner. Doch wie sieht es mit den breit gefächerten Assistance-Leistungen aus, die häufig ein fester Bestandteil der Absicherungskonzepte sind?
Ein Gespräch mit Marcus Stephan, Vorstand InterRisk Versicherungen, über dieses interessante Spannungsfeld.
Herr Stephan, wie wichtig sind moderne Assistance-Leistungen heutzutage grundsätzlich?
Marcus Stephan: Grundsätzlich orientiert sich die Beratung an den Wünschen und Bedürfnissen eines Kunden mit dem Ziel, dafür den geeigneten Versicherungsschutz zu erhalten. Deswegen kann das Thema Assistance- und Zusatzleistung natürlich nicht losgelöst betrachtet werden. Nichtsdestotrotz können diese auch leistungsstarke Versicherungstarife ideal ergänzen und damit spürbaren und vor allem erlebbaren Zusatznutzen stiften. Es geht einfach darum, im Fall der Fälle einen Partner an der Seite zu haben, der einerseits 24 Stunden erreichbar ist und als Ansprechpartner zur Seite steht und andererseits umgehende Unterstützungsleistung organisiert und die zusätzlich anfallenden Kosten übernimmt.
Wenn Sie sich nur mal überlegen, wie schwierig es ist, sich einen Kaffee zuzubereiten, wenn Sie an zwei Krücken gehen müssen und aufgrund einer Sprunggelenksfraktur einige Zeit lang einen Fuß gar nicht belasten dürfen, dann erhalten meines Erachtens Zusatzleistungen wie „fahrbarer Mittagstisch“, Einkaufsservice oder Fahrdienste eine ganz andere Gewichtung: Die tägliche Versorgung mit einer warmen Mahlzeit oder der Einkauf und Erledigung notwendiger Besorgungen sowie die Fahrten zur Physio et cetera sind einfach gewährleistet.
Dies gilt insbesondere für Alleinstehende. Ist man auf derartige Unterstützung für einige Zeit angewiesen, so kommen schnell einige Tausend Euro zusammen, die dann zusätzlich zu einer etwaigen Invaliditätsleistung übernommen werden. Übrigens: In der Regel erfolgt der Anspruch auf derartige Leistungen, ohne dass ein Invaliditätsgrad festgestellt werden muss. Das bedeutet, der Anspruch entsteht, sobald „der Unfallbegriff erfüllt ist“. Dies ist umso wichtiger, als der Bedarf an Unterstützungsleistung beim Kunden direkt nach seinem Unfall entsteht und nicht erst zeitversetzt, wenn eine etwaige Invalidität festgestellt ist.
Mehrwerte runden leistungsstarke Versicherungstarife, zum Beispiel in der Unfall- oder auch Pflegefallabsicherung, erst richtig ab. Wie gut werden diese Add-ons in den vergleichenden Tarifbewertungen berücksichtigt?
Ohne Vergleichsrechner zu arbeiten und zu beraten, ist in der heutigen Zeit für ungebundene Vermittler gar nicht mehr vorstellbar, da die Produktentwicklungszyklen immer kürzer geworden sind, das Tarifangebot der Versicherer demnach um ein Vielfaches angestiegen ist und Nuancen in den Bedingungswerken ausschlaggebend für die Leistung sein können. Insofern haben Vergleichsrechner sicherlich stark dazu beigetragen, dass die Produkt- und Bedingungsqualität in den meisten Bereichen extrem hoch ist. In Bezug auf diese „Add-ons“ muss allerdings festgestellt werden, dass hierauf bislang kein Fokus gelegt wurde, sich die Leistungen aber durchaus stark voneinander unterscheiden können.
Wenn nun Tarifangebote durch das Raster fallen und bei Tarifanalysen keine Beachtung finden, fehlen diese Lösungen, um das Kundenbedürfnis umfänglich abzubilden. Haben Sie ein konkretes Beispiel dafür?
Die Bedürfnisse der Kunden differieren und jeder Kunde und jede Kundin gewichtet „Add-ons“ unterschiedlich. Meist auch, weil der Mehrwert und etwaige finanzielle Belastungen, die im Fall der Fälle auf einen zukommen können, nicht bewusst sind. Aber nehmen wir ein tatsächliches Beispiel: Taucherunfall auf den Philippinen. Medizinisch notwendiger Rücktransport nach Deutschland erforderlich. Nach einem derartigen Tauchunfall konnte der Verunfallte nicht mit einer Linienmaschine in normaler Flughöhe transportiert werden. Lösung: Anruf bei der 24-Stunden-Hotline, Organisation eines Flugzeugs und Abstimmung der gesonderten Flugroute von den Philippinen nach Deutschland ohne Überschreitung der medizinisch zulässigen Flughöhe. Kosten allein dafür über 50.000 Euro.
Und in Ergänzung gerne noch ein weiteres, alltäglicheres Beispiel: Alleinerziehende Mutter stürzt auf dem Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad und erleidet eine Schultereckgelenkssprengung und muss operiert werden. Die Kinderbetreuung ab dem ersten Tag sowie eine Haushaltshilfe für die ersten Tage zu Hause wurde organisiert. Das Kind wurde täglich zur Schule gebracht und wieder abgeholt. Kosten über
4.000 Euro. Wichtig: Es war nur die Mutter (Aufsichtsperson muss nicht zwingend Vater oder Mutter sein, zum Beispiel auch Großeltern oder Tante et cetera) versichert, nicht aber das Kind.
Wie kann der Anspruch „Ein Produktangebot für jeden Bedarf“ trotzdem im Kundengespräch erfüllt werden?
Meines Erachtens kommt es darauf an, Kunden überhaupt für den Mehrwert von Assistance- und Zusatzleistungen zu begeistern und nicht nur auf die Prämie zu schauen. Es gibt genügend Leistungsbeispiele, die den tatsächlichen Kundennutzen transportieren und Kunden einen Eindruck davon geben können, welchen Schutz und welche Unterstützungsleistungen sie erwarten können.
Die Erfahrung zeigt, dass das Invest, den Kunden neben dem Preis- und Bedingungsvergleich über genau diese Mehrwerte zu informieren, vom Kunden in mehrfacher Hinsicht geschätzt wird: wahrgenommene Beratungsqualität und die Empfindung, das richtige Produkt gewählt zu haben, weil die aufgeführten Praxisbeispiele nachhaltig(er) in Erinnerung bleiben als der reine Preis- und Bedingungsvergleich sowie ein Verständnis für die Preisgestaltung, berücksichtigt man die Relation der zu zahlenden Beiträge zu den eben genannten Unterstützungsleistungen und Kostenübernahmen.
Praxisbeispiele zeigen, wie wichtig Assistance-Services beim Unfallschutz sind. Wie gestaltet die InterRisk ihr Leistungsangebot erlebbarer?
Versicherungsprodukte haben grundsätzlich das Problem, dass sie wenig erlebbar sind: Man schließt sie in der Hoffnung ab, sie nie zu brauchen, und hofft, dass sie leisten, wenn etwas passiert. Wir versuchen in der Produktgestaltung vom Kunden aus zu denken und die diversen Bedürfnisse abzubilden.
"Erlebbarkeit“ lässt sich natürlich am besten im Leistungsfall erzeugen. Einerseits, indem die Abwicklung problemlos erfolgt und den Erwartungen des Kunden entspricht. Andererseits aber auch in der Form, dass, wenn Kunden überrascht sind, wir im Leistungsfall auch auf mögliche Unterstützungsleistungen hinweisen: Frau meldet eine Sprunggelenksfraktur und die Notwendigkeit, zwei Monate nicht belasten zu dürfen. Das größte Problem für sie war nicht die Verletzung an sich, da sie wusste, dass alles wieder heilen wird. Ihr größtes Problem war, dass sie alleinstehend war und ihre alleinstehende Mutter pflegt, was sie durch den Unfall nicht mehr bewerkstelligen konnte. Ihre größte Sorge war, was nun aus ihrer Mutter würde. Lösung: Organisation einer Pflegekraft und Übernahme der anfallenden Kosten. Des Weiteren wurde der Service der täglichen Versorgung mit einer warmen Mahlzeit sowie des Einkaufs notwendiger Dinge genutzt.
Die Kundin war darüber so glücklich, dass ihre Mutter versorgt und in guten Händen war. Diese Leistung wird meines Erachtens immer wichtiger, da mehr als 50 Prozent der über 4 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland zu Hause und oft von den Kindern oder Partnern (mit)gepflegt werden.
Apropos Unfallschutz: Gibt es hierzu bei der InterRisk etwas Neues?
Danke der Nachfrage (Schmunzeln). Nicht ganz neu, aber unsere Unfallrente wurde im vergangenen Jahr zu einem der innovativsten Versicherungsprodukte Deutschlands ausgezeichnet. Warum? Weil sie neben der unfallbedingten Invalidität auch schon ab einem unfallbedingten Pflegegrad 2 100 Prozent der versicherten Rente ein Leben lang zahlt. Berücksichtigt man, dass der Medizinische Dienst der Krankenkassen über den Pflegegrad binnen 25 Arbeitstagen entscheiden muss, so ist eine zeitnahe Rentenzahlung im Fall der Fälle zu erwarten. Gepaart mit den bereits eben beschriebenen Assistance- und Zusatzleistungen, ein absolut interessantes Absicherungspaket für all diejenigen, die keine Pflegerenten- oder Pflegetagegeldversicherung (mehr) abschließen können.
Somit kann ab dem unfallbedingten Pflegegrad 2 der Eigenanteil an den Pflegekosten reduziert werden. Das Beste: Genau wie unsere Unfallversicherung mit Kapitalleistung kann auch die Unfallrente ohne Begrenzung des Höchstalters abgeschlossen werden, und das zu höchst attraktiven Prämien.
Herr Stephan, vielen Dank für das Gespräch.
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