Versicherungsschutz bei fehlerhaftem Handeln des Versicherungsmaklers

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Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Frage zu befassen gehabt, ob ein Versicherungsmakler pflichtwidrig gehandelt hat, indem er es unterlassen hat, ein bestimmtes Risiko abzudecken. Zu klären war in diesem Zusammenhang die Frage, ob der Versicherungsnehmer dennoch für dieses Risiko Versicherungsschutz erhalten konnte.

Ein Beitrag von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht, Gewerblichen Schutz und Informationstechnologierecht, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB

Björn Thorben M. Jöhnke, Rechtsanwalt, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB

Der klagende Versicherungsnehmer, der als selbständiger Ofenbaumeister tätig ist, verlangt von dem Beklagten als Versicherungsmakler im Wege der Feststellungsklage Schadensersatz. Denn der Makler habe ihm eine Betriebshaftpflichtversicherung vermittelt, die keine Schäden aus Fliesenlegerarbeiten abdeckt. Aus diesem Grund lehnte der Versicherer die Deckung für einen vom Versicherungsnehmer bei solchen Arbeiten angeblich verursachten Schaden ab.

Der vom Versicherungsmakler vermittelten Versicherung liegt eine „Deckungsnote“ zugrunde, in der als ausgeübtes Handwerk „Ofensetzer“ angegeben ist. Vor der Weiterleitung an den Versicherer fügte der beklagte Makler handschriftlich den Zusatz „incl. zugehöriger Fliesenarbeiten“ ein. Der vom Versicherer ausgestellte Versicherungsschein weist als Versicherungsbeginn den 03. September 2009 aus. Laut Versicherungsschein sind versicherte Risiken „Kamin-, Ofen- und Herdsetzer, Feuerungs- und Luftheizungsbau“.

Der Versicherungsfall ist in den der Versicherung zugrunde liegenden Bedingungen des Versicherers (im Folgenden: AHB) in Ziffer 1.1 AHB geregelt:

„Versicherungsschutz besteht im Rahmen des versicherten Risikos für den Fall, dass der Versicherungsnehmer wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadenereignisses (Versicherungsfall), das einen Personen-, Sach- oder sich daraus ergebenden Vermögensschaden zur Folge hatte, aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.

Schadenereignis ist das Ereignis, als dessen Folge die Schädigung des Dritten unmittelbar entstanden ist. Auf den Zeitpunkt der Schadenverursachung, die zum Schadenereignis geführt hat, kommt es nicht an.“

Der Kläger meldete am 25. November 2009 einen Schadensfall. Er habe im Juli 2009 im Keller eines Gebäudes, in dem sich Maschinen einer Dialysepraxis befänden, eine Podestfläche und einen Pumpensumpf, in den ständig Wasser einlaufe, abgedichtet und eingefliest. Die von ihm eingebaute Abdichtung des Pumpensumpfes habe sich gelöst, so dass sich unterhalb des Einlaufrohres eine Leckage gebildet habe und ständig Wasser ausgetreten sei, wodurch der Keller unter dem Estrich sowie Wände und Fahrstuhlschächte durchnässt worden seien. Der Wasseraustritt sei erstmals am 07. November 2009 bemerkt worden.

Die Regulierung des Schadens lehnte der Versicherer mit der Begründung ab, dass Schäden im Zusammenhang mit der Durchführung von Fliesenarbeiten vom Versicherungsschutz nicht umfasst seien. Die Abdichtung des Pumpensumpfes und anschließende Verfliesung falle in das Risiko eines Fliesenlegerbetriebs.

Das Landgericht Frankfurt (oder) hatte den Versicherungsmakler dazu verurteilt, den Kläger so zu stellen, als hätte er Betriebshaftpflicht-Versicherungsschutz für Fliesenlegerarbeiten gehabt. Das Oberlandesgericht Brandenburg wies die Berufung des beklagten Versicherungsmaklers zurück. Gegen das Berufungsurteil richtete sich die Revision des Beklagten zum Bundesberichtshof.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH (Urt. v. 26.03.2014 – IV ZR 422/12). hat entschieden, dass der Feststellungsantrag zulässig sei. Danach wäre der Versicherungsmakler als Beklagter gemäß § 249 Abs. 1 BGB verpflichtet, den Zustand herzustellen, der bestünde, wenn er dem Kläger auch Betriebshaftpflicht-Versicherungsschutz für Fliesenarbeiten vermittelt hätte (sogenannte Quasideckung). Doch dem Versicherer stehe bei bestehendem Versicherungsschutz ein Wahlrecht zu, ob er die Haftpflichtansprüche reguliert oder Abwehrschutz erteilt. Der Versicherungsnehmer könne daher nicht auf Leistung, sondern nur auf Feststellung des Versicherungsschutzes klagen. Dieses Wahlrecht stehe im Falle einer Haftung des Beklagten auch diesem zu, so der BGH.

Der BGH führte weiter aus, dass im Rahmen der weitgehenden Pflichten eines Versicherungsmaklers als treuhänderischem Sachwalter des Versicherungsnehmers eine Pflichtverletzung des Beklagten selbst auf der Grundlage seines eigenen Sachvortrags gegeben sei. Einer Beweisaufnahme bedürfe es daher nicht. Es sei schon ein ausreichender Anlass zu einer Nachfrage durch den Vermittler, wenn der Versicherungsnehmer dem Makler nur den Hinweis gegeben habe, dass er als Ofenbauer aber auch mal Fliesen kleben müsse. Ohnehin seien etwaige Fliesenarbeiten im Zusammenhang mit dem Ofensetzerhandwerk mitversichert gewesen.

Nach Auffassung des BGH habe der Beklagte dem Kläger jedoch zwingend erklären müssen, dass es wesentlich sei, ob er gelegentlich oder auch selbständige Fliesenarbeiten erbringt, was dann eines gesonderten Versicherungsschutzes bedurft hätte. Dies schließe zugleich auch ein etwaiges Mitverschulden des Klägers aus.

Der Versicherungsfall ist eingetreten!

Im Streitfall sei die Regelung des Ziff. 1.1 AHB wirksam. Sie sei weder intransparent noch unklar. Weil die Frage, was in der Haftpflichtversicherung als Versicherungsfall anzusehen sei, in § 100 VVG bewusst nicht geregelt sei und die Definition des Versicherungsfalls damit zum Kernbereich der vertraglichen Leistungsbeschreibung gehöre, scheide nach Ansicht des Senats eine Inhaltskontrolle aus. Dies gelte auch für eine Transparenzkontrolle.

Bei einer Auslegung von Ziff. 1.1 AHB falle der Schadensfall jedoch in den versicherten Zeitraum. Dies hat der BGH so festgestellt. Danach sei erst der Austritt des Wassers als das maßgebliche Schadenereignis anzusehen. Unter Berücksichtigung des Wortlauts komme es nicht auf den Zeitpunkt der Ausführung der Arbeiten im Juli 2009 als Ursache des Schadens an. Erst der Austritt des Wassers habe den Schaden an den Sachen des Auftraggebers ausgelöst. Zwar sei unklar, wann die Undichtigkeit eintrat und erstmals Wasser austrat. Jedoch sei bis zur Entdeckung ständig Wasser ausgelaufen, so dass der Versicherungsfall jedenfalls auch in der versicherten Zeit angedauert habe.

Die “Quasideckung” des BGH

Nach Ansicht des BGH könne der Versicherungsnehmer letztlich verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er den erforderlichen Versicherungsschutz erhalten, wenn ein Versicherungsvermittler es pflichtwidrig unterlassen hat, ein bestimmtes Risiko abzudecken (“Quasideckung”). Eine ausführliche Besprechung des Urteil zum Bereich der “Quasideckung” finden Sie hier.

Hinweis für die Vermittler-Praxis

Die Entscheidung BGH kann im Ergebnis überzeugen. Der Senat bestätigt mit seinen Feststellungen die hohen Anforderungen an die Beratungspflichten eines Versicherungsmaklers. Dieser ist stets verpflichtet, den Bedarf seines Kunden nach Versicherungsschutz durch Nachfragen aufzuklären. Dabei spielt die Aufklärungspflicht des Versicherungsmaklers eine große Rolle im Rahmen seiner Dokumentationspflichten und einer etwaigen Beweislastumkehr im Falle einer Verletzung dieser Pflichten.

Daher ist es Vermittlern stets anzuraten, diesen Anforderungen nachzukommen und die ihnen obliegende Pflichten zu erfüllen, um etwaige Schadensersatzansprüche von Versicherungsnehmern oder Versicherern zu vermeiden.

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