Auskunftsanspruch bei Verstoß gegen Wettbewerbsverbot

Im Jahr 2013 hatte sich der BGH (Urt. v. 26.09.2013 – Az.: VII ZR 227/12) mit der Frage des Inhalts des Auskunftsanspruches des Versicherers gegen den Versicherungsvertreter bei Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot zu befassen.

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Zwischen dem später klagenden Versicherer und dem Versicherungsvertreter bestand zunächst ein Handelsvertretervertrag, welcher auch eine Wettbewerbsklausel/Ausschließlichkeitsgebot enthielt.

Während der Laufzeit des Handelsvertretervertrages kam es trotz dieser vertraglichen Vereinbarung unstreitig zu einer Verletzung des Ausschließlichkeitsgebotes.

Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens verlangte der Versicherer nach Beendigung des Handelsvertretervertrages zur Vorbereitung seiner Schadensersatzansprüche nunmehr Auskunft über die durch den Versicherungsvertreter verbotswidrig vermittelten Geschäfte.

Im Einzelnen verlangte der Versicherer folgende Auskünfte zu den Konkurrenten vermittelten Versicherungsprodukte:

  • Name und Anschrift des Kunden,
  • das konkrete Produkt,
  • die Sparte,
  • den Tarif,
  • das Antrags- und Vertragsdatums,
  • den Netto- und Bruttobeitrag,
  • die Zahlungsweise sowie
  • die Bewertungssumme

Der BGH hatte nunmehr darüber zu befinden, ob ein so weitreichender Auskunftsanspruch des Versicherers besteht.

Entscheidung des BGH

Nach Ansicht des BGH macht sich ein Versicherungsvertreter regelmäßig schadensersatzpflichtig, wenn er während der Laufzeit des Handelsvertretervertrages ein Wettbewerbsverbot verletzt. Infolgedessen schuldet er dem Versicherer Ersatz des Gewinns, der diesem durch die verbotswidrige Tätigkeit des Versicherungsvertreters entgangen ist.

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Vermittelt der Versicherungsvertreter verbotswidrig Geschäfte für Konkurrenzunternehmen, kann dem Versicherer zur Vorbereitung des Anspruchs auf Ersatz des entgangenen Gewinns ein Anspruch nach § 242 BGB gegen den Versicherungsvertreter auf Auskunft über die verbotswidrig für Konkurrenzunternehmen vermittelten Geschäfte zustehen, da der verbotswidrig für die Konkurrenz vermittelte Umsatz als Grundlage einer Schadensschätzung nach § 287 ZPO dienen kann (zu dessen Voraussetzungen siehe Voraussetzungen des Auskunftsanspruches bei Verstoß gegen vertragliches Wettbewerbsverbot).

Allerdings hat der Versicherer nach Ansicht des BGH keinen Anspruch auf Nennung von Namen und Anschriften von Versicherungsnehmern, denen verbotswidrig Versicherungsverträge mit dem Konkurrenzunternehmen vermittelt worden sind. Denn bei der Zubilligung eines Auskunftsanspruches sind beiderseitigen Interessen angemessen zu berücksichtigen.

Die Auskunftspflicht richtet sich nach den Bedürfnissen des Gläubigers unter schonender Rücksichtnahme auf die Belange des Schuldners. Insbesondere ist zu berücksichtigen, ob der Schuldner ein Geheimhaltungsinteresse bezüglich der geforderten Angaben geltend macht und ob dieses Interesse schutzwürdig ist.

Ferner sind diese Daten zur Vorbereitung der Schadensersatzansprüche nicht notwendig. Im Übrigen war der Versicherungsvertreter jedoch zur Auskunft verpflichtet.

Fazit

Verletzt ein Versicherungsvertreter unstreitig ein während der Laufzeit des Handelsvertretervertrages bestehendes Ausschließlichkeitsgebot, steht dem Versicherer – so der BGH- zur Vorbereitung seiner Schadensersatzansprüche ein weitreichender Anspruch auf Auskunft über die verbotswidrig vermittelten Geschäfte zu.

Selbst wenn zumindest keine Offenlegung von Namen und Anschriften der Kunden erfolgen muss, so können die übrigen Angaben jedoch auch ausreichen, um erhebliche Schadensersatzansprüche des Versicherers zu begründen. Versicherungsvertretern kann daher nur empfohlen werden, genaustens auf die Einhaltung eines Ausschließlichkeitsgebotes zu achten.

Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte hat sich unter anderem auf den Bereich Handelsvertreterrecht spezialisiert und steht für Rückfragen ebenso wie für eine Interessensvertretung gerne zur Verfügung.

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