Mobbing und Cybermobbing bei Erwachsenen

Die Problemfelder Mobbing und Cybermobbing sind nicht nur auf junge Menschen begrenzt. Auch Erwachsene sind in hohem Maße davon betroffen, sei es am Arbeitsplatz oder im Internet. Angriffe von und gegen Erwachsene wachsen von Jahr zu Jahr.

Im Zeitraum vom 2. August bis 11. August 2021 wurden repräsentativ 4.000 Erwachsene von 18 bis 65 Jahren online befragt. Ziel der Studie war es, die Veränderungen der Probleme des Mobbings und Cybermobbings zu untersuchen, um den aktuellen Stand aufzuzeigen. Die Studie wurde mit Unterstützung der Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg durchgeführt. Sie liefert nach 2014 und 2018 aktuelle Daten zu Ausmaß, Formen, Reaktionen, Folgen und Prävention von Mobbing und Cybermobbing. Demnach werden beide Themen als stark zunehmendes gesellschaftliches Problem in allen drei Ländern wahrgenommen. In Deutschland sind 32,6 Prozent, in Österreich 36,1 Prozent und in der Schweiz 38,7 Prozent der Befragten schon einmal Opfer von Mobbingattacken gewesen. Das entspricht in absoluten Zahlen 17,0 Millionen Menschen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren in Deutschland, 2,1 Millionen in Österreich und 1,7 Millionen in der deutschsprachigen Schweiz.

Beim Cybermobbing ist in Deutschland gegenüber 2018 eine Steigerung um 25 Prozent, von 8,1 Prozent auf 11,5 Prozent festzustellen. In Österreich liegt der Anteil absolut bei 13,5 Prozent und in der Schweiz bei 10,6 Prozent. Besonders alarmierend sind die Zahlen bei jüngeren Menschen (18 bis 24 Jahre), der „Generation Smartphone“, die im Arbeitsleben angekommen ist. Hier zeigen sich besonders hohe Werte bei Mobbing (50 Prozent) und Cybermobbing (21 Prozent). Diese Zahlen zeigen uns, so Uwe Leest, Vorstandsvorsitzender des Bündnisses gegen Cybermobbing, dass das gelernte „negative Verhalten“ aus der Jugend ins Arbeitsleben übernommen wird, weil es nicht sanktioniert worden ist.

Frauen und jüngere Menschen sind besonders häufig von Übergriffen betroffen

38 Prozent der befragten Frauen gaben an, schon einmal Ziel von Mobbing gewesen zu sein. Bei ihnen besteht laut den Ergebnissen der Studie ein 1,4 mal höheres Mobbingrisiko als bei Männern.

Mobbing bei Erwachsenen prägt in hohem Maße die gesamte Arbeitswelt. 48 Prozent der Vorfälle in Deutschland finden dort statt. Neid und eine auffällige Erscheinung sind die häufigsten Ursachen für Mobbing und Cybermobbing im Arbeitsumfeld. Fast jeder dritte Täter gibt an, „aus Ärger mit der Person“ gehandelt zu haben oder weil „andere das auch machen“. Vorgesetzte sind laut der Studie in über der Hälfte der Mobbingfälle am Arbeitsplatz als Täter oder Mittäter beteiligt.

Was können die Folgen von Mobbing und Cybermobbing sein

Die oftmals schweren Folgen können sich auf die physische wie psychische Gesundheit der Opfer sowie auf ihr privates und berufliches Umfeld erstrecken – und im äußersten Fall zu einer existentiellen Notlage führen. 50 Prozent der Betroffenen von Mobbing und Cybermobbing klagen über Persönlichkeitsveränderungen und Depressionen. Extremausprägungen sind schwindendes Selbstwertgefühl, Zwangsstörungen sowie die Flucht in Alkohol oder andere Suchtmittel. Mehr als jedes achte Opfer stuft sich sogar als suizidgefährdet ein. Auf Deutschland bezogen sind das über 2,5 Millionen Menschen.

Mobbing und Cybermobbing haben auch wirtschaftliche Auswirkungen: Davon Betroffene weisen jährlich fünf Krankheitstage mehr auf als nicht betroffene Beschäftigte und streben laut Studie doppelt so oft einen Wechsel des aktuellen Arbeitgebers an als Nichtopfer. Die mit Mobbingvorfällen direkt verbundenen Krankheitsfolgekosten für deutsche Unternehmen steigen gegenüber 2018 und belaufen sich auf ca. 8 Milliarden Euro im Jahr. In Österreich betragen die Kosten circa 650 Millionen Euro und in der Schweiz sind sie mit ca.1,1 Milliarden Euro ähnlich hoch.

Dennoch scheinen die Unternehmen, wie schon in letzten Studien festgestellt, die Dringlichkeit der Problematik nicht erkannt zu haben. Und das in einer Zeit der fehlenden Fachkräfte, so Uwe Leest. Nur wenige Arbeitgeber bieten Präventionsmaßnahmen an, obwohl die durch Mobbing und Cybermobbing entstandenen Fehlzeiten und Ausfälle und die daraus entstandenen Kosten immens sind.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen, Politik und Gesellschaft

Aus den Studienergebnissen leitet Uwe Leest folgende Handlungsempfehlungen ab:

  • Um Mitarbeiter für das Thema Mobbing und Cybermobbing zu sensibilisieren und aufzuklären, sind Schulungen, Seminare und Informationsveranstaltungen im Unternehmen notwendig. Seit 2021 bieten wir den Unternehmen ihr Cybermobbing/Mobbing Servicepaket (CyMoS) als Unterstützung an.
  • Darüber hinaus sollte die Stärkung des Betriebsklimas im Vordergrund stehen. Das Betriebsklima ist ein wesentlicher Faktor um Mobbingfällen vorzubeugen. Dazu dient beispielsweise eine Vereinbarung, die einen gewaltfreien und respektvollen Umgang der Mitarbeiter untereinander regelt und fördert, was auch die Bindung der Mitarbeiter ans Unternehmen erhöhen kann.
  • Für alle Betroffenen wäre es wünschenswert, unabhängig ob im Unternehmen oder im sozialen Umfeld, flächendeckende Mobbingberatungsstellen sowie anonyme Hotlines zu haben, an die sich Hilfesuchende wenden können.
  • Neben Unternehmen und der Gesellschaft, muss auch die Politik ihrer Verantwortung stärker nachkommen. Seit Jahren fordert das Bündnis gegen Cybermobbing zum Schutz der Opfer ein (Cyber-) Mobbinggesetzes, das es in Österreich schon seit 2016 gibt.

 

Bild: © Rido – stock.adobe.com