Die 3 wichtigsten Trends der InsurTech-Szene

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Sie gehören im Moment zu den bekanntesten Aufsteigern auf dem digitalen Versicherungsmarkt: Lemonade, Clark, WeFox, Ottonova, Kasko und FRI:DAY. Und alle haben eine Gemeinsamkeit: Vor einigen Jahren kannte sie noch niemand.

Ein Beitrag von Jan Hugenroth, Gründer und Geschäftsführer von Next Matter

Der rasante Aufstieg der InsurTechs ist im Finanzsektor längst kein Geheimnis mehr und Prognosen rechnen damit, dass sie bis 2026 eine globale Marktbewertung von 236 Milliarden USD erreichen.

Was macht InsurTechs aus?

Jan Hugenroth, Geschäftsführer , Next Matter GmbH

InsurTech steht für Insurance Technology und umfasst die Palette neuer disruptiver Produkte und Technologien in der Versicherungsbranche, der es sehr lange Zeit an Innovationen gefehlt hat. Deshalb bietet InsurTechs auch so ein hohes Potenzial, die Branche für Kund*innen und Anbieter*innen gleichermaßen positiv zu verändern.

Um das zu erreichen, hat die Kundenzufriedenheit oberste Priorität. Sie leitet sich direkt von der Kundenerwartung ab. Und die ist hoch: Versicherungsdienstleistungen sollen nicht nur bequem, sondern auch schnellstmöglich erbracht werden.

Anbieter*innen, die wesentliche Prozesse schon durchgängig digitalisiert haben (Angebote, Schäden, Risikoprüfungen), profitieren von einer höheren betrieblichen Effizienz, einem nahtlosen Kundenerlebnis und geringeren Kosten. Der Weg hin zur Digitalisierung hat aber seine ganz eigenen Hürden.

Die operativen Herausforderungen für InsurTechs

Wachsende InsurTechs sind, wie FinTechs auch, mit operativen Risiken konfrontiert: rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen, große institutionelle Wettbewerber, eine hart umkämpfte Partnerschaftslandschaft und steigende Erwartungen der Kund*innen, um nur ein paar zu nennen.

Operative Teams und andere Schlüsselbereiche sind deshalb von zentraler Bedeutung für den Erfolg. Denn sie müssen Unternehmen durch einen rapide wachsenden und sich schnell entwickelnden Markt navigieren. Damit das gelingt, kommt es auf die Effizienz ihrer Prozesse, Arbeitsabläufe und die eingesetzten Technologien an.

Hier sind daher die Top-Technologietrends, die InsurTechs nutzen sollten:

1. Geschäftsprozess- und Workflow-Automatisierung

Mit den regelbasierten Tools zur Geschäftsprozess- und Workflow-Automatisierung können InsurTech-Teams mehrere Dimensionen des „globalen“ Versicherungsprozesses optimieren, wie interne Prozesse zur Risikobewertung, Compliance, Kundenservice und Schadensbearbeitung. Die Automatisierung des Prozessmanagements und die Straffung der Arbeitsabläufe können Genauigkeit und Effizienz sowohl für kundenorientierte als auch für interne Abläufe erheblich verbessern.

Eine große betriebliche Herausforderung für InsurTechs ist die Notwendigkeit, Prozesse zu standardisieren und gleichzeitig die Betriebsabläufe für das Wachstum zu skalieren. Während dokumentierte „Standard“-Prozesse oft eine Anforderung für Compliance- und regulatorische Zwecke sind, bieten die internen Betriebsabläufe InsurTech-Teams viel Raum zur Optimierung.

Natürlich muss man diese Kategorie von Automatisierungssoftware klar von Business Process Management (BPM-Software), robotischer Prozessautomatisierung (RPA) oder Prozessmodellierungs-Software unterscheiden. Tools zur Automatisierung von Geschäftsprozessen bieten vielmehr die Möglichkeit für Teams, ihre Prozesse zu dokumentieren und gleichzeitig ein System zu schaffen, das Team-Workflows vereinfacht und unnötige manuelle und kostspielige Schritte durch Automatisierung beseitigt.

Prozessautomatisierung verstärkt auch die durchgängige Rationalisierung von Prozessen, einschließlich der Zusammenarbeit der beteiligten Teams. Das Ziel ist es, eine erhöhte betriebliche Effizienz, eine gesteigerte Qualität und eine revisionssichere Dokumentation innerhalb desselben Tools zu erreichen.

Die Vorteile zeigen in viele Richtungen. Nicht nur interne Prozesse können optimiert werden, sondern Insur-Techs können die Prozess- und Workflow-Automatisierung auch nutzen, um ihre Kundenerfahrungen zu verbessern – zum Beispiel, indem sie die Bearbeitungszeiten für Schadensfälle beschleunigen oder das Kundenerlebnis grundlegend vereinfachen.

2. No-Code-/Low-Code-Tools

Wenn es um die Software-Tools geht, die von InsurTechs eingesetzt werden, sind No-Code-/Low-Code-Tools absolut im Kommen. Das hat zwei wichtige Gründe.

Erstens brauchen No-Code-/Low-Code-Tools-Anwender*innen keine besonderen oder wenige technische Vorkenntnisse, um selbstständig Apps und eigene Lösungen zu entwickeln und zu implementieren. Damit liegt die Entwicklung von Lösungen bei Business-Stakeholdern, die die betrieblichen Anforderungen am besten verstehen, was zu einer drastischen Beschleunigung führt.

Und zweitens, agile Tools entlasten die interne IT-Abteilung, weil die IT-Teams nicht mehr aufgefordert sind, hartkodierte Lösungen für jede interne Betriebsanforderung zu entwickeln. Das nimmt den Druck von ihrem Backlog und erlaubt, sich vermehrt auf die Entwicklung und Bereitstellung besserer Produkte für den Markt zu konzentrieren.

Wie kommt das zustande? Der No-Code-/Low-Code-Ansatz ermöglicht operativen Leiter*innen, die IT-Abteilung zu überspringen und eine benutzerdefinierte, automatisierte Lösung mithilfe von Drag-and-Drop-Funktionen zu entwerfen, bereitzustellen, zu verwalten und zu aktualisieren – und das in einem Bruchteil der normalerweise benötigten Zeit: von sechs bis zwölf Monaten auf sechs bis zwölf Stunden.

Für den Geschäftsbetrieb von InsurTechs bedeutet dies, dass kundenorientierte und interne Prozesse mit größerer Agilität, geringeren Kosten, ohne Engpässe für die internen Entwicklungsteams optimiert werden können und externe Berater*innen wegfallen.

3. Virtuelle Assistenten (AKA-Chatbots)

Die Versicherungsbranche hat jeden Tag mit Millionen von Kund*innen zu tun – jede*r von ihnen hat Anfragen zu ausstehenden Schadensfällen, Versicherungsschutz, Policen, Kontoaktualisierungen und mehr. Der Kundensupport kann aber nur eine bestimmte Anzahl von Anfragen gleichzeitig bearbeiten. Die daraus entstehenden Wartezeiten führen zu einem schlechten Kundenerlebnis und die unzeitgemäße Abwicklung treibt die Kund*innen direkt zur Konkurrenz.

Laut einer Studie von American Express geben ein Drittel der befragten Kund*innen an, dass sie nach einer schlechten Erfahrung mit dem Kundenservice einen Anbieterwechsel in Betracht ziehen würden.

Damit das nicht passiert, haben InsurTechs regelbasierte und intelligente Chatbots in ihre Websites und mobilen Apps integriert. Diese helfen von der Schadensbearbeitung über die Lead-Qualifizierung und den Kundensupport bis hin zu personalisierten Empfehlungen.

Mit einer gut konzipierten Chatbot-Anwendung kann auch größerer Komfort für Kund*innen bei der Versicherungssuche und beim Versicherungsabschluss bereitgestellt werden. Chatbots vereinfachen den Ablauf, indem sie den Prozess klar und konsistent halten und eine Reihe von überflüssigen menschlichen Interaktionen auf der Anbieterseite beseitigen.

So sparen InsurTechs hohe Kosten und vereinfachen nebenbei das Kunden-Onboarding für alle. Intelligente Chatbots sind dazu vollautomatisch und unendlich skalierbar – egal ob InsurTechs 10 oder 1000 Besucher auf ihrer Website haben. Um als InsurTech-Anbieter wettbewerbsfähig zu bleiben, ist dieses Maß an Support-Geschwindigkeit ein absolutes Muss.

InsurTechs auf Erfolgskurs bringen

Der Unterschied zwischen einem InsurTech und einem erfolgreichen InsurTech liegt in den operativen Teams und ihren Prozessen. Denn am Ende des Tages liefern InsurTechs dem Markt ein essenzielles Produkt, das ein dringendes Bedürfnis bedient.

Die Innovation eines InsurTech-Produkts liegt also nicht im Produkt selbst, sondern in der Art und Weise, wie das Produkt geliefert wird: bequem, sicher, verständlich, schnell und erschwinglich.

Die Qualität der Produkte eines InsurTechs hängt vollständig von der Effizienz seiner Geschäftsprozesse (sowohl intern als auch marktbezogen) und der Technologie ab, die es zu deren Unterstützung einsetzt. Kontinuierliche Prozessverbesserung ist das, was die Gewinner von den Verlierern trennt. Wo sollte man also zuerst anfangen?

Ganz einfach: Durch den Einsatz eines End-to-End-Tools zur Automatisierung von Geschäftsprozessen mit No-Code-/ Low-Code-Funktionalität können InsurTechs ihre zeit- und ressourcenintensivsten Prozesse automatisieren, unabhängig von der Komplexität, den beteiligten Akteuren oder Systemen. Und sie können dies in einem Bruchteil der Zeit selbst tun, mit wenig oder gar keiner Beteiligung der IT.

Fazit

Neue Technologien und Tools zur Prozessoptimierung verändern die Versicherungsbranche von Grund auf. Am deutlichsten ist dieser Wandel im operativen Betrieb der InsurTechs zu spüren.

Noch ist unklar, was der nächste große Sprung für InsurTechs sein wird oder wer es in der nahen Zukunft an die Spitze schaffen wird. In jedem Fall werden die InsurTech-Unternehmen die verstaubten, ineffizienten Geschäftsprozesse der Versicherungsbranche auf den Prüfstand stellen müssen.

Und jeder Versicherer ist spätestens jetzt gefragt, interne Abläufe und – noch wichtiger – operative Abläufe an der Schnittstelle zu Kunden und Maklern zu automatisieren. Denn wer es sich zum Ziel erklärt hat, in den kommenden Jahren wettbewerbsfähig zu bleiben, wird ein besseres Kundenerlebnis beim Versicherungsprozess abliefern müssen – und das gelingt nur mit den passenden Technologien.

Über den Autor

Jan Hugenroth ist Gründer und Geschäftsführer von Next Matter – der neuen Standard-Softwarelösung für Operations-Teams. Mit einem starken Sinn für Operations und Verstand für Technologie beschloss er 2018, beide Welten zu verbinden und Next Matter zu gründen.

Die Begeisterung für schlanke Prozesse und effizientes Teamwork entwickelte er in seiner Zeit als Engagement Manager bei McKinsey & Company. Dort betreute er Kunden zu Themen wie Digitalisierung, organisatorische Veränderungen, Prozessoptimierungen und Wachstumsstrategien. Mit seiner langjährigen Erfahrung als Operations Manager und Entwickler weiß Jan Hugenroth, wie anspruchsvoll die Koordination von Teams und Automatisierung von Prozessen sein kann.

Manuelle Prozesse und langwierige Entwicklungszeiten kann sich aber heute kein Unternehmen mehr leisten. Deshalb will der Geschäftsführer mit seinem Team Next Matter als Schaltzentrale aller operativen Prozesse etablieren – das Herzstück jedes Operations-Teams.

 

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