Aktuellen Untersuchungen zufolge haben in Deutschland etwa zehn Prozent der Bevölkerung bereits einen Versicherungsbetrug begangen oder wissen zumindest von einem Betrug in ihrem näheren Umfeld.
Laut einer repräsentativen Infas-Quo-Studie (PDF) im Auftrag des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat jeder zehnte Deutsche entweder einmal einen Versicherungsbetrug begangen oder weiß zumindest davon, dass in seinem näheren Umfeld ein Betrug stattgefunden hat.
Laut Experten wie den Detektiven von PRIMECHECK, die regelmäßig für Versicherungen in Fällen von Betrugsverdacht ermitteln, könnte die Dunkelziffer noch deutlich höher liegen.
Dies führt dazu, dass der durch Versicherungsbetrug entstandene Schaden, der laut der Studie in Deutschland bei etwa fünf Milliarden Euro pro Jahr liegt, bei allen Versicherten zu höheren Beiträgen führt.
10 Prozent aller Schadensmeldungen sind „dubios“
Die Versicherungen haben bei etwa zehn Prozent aller Schadensmeldungen einen Betrugsverdacht. Besonders stark betroffen sind Haftpflicht- und Hausratversicherungen, in denen es gewöhnlich nur um kleinere Summen geht.
Die am häufigsten gemeldeten Schäden betreffen Brillen und Handys. „Kommt zum Beispiel ein neues iPhone auf den Markt, steigen die Schadenmeldungen zu kaputten Handys sprunghaft an“, erklärt Hackhausen.
Internet hilft Versicherungsbetrügern
Die Versicherungen sehen vor allem Internetforen, in denen sich professionelle Versicherungsbetrüger über Methoden und Tipps austauschen, als große Herausforderung. Ausgetauscht werden dort unter anderem Anleitungen zur glaubhaften Formulierung von Schadensmeldungen, bei denen die automatischen Systeme der Gesellschaften noch keinen Alarm auslösen.
Außerdem werden zum Beispiel gefälschte Kartons mit Logos von Luxusherstellern angeboten, die Versicherungsbetrüger bei den Versicherungen als Beweis für deren Besitz einreichen können.
„Die Betrugsabwehr der Versicherer hat darauf reagiert, beispielsweise durch die Weiterentwicklung von Software zur Erkennung von Betrugsindizien oder den Einsatz speziell geschulter Mitarbeiter“, erklärt Hackhausen. Versicherungen investieren unter anderem in die Bildforensik, die bei der Entdeckung von Betrugsversuchen eine immer wichtiger Rolle einnimmt.
Außerdem erhalten Mitarbeiter der Gesellschaften psychologische Schulungen, in denen ihnen Gesprächstechniken vermittelt werden, mit denen sich Betrüger enttarnen lassen.
„Wir prüfen jeden Schaden und zahlen nie blind aus“, sagt Hackhausen.
Geringe Aufklärungsquoten
Trotz der hohen Investitionen der Versicherungsgesellschaften ist die Aufklärungsquote von Betrug in diesem Bereich noch eher gering. Dies liegt laut den Versicherungen vor allem daran, dass eine Schwarze Liste mit Namen und Daten bekannter Betrüger in Deutschland nicht existiert. Begründet wird dies mit dem strengen deutschen Datenschutz.
Das Tool HIS erlaubt es den Versicherungen zwar Daten zu teilen, diese enthalten aber nur Sachverhalte und keine Personendaten und erschweren somit das zielgerichtete Vorgehen gegen Betrüger.
„Wenn ein Fahrzeug mit hohem Schadenumfang gemeldet wird und derselbe Wagen später bei einer anderen Gesellschaft als Totalschaden auftaucht, wird der Querverweis gegeben“, erklärt Hackhausen.
„Andere Länder haben weniger hohe Datenschutzbestimmungen, dort ist die Aufklärungsquote höher“, wird seitens der Versicherungen kritisiert.
Auch die Umfrageteilnehmer halten es nicht für wahrscheinlich, dass die Gesellschaften Versicherungsbetrug aufdecken. Insgesamt halten 50 Prozent eine Aufdeckung für wahrscheinlich, bei den jüngeren Befragten sogar nur 40 Prozent. 70 Prozent der Umfrageteilnehmer sind außerdem der Meinung, dass Versicherungsbetrug im Endeffekt nur den Kunden aber nicht dem Unternehmen selbst schadet.
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