OLG Köln entscheidet zugunsten des Handelsvertreters

Rechtsanwalt Tim Banerjee hat für einen Handelsvertreter nach fristloser Kündigung wegen Steuerhinterziehung den Handelsvertreterausgleich vor dem Oberlandesgericht Köln durchgesetzt. Das Urteil und die abgelehnte Berufung durch die Versicherungsgesellschaft sind hochrelevant für Streitigkeiten über den Entfall des Ausgleichsanspruches.

Mit einem interessanten Beschluss hat sich das Oberlandesgericht Köln (01.03.2021, Az.: 19 U 148/20) deutlich auf Seiten freier Handelsvertreter bei Streitigkeiten über den Handelsvertreterausgleich nach fristloser Kündigung positioniert und stellt einiges zu den Rechten des Handelsvertreters in dieser Situation klar.

Tim Banerjee, Partner der auf Vertriebs- und Arbeitsrecht spezialisierten Kanzlei Banerjee & Kollegen aus Mönchengladbach erläutert: „Der Kläger war wegen Steuerhinterziehung zu 180 Tagessätzen verurteilt worden. Daraufhin hatte seine Auftraggeberin, eine Versicherung, ihn fristlos gekündigt und wollte den Ausgleich nach 14 Jahren Tätigkeit nicht zahlen.“

Der Rechtsanwalt hat das Verfahren für den klagenden Insolvenzverwalter geführt und sagt: „Das Urteil und die abgelehnte Berufung durch die Versicherungsgesellschaft sind hochrelevant für Streitigkeiten über den Entfall des Ausgleichsanspruches.“ Er betont:

Das Oberlandesgericht Köln hat erstmalig klarstellt, dass die Kündigungsgründe das Vertragsverhältnis betreffen müssen und nicht etwa in der Privatsphäre oder Lebensführung des Handelsvertreters liegen sollen, um einen Entfall des Ausgleichsanspruches zu rechtfertigen.

Die fristlose Kündigung haben sowohl das Landgericht Köln in erster Instanz (Az.: 89 O 21/20) als auch das Berufungsgericht bejaht. Streitig blieb aber das Urteil des Landgerichts, dass keine Gründe dafür vorlagen, die zum Entfall des Ausgleiches führen konnten. Daher wurde die Versicherungsgesellschaft verurteilt, diese in einer sechsstelligen Höhe zu zahlen.

Kein Entfall des Ausgleichs

Das Oberlandesgericht hat diese Entscheidung bestätigt. Insbesondere wenn eine Vorstrafe oder ein sonstiges Handeln nichts mit dem Vertragsverhältnis zu tun haben, darf es nicht zum Entfall des Ausgleiches kommen. Es wurde nur ein Billigkeitsabzug in Höhe von 25 Prozent vorgenommen, da die Verhältnisse des Handelsvertreters tatsächlich gänzlich ungeordnet waren. Auszuzahlen waren also noch 75 Prozent des Ausgleiches.

Das Oberlandesgericht Köln verweist in seiner Urteilsbegründung deutlich darauf, dass die Versagung des Handelsvertreterausgleichs voraussetzt, dass das Unternehmen das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Versicherungsvertreters vorlag.

Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist zu berücksichtigen

Die Gründe müssten derart schwerwiegend sein, dass eine Fortsetzung des Handelsvertretervertrages bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Vertrags nicht zugemutet werden könne. Es gelte im Rahmen einer Interessenabwägung ebenso festzustellen, ob die Fortsetzung des Handelsvertreterverhältnisses für die Gesellschaft wirklich unzumutbar sei. Dabei sei das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu berücksichtigen.

Die Position des Oberlandesgerichts Köln macht es für Gesellschaften nochmals schwieriger, den Entfall des Ausgleichsanspruches zu argumentieren.

betont Tim Banerjee, der Handelsvertreter regelmäßig bei dieser Art von Streitigkeiten berät. Weiter hält er fest: „Die Chancen für Handelsvertreter, auch bei einer fristlosen Kündigung durch den Auftraggeber den Handelsvertreterausgleich zu erhalten, sind sehr groß, selbst bei einer tendenziell schwierigen Ausgangslage.“

 

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