In Deutschland sind in den vergangenen 20 Jahren rund 2,5 Millionen neue Wohngebäude errichtet worden - 32.000 davon in hochwassergefährdeten Risikogebieten. Dies zeigt: Die gegenwärtige Bauplanung hat auf die aus der Klimaforschung gewonnen Erkenntnisse kaum reagiert.
Der Anteil neuer Gebäude in hochgefährdeten Überschwemmungsgebieten ist im Vergleich zum Gebäudebestand nicht gesunken. Das geht aus Berechnungen vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor.
Obwohl Wetterextreme, wie Überschwemmungen, Starkregen oder Hagel in Deutschland zunehmen, bleiben diese Folgen des Klimawandels bei der Raumordnung und der Bauplanung weitgehend unberücksichtigt.
GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen fordert: „Die Krisen von heute sind Folgen der Entscheidungen von gestern. Wir müssen den Schäden durch extreme Wetterereignisse auch im Bausektor vorbeugen. Eine Anpassung des Baurechts an die Folgen des Klimawandels ist unabdingbar.“
Nur so könnten die volkswirtschaftlichen Schäden der Zukunft durch Klimaänderungen und Extremwetterereignisse verringert werden.
Klimaforschung muss einbezogen werden
Der überwiegende Teil der Bebauungspläne wurde zu einer Zeit beschlossen, als viele wissenschaftliche Erkenntnisse zu Extremwetterlagen und Klimawandel noch nicht vorlagen. Anpassungen des Bauordnungs- und Bauplanungsrechts stehen mit Blick auf die Annahmen und Planungsergebnisse aus der Klimaforschung noch aus.
Asmussen sagt:
„Das Baurecht muss auf den Klimawandel und seine Folgen ausgerichtet und ein Managementsystem für klimawandelbedingte Risiken eingeführt werden.“
Die Strategien von Bund- und Ländern zur Anpassung an den Klimawandel, beispielsweise zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden, greifen bislang zu kurz.
In ihrem „Positionspapier für eine nachhaltige Baugesetzgebung: Modernisierung des Bauordnungs- und Bauplanungsrecht“ fordert der GDV unter anderem in die Baugesetzgebung das Schutzziel „Klimaangepasstes Bauen“ aufzunehmen.
Asmussen erklärt weiter:
„Klimaangepasstes Bauen kann jedoch nur dann sinnvoll umgesetzt werden, wenn bei allen Bauvorhaben eine verpflichtende Gefährdungsbeurteilung der Naturgefahren und Extremwetterereignisse durchgeführt wird.“
Dazu müsse ein öffentlich zugängliches Geoinformationssystem eingerichtet werden. Denn nur wenn die Gefahren allen Beteiligten bekannt sind, können Planung und Bauausführung klimaangepasst erfolgen.
Die wichtigsten Forderungen zur Reform des Baurechts sind:
- die Anpassung an den Klimawandel als Schutzziel im Bauordnungsrecht zu verankern
- eine verpflichtende Gefährdungsbeurteilung für Bauwerke in Bezug auf Klimafolgen und Extremwetterereignisse einzuführen
- typische und wirksame Schutzmaßnahmen und deren Qualitätsmerkmale technisch zu konkretisieren und zu standardisieren
- eine nationales Managementsystem für klimawandelbedingte Risiken einzuführen.
- Naturgefahren-Check: Unwettergefahr per Mausklick erkennen
Wichtige Bausteine zur Vermeidung von Schäden durch Wetterextreme sind Aufklärung und Prävention. Aus diesem Grund hat der GDV den „Naturgefahren-Check“ gestartet. Immobilienbesitzer und Mieter erfahren auf der Onlineplattform, welche Schäden Unwetter in der Vergangenheit in ihrem Wohnort verursacht haben.
Details zur Gefährdung durch Flusshochwasser liefert darüber hinaus der „Hochwasser-Check“. Diese Tools jedoch können ein zentrales Informationssystem der öffentlichen Hand nicht ersetzen.
Asmussen betont: „Nun ist die Politik am Zug: Wie andere Länder sollte auch Deutschland die vorhandenen Informationen zu Naturgefahren und klimatischen Veränderungen bündeln und der Öffentlichkeit in einem zentralen Online-System zugänglich machen.“
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