Mittelständler: Verkauf von alten Gewerbeimmobilien prüfen

Mittelständler: Verkauf von alten Gewerbeimmobilien prüfen
© Jacob Lund – stock.adobe.com

Noch nie waren die Verkaufschancen von Gewerbeimmobilien so gut. Auch in die Jahre gekommene Objekte stoßen auf großes Interesse. Mittelständler sollten jetzt den Verkauf von nicht mehr betriebsnotwendigen Immobilien prüfen. Damit erhöhen sie auch ihren finanziellen Puffer in Krisenzeiten.

Viele Mittelständler verfügen über eigenen Immobilienbesitz. Nicht wenige Objekte haben ihre besten Jahre lange hinter sich. Um den aktuellen Anforderungen gerecht zu werden, sind umfassende Baumaßnahmen notwendig, die wirtschaftlich selten sinnvoll sind. Für Unternehmen ist der Verkauf von überalterten und nicht mehr betriebsnotwendigen Immobilien eine interessante Handlungsoption. Durch den Verkaufserlös können Mittelständler ihre Liquiditätsdecke erhöhen, geplante Investitionen gegenfinanzieren oder die finanziellen Einbußen infolge der Corona- Krise abfedern.

Die Verkaufsaussichten für Gewerbeobjekte waren noch nie so gut. Laut Berechnungen der Initiative Unternehmensimmobilien wurden in 2019 hierzulande über 3,1 Milliarden Euro in Firmenimmobilien investiert – so viel wie noch nie. Angesichts eines wachsenden Anlagedrucks zählen vorrangig Asset- und Fondsmanager zu den Kaufinteressenten, aber auch Eigennutzer. Besonders hoch ist die Nachfrage nach Gewerbeparks.

Der Investitionshunger wird in den nächsten Jahren weiter anhalten. Die Corona-Krise und die Börsenturbulenzen heizen die Nachfrage nach realen und beständigen Investments weiter an. Da der Immobilienmarkt weitgehend leer gefegt ist, gerät eine wachsende Zahl von Objekten in den Fokus. Investoren zeigen Bereitschaft, in Bezug auf Standort, Gebäudezustand und Rendite Abstriche zu machen. Sie interessieren sich verstärkt auch für Immobilien, die Handicaps aufweisen. Dies eröffnet auch für in die Jahre gekommene Immobilienobjekte mittelständischer Unternehmen attraktive Aussichten.

Vertriebspartner sorgfältig auswählen

Firmenlenker sollten frühzeitig einen Immobilienverkauf in Erwägung ziehen und die Verkaufschancen systematisch ausloten. Vorschnelle Verkaufsaktivitäten sind gefährlich und meist zum Scheitern verurteilt. Verkäufer sollten sich keinesfalls von Maklern mit überhöhten Verkaufspreisen locken lassen, die am Markt nicht erzielbar sind. Werden Immobilienobjekte einmal am Markt angeboten und nicht verkauft, gelten sie als „verbrannt“.

Unternehmensimmobilien sind keine Standardobjekte. Jede Gewerbeimmobilie hat ihre Besonderheiten und erfordert eine maßgeschneiderte Verkaufsstrategie. Bevor eine Immobilie veräußert werden soll, muss sie erst einmal verstanden werden. Dies umfasst die laufende Bewirtschaftung, die Gebäudesubstanz und etwaige Nachverdichtungspotenziale.

Ein Verkauf durch lokale Makler, die vorwiegend auf Privatimmobilien spezialisiert sind, ist nicht ratsam. Eigentümer sollten sich vielmehr an überregional tätige Immobilienmakler oder Family Offices mit Immobilienschwerpunkt wenden. Letztere agieren als Transaktionsberater und können eine Pitch-Situation herbeiführen. Die Vorteile: Eigentümer können aus Partnern mit verschiedenen Vermarktungskonzepten und Kaufpreisprognosen auswählen. Zudem lassen sich auf diese Weise oftmals die Transaktionsgebühren signifikant senken.

Der richtige Partner sollte über fundierte Markterfahrungen verfügen, die er etwa durch namhafte Referenzen und Kontakte zu finanzstarken Investoren belegt. Er sollte zudem seine Immobilienkompetenz unter Beweis stellen. Erfahrene Partner können die Chancen und Risiken eines Immobilienprojektes erkennen. Obendrein zeigen sie einen realistischen Zeitplan für den Verkauf auf, der handelsstarke und -schwache Perioden berücksichtigt.

Verkaufsunterlagen zusammenstellen

Der Vertriebserfolg hängt maßgeblich von einer gründlichen Vorbereitung ab. Das A und O sind aussagekräftige Verkaufsunterlagen, die kaufmännische, technische und sonstige Dokumente umfassen. Wenn wichtige Unterlagen fehlen, sehen sich Eigentümer schnell kritischen Nachfragen gegenüber. Kaufinteressenten machen hohe Wertminderungen geltend oder ziehen sich womöglich ganz aus den Verhandlungen zurück. Zu den zentralen Verkaufsunterlagen zählen ein aktueller Grundbuchauszug, vermaßte Raumpläne sowie alle Baugenehmigungen einschließlich Brandschutzplan. Außerdem sollten Verkäufer alle Mietverträge zusammenstellen und prüfen, ob sie rechtssicher verfasst sind. Wichtig ist eine genaue Ausweisung der Mietbestandteile, Flächen und Nutzungen. Auch Wertsicherungsklauseln und Instandhaltungsregeln sollten nicht fehlen. Bestehen vertragliche Lücken, sind ergänzende Vereinbarungen zur Klarstellung sinnvoll.

Ratsam ist auch eine Betriebskostenabrechnung, die sich nur auf das Gebäude bezieht und alle Produktionsanlagen ausklammert. Dies erfordert in der Regel eine gesonderte Kostenzuweisung. Eine gute Investition ist zudem ein aktuelles Gutachten. Ein unabhängiger Sachverständiger beurteilt den technischen Gebäudezustand und analysiert gegebenenfalls auch den Boden auf Altlasten hin. So bekommt der Eigentümer vorab eine fundierte Einschätzung der Gesamtsituation. Dies erleichtert nicht nur die Preisfindung, sondern wappnet auch für die Kaufverhandlungen. Wenn Investoren zu hohe Preisreduzierungen wegen technischer Mängel fordern, können Eigentümer fachlich gegenhalten.

In selbst genutzten Firmenimmobilien nehmen es viele Eigentümer nicht ganz so genau. Einige Unternehmen verzichten auf Wartungs- und Sachverständigenprüfungen und reagieren erst im Schadenfall. Unter Umständen fehlt auch für einige An- und Ausbauten auf dem Gelände eine Baugenehmigung. Oder: Gebäudeteile werden nachträglich getrennt, ohne die Brandschutzauflagen zu überprüfen. Was im Rahmen einer Eigennutzung bisweilen ausgeblendet wird, ist für Investoren ein unhaltbarer Zustand. Eine Anschlussvermietung an Dritte erfordert grundsätzlich einen rechtssicheren Rahmen. Deshalb werden Käufer bei selbst genutzten Firmenimmobilien alle rechtlichen und bautechnischen Aspekte besonders gründlich prüfen. Bei Ungereimtheiten werden sie auf eine Klärung drängen und Wertminderungen geltend machen.

Klare Verhältnisse schaffen

Die Veräußerung von Gewerbeimmobilien erfordert Geduld. Allein für die Zusammenstellung der Verkaufsunterlagen sollten Eigentümer vier bis sechs Monate einplanen. Je komplexer die Objekte sind, desto länger dauern die Vorbereitungen. Investoren wollen in puncto Altlasten, Baulasten, Denkmalschutz oder Sanierungsgebiet Klarheit haben. Dazu müssen Eigentümer oft einige behördliche Auskünfte einholen, was meist eine lange Bearbeitungszeit nach sich zieht. Zudem müssen alle Unterlagen in Abstimmung mit dem Transaktionspartner aufbereitet und digitalisiert werden.

In vielen Fällen werden nicht nur die bestehende Immobilie, sondern auch die zukünftigen Potenziale verkauft. Hierfür sollten konkrete Ansätze und Belege vorliegen. Bei Objekten mit Nachverdichtungspotenzialen in Form von Aufstockungen oder Neubauten auf Freiflächen sind eine entsprechende Bauvoranfrage sowie ein Business- Plan ratsam. Falls unklar ist, welche Möglichkeiten zur Nachverdichtung existieren, ist auch ein Architektenwettbewerb denkbar, um die Potenziale besser quantifizieren zu können.

Ziel sollte sein, vor dem Vertriebsstart volle Transparenz bezüglich der Stärken und Schwächen der Immobilie zu gewinnen. Dies ist auch die Basis für einen marktgerechten Verkaufspreis, der sich nach Möglichkeit bis zum Schluss halten lässt. Eigentümer sollten vorausschauend handeln und frühzeitig alle Verkaufsdokumente zusammentragen. Es ist keine Seltenheit, dass die eine oder andere Unterlage fehlt. Doch man sollte Informationslücken und die daraus resultierenden Folgen für den Käufer immer offen kommunizieren. Das Gleiche gilt für Schwachpunkte einer Immobilie. So stärken Eigentümer ihre Position als seriöser Vertragspartner (siehe Infokasten „Die Verhandlungsposition verbessern“).

Die eigentlichen Verkaufsverhandlungen erstrecken sich meist über mehrere Wochen. Wann genau der Immobilienübergang über die Bühne geht, ist nur schwer vorherzusagen. Wird die Gewerbeimmobilie noch für betriebliche Zwecke genutzt, sollte der Kaufvertrag eine praktikable Regelung zum Übergang beinhalten. Denkbar ist, dass der Vertrag dem Verkäufer ein großzügiges Zeitfenster für den Firmenauszug einräumt. Oder der Investor erhält eine Kompensationszahlung für jeden Monat, in dem der Mittelständler noch im Objekt verbleibt.

Die Verhandlungsposition verbessern

1. Informationslücken schließen: Fehlende Unterlagen provozieren kritische Nachfragen. Eine möglichst vollständige Datenlage verbessert die Verhandlungsposition gegenüber Investoren. Idealerweise stellen Eigentümer schon lange vor dem Immobilienverkauf alle relevanten Informationen zusammen.

2. Potenziale aufzeigen: Viele Firmenimmobilien bieten noch erhebliche Nachverdichtungspotenziale. Architekten helfen dabei, die Potenziale genau zu ermitteln. Wer zudem eine Bauvoranfrage und einen Business-Plan vorlegen kann, gewinnt sehr gute Argumente für die Verkaufsverhandlungen.

3. Schwächen thematisieren: Knackpunkte einer Immobilie kommen früher oder später zur Sprache. Dann gerät der Verkaufsprozess ins Stocken und der Kaufpreis bröckelt. Besser: Alle Schwachpunkte offen und direkt ansprechen. Das wirkt vertrauensbildend und souverän. Zudem können aus vielen Schwächen auch neue Chancen erwachsen.

 

Autor: Sven Tomitza, Mitglied der Geschäftsleitung, TRESONO FAMILY OFFICE

 

Mehr zum Thema gibt es in der neuen Ausgabe des experten Report

 

Bilder: (1) © Jacob Lund – stock.adobe.com (2) ©experten-netzwerk GmbH