So werden Stiftungen fit für die Zukunft

So werden Stiftungen fit für die Zukunft
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Bei vielen Stiftungen bricht die Einnahmenseite rapide ein. Werden nicht ausreichend Erträge generiert, ist die Zweckerfüllung von Einrichtungen in Gefahr. Abhilfe schafft ein planvolles Vermögensmanagement mit klaren Richtlinien.

Mehr Wettbewerber, weniger Spender, sinkende Zinseinnahmen: Viele Stiftungen blicken in eine ungewisse Zukunft. Obgleich die Herausforderungen sehr unterschiedlich sind, leiden Stiftungen vielerorts unter stark schwindenden Einnahmen. Es besteht ein wachsender Handlungsdruck, die Ertragssituation zu verbessern, zumal der digitale Umbruch auch in den nächsten Jahren zusätzliche Ausgaben erfordert.

Alexander von Boehm-Bezing, Geschäftsleiter, Tresono Family Office

Jahrzehntelang haben Stiftungen vorrangig auf Rentenanlagen gesetzt und damit stabile Erträge generiert. Diese Zeiten sind lange vorbei und kommen vorerst nicht wieder. Die anhaltende Zinsflaute beraubt Stiftungen um ihre Haupteinnahmequelle. Zugleich  gehen auch die Spendeneinnahmen zurück. Immer mehr Einrichtungen konkurrieren um einen Spendenkuchen, der seit Jahren nicht weiter anwächst. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Spender kontinuierlich ab, so der Deutsche Spendenrat.

Immer mehr Stiftungen rutschen in eine finanzielle Schieflage. Stifter und verantwortliche Gremien müssen die Geschicke noch strenger nach ökonomischen Gesichtspunkten ausrichten, vor allem in der Geldanlage. Hinzu kommen verstärkte Anstrengungen im Marketing, um die Reputation der Stiftung trotz wachsenden Markt- und Wettbewerbsdrucks zu stärken. Mehr denn je sind wirtschaftliches Denken und Handeln gefragt. Dabei kommt mitwirkenden Managern und Unternehmern eine Schlüsselrolle zu. Sie können wertvolle Impulse geben und die Entwicklungen federführend anstoßen.

Spielräume in der Kapitalanlage nutzen

Wenn Stiftungen keine Veränderungen in die Wege leiten, gefährden sie ihre wirtschaftliche Existenz. Stiftungen kommen nicht umhin, die Bandbreite ihrer Anlagen deutlich zu erweitern. Die damit einhergehenden Risiken sind beherrschbar, erfordern aber ein strukturiertes Vorgehen.

Der Spielraum in der Kapitalanlage ist vielfach größer als gedacht. Die sogenannte „Business Judgement Rule“ ist Gegenstand der laufenden Rechtsprechung und räumt Stiftungsorganen einen vergleichsweise großen Ermessensspielraum ein. Der Vorstand darf grundsätzlich in jede Anlageform investieren, ohne dass er für die negativen Folgen von Finanzentscheidungen haftet.

Voraussetzung ist, dass die Entscheidung auf Grundlage angemessener Informationen zum Wohl der Stiftung getroffen wurde. Damit trägt die Rechtsprechung dem Grundprinzip einer modernen Vermögensanlage Rechnung. Risiken sind in der Vermögensanlage oft unvermeidbar und begründen unter Umständen erst den wirtschaftlichen Erfolg.

Die Anlagemöglichkeiten sind vielschichtig. Dazu zählen neben festverzinslichen Wertpapieren auch Fonds und Aktien ganz unterschiedlicher Branchen und Unternehmen. Interessant sind in vielen Fällen auch sogenannte „Impact Investments“. Dabei handelt es sich um wirkungsorientierte Geldanlagen, die ökologische oder soziale Zwecke fördern.

Es lassen sich oft einige Investments finden, die ähnliche Ziele wie die Stiftung verfolgen. So können Einrichtungen den Stiftungszweck auf anderem Weg erfüllen. Wirkungsorientierte Anlagen können per se zur Zweckerfüllung beitragen. Obendrein  sollten sie noch eine Rendite beisteuern.

Auch Cashflow-orientierte Anlagen in Wohn- und Geschäftsimmobilien können eine sinnvolle Option darstellen. Vermietungsobjekte in guten Lagen gelten als sehr wertbeständig und sichern langfristig stabile Erträge. Ergänzend kommen unter Umständen auch Investitionen in Infrastruktur, erneuerbare Energien oder auch in Wald und Landwirtschaft in Betracht.

Anlagerichtlinien, aber richtig

Wichtig ist eine ganzheitliche Vermögensstrategie, die eine Zweckerfüllung auch in dynamischen Märkten sicherstellt. Grundlage hierfür sind klare Regeln durch passgenaue Anlagerichtlinien, die als Entscheidungsgrundlage für den Vorstand dienen.

Die Richtlinien definieren die Anlagestrategie, das Risikoprofil der Vermögensanlage und den Entscheidungsprozess. Eine detaillierte Ausgestaltung liegt im Interesse des Vorstandes. Dies begrenzt zwar den Ermessensspielraum, doch verringert es gleichzeitig auch das verbleibende Haftungsrisiko, etwa für grobe Fahrlässigkeit. Individuelle Anlagerichtlinien dienen als Leitplanken für die zukünftige Vermögensanlage und ermöglichen zielgerichtete Entscheidungen.

Anlagerichtlinien nach Maß

Die Grundlage für ein professionelles Vermögensmanagement sind passgenaue Anlagerichtlinien. Idealerweise begleitet ein versierter Vermögensverwalter den Entwicklungs- und Umsetzungsprozess.

1. Anlageformen prüfen: Je nach Stiftungszweck kommen sehr unterschiedliche Vermögensstrukturen in Betracht. Deshalb: Alle Vermögensklassen auf ihre Eignung hin prüfen. Es ist zu ermitteln, welchen Beitrag die einzelnen Anlagen für die Zweckerfüllung leisten können. Ziel ist eine ausgewogene Vermögensstreuung, die den Finanzbedarf langfristig sichert, ohne das Stiftungsvermögen zu gefährden.

2. Richtlinien definieren: Ein effizientes Vermögensmanagement erfordert klare Regeln. Sie verringern obendrein die Haftungsrisiken für den Vorstand. Kernpunkte sind die Anlagestrategie, das Risikoprofil und der Entscheidungsprozess. Stellen der Stifter oder ein Kontrollorgan die Richtlinien auf, entstehen verbindliche Vorgaben für den Vorstand. Legt hingegen der Vorstand selbst die Richtlinien fest, dienen sie lediglich als Orientierungshilfe.

3. Know-how ergänzen: Ein neues Vermögensmanagement erfordert zum Teil neue Kompetenzen. Diese Lücke können Vermögensverwaltungen oder Family Offices schließen. Sie übernehmen bei Bedarf das komplette Vermögensmanagement, inklusive Reporting. Damit geben die Stiftungsorgane das Vermögensmanagement in erfahrene Hände und sichern sich den Zugang zu allen erdenklichen Anlageformen.

 

Die Entwicklung der Anlagerichtlinien sollte gewissenhaft und planvoll erfolgen (siehe Infokasten „Anlagerichtlinien nach Maß“). Falls inhouse nur wenig Expertise in der Vermögensverwaltung existiert, sollte man professionelle Berater hinzuziehen.

Qualifizierte Vermögensverwalter oder Family Offices kosten deutlich weniger, als sie an Mehrwert bringen. Zudem lassen sie sich an Erfolgen messen. Selbst ausgeklügelte Anlagerichtliniensind kein steifes Korsett. Dynamische Marktveränderungen machen immer wieder Veränderungen notwendig. Stiftungen sollten ihre Anlagerichtlinien regelmäßig auf den Prüfstand stellen und bei Bedarf anpassen.

 

Mehr Infos in der März-Ausgabe des experten Report

 

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