Auf der ganzen Welt versuchen Versicherer mit neuen Ideen sich von der Konkurrenz abzusetzen. Doch wie können Versicherer in Deutschland Kunden von sich überzeugen und an sich binden?
In ihrer Studie „Deutscher Versicherungsreport: Wer vernetzt, gewinnt“ zeigt die internationale Unternehmensberatung Bain & Company dies auf.
Dr. Christian Kinder, Bain-Partner und Studienautor, erklärt:
„Überzeugende Interaktionen sind und bleiben der Schlüssel für loyale Kunden. Immer mehr Kunden wollen eine Versicherung, die Lösungen anbietet, statt nur Policen zu verkaufen und Schäden zu regulieren. Dafür braucht die Assekuranz Partner. Ökosysteme sind die richtige Antwort auf die veränderten Kundenwünsche.“
Die Ökosysteme können wie die Werkstattnetze zahlreicher Kfz-Versicherer viele neue Anknüpfungspunkte schaffen.
Offenheit gegenüber Branchenfremde
Derzeit können die deutschen Versicherungsunternehmen noch vergleichsweise gut die Erwartungen ihrer Kunden erfüllen. Die höchsten mit dem Net Promoter Score® (NPS®) gemessenen Loyalitätswerte erzielt 2019 sowohl in der Sach- als auch in der Lebensversicherung einmal mehr die HUK Coburg. Auf den Plätzen folgen in der Sachversicherung HUK24 und LVM, in der Lebensversicherung CosmosDirect und ERGO Direkt.
Aber die Zeiten, in denen die Versicherer in ihrem Kerngeschäft unter sich sind, scheinen langsam vorbei zu sein, denn 38 Prozent der Deutschen sind bereit, sich bei einem Dienstleister oder Hersteller wie etwa einem Automobilkonzern zu versichern. 36 Prozent sind offen für Angebote etablierter Technologiekonzerne und 32 Prozent stehen Offerten von Insurtechs aufgeschlossen gegenüber.
Allerdings haben die etablierten Versicherungsunternehmen im Wettbewerb mit den Branchenneulingen zwei entscheidende Vorteile: Zum einen vertrauen die Kunden ihnen. Zum anderen schätzen viele in entscheidenden Momenten den persönlichen oder telefonischen Kontakt.
Weniger Interaktion – weniger Loyalität
Viele Versicherungsnehmer interagieren indes nur sporadisch mit ihrem Anbieter. So geben 42 Prozent der Befragten an, in den vergangenen zwölf Monaten keinen Kontakt zu ihrem Versicherer gehabt zu haben.
Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf die Loyalität: Gibt es keine Interaktion, liegt der NPS in der Sachversicherung branchenweit bei 1 Prozent, in der Lebensversicherung bei minus 15 Prozent. Schon bei zwei Interaktionen im Jahr steigen die Werte auf 26 beziehungsweise 14 Prozent. Wesentlich häufiger haben Kunden mit ihrer Versicherung Kontakt, wenn sie über ihre vernetzten Geräte in das Ökosystem ihres Anbieters eingebunden sind. In diesem Fall steigt die Zahl der Interaktionen um den Faktor 6.
Die richtige Strategie für die vernetzte Welt
In den Sparten Kfz, Gebäude und Gesundheit erwartet ein Drittel der Deutschen von ihrem Versicherer vernetzte Angebote.
Gut für die Versicherer, denn über vernetzte Services können sie kontinuierlich Informationen über das tatsächliche Verhalten ihrer Kunden erhalten, was ihnen die personalisierte Ansprache erleichtert. So wird laut Dr. Christian Kinder die Basis für eine langfristige Kundenbindung sowie Up- und Cross-Selling geschaffen. Aber schnelles Handeln ist notwendig:
„Positionieren sie sich nicht als Partner für ein sicheres Eigenheim oder unfallfreies Fahren, werden es branchenfremde Anbieter tun.“
Tatsächlich bewegen sich die Kfz-Hersteller in Deutschland bereits in diese Richtung und zwingen die traditionellen Versicherer, ihre Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln.
Fünf Themen stehen dabei im Fokus:
- Aufbau eines Ökosystems
- Entwicklung einer Datenstrategie
- Weiterentwicklung des Vertriebs
- Optimierung von Produkten und Prozessen
- Zweigleisiger Strategieansatz für die Entwicklung einer langfristigen Vision
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich die Assekuranz in einer tief greifenden Transformation befindet. Je früher die Unternehmen ihre Ökosysteme aufbauen, desto größer sind ihre Chancen, im Wettbewerb mit Branchenfremden zu bestehen.
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