Weil die Gewerkschaften und Arbeitgeber bislang bei der Einführung des neuen Sozialpartnermodells nur geringe Bereitschaft zeigen, fordert dies den Gesetzgeber heraus, über eine neue ergänzende Pflichtvorsorge nachzudenken. Darauf macht das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) aufmerksam.
Klaus Morgenstern, DIA-Sprecher, dazu:
„Kein kundiger Beobachter der betrieblichen Altersversorgung hat bei Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes im Jahr 2018 erwartet, dass die Tarifpartner innerhalb weniger Monate reihenweise Vereinbarungen über garantiefreie Arbeitgeberzusagen treffen werden. Aber dass es nach zwei Jahren lediglich einen Haustarifvertrag und sonst nur Absagen und Verschiebungen gibt, überrascht selbst Skeptiker.“
Beispielsweise hat der Gewerkschaftstag der IG Metall gezeigt, dass in den Tarifgesprächen, die nach der Verabschiedung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes stattfanden, die Gewerkschaften jeweils andere Schwerpunkte setzten. Das Sozialpartnermodell spielte dabei keine Rolle.
Klaus Morgenstern erklärt:
„Natürlich steht es den Tarifpartnern frei, wie sie den vom Gesetzgeber geschaffenen Spielraum nutzen. Aber sie sollten sich über eines im Klaren sein. Gelangt die Politik zur Einsicht, dass ihr Konzept des Sozialpartnermodells gescheitert ist, wird es eine andere Lösung geben. Diese läuft auf eine ergänzende Pflichtvorsorge hinaus.“
Die Diskussionen auf dem jüngsten CDU-Parteitag haben laut DIA gezeigt, wie weit in der Politik die Idee einer neuen Pflichtvorsorge schon gereift ist. Nur durch die Vertreter der Mittelstands- und Wirtschaftsunion wurde ein Beschluss zur Einführung eines verpflichtenden staatlichen Standardvorsorgeproduktes vorerst verhindert.
Klaus Morgenstern sagt:
„Die Anbieter von Altersvorsorgeprodukten bekommen nun eine Frist von drei Jahren, die Verbreitung der privaten Altersvorsorge zu steigern. Wenn dies nicht gelingt und obendrein die Tarifpartner bei der betrieblichen Altersversorgung nicht vorankommen, wird sich eine neue Pflichtvorsorge kaum abwenden lassen.“
Themen:
LESEN SIE AUCH
Opting-out-Modelle: Rechtliche Klarstellung ist erforderlich
Corona-Krise: Altersvorsorge wird durch Einkommenseinbußen geschmälert
DIA fordert: Keine Strafsteuer für die Altersvorsorge
„Change Your Life App“ berechnet Lebenserwartung
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Sondervermögen als Schattenhaushalt: Wie die Bundesregierung Haushaltslöcher stopft
Was als Investitionsoffensive für Infrastruktur und Klimaschutz begann, wird laut neuer Analyse zum Schattenhaushalt: Die Bundesregierung nutzt das Sondervermögen zunehmend, um Löcher im Kernhaushalt zu stopfen – auf Kosten von Transparenz und Glaubwürdigkeit.
Über 100 Milliarden Euro zu Unrecht gezahlt? AOK fordert Entlastung der Beitragszahler
Die AOK stellt sich hinter die Klage des GKV-Spitzenverbands gegen den Bund. Seit Jahrzehnten tragen Beitragszahler Kosten, die eigentlich steuerfinanziert sein müssten – inzwischen über 100 Milliarden Euro. Ob die neue Gesundheitsministerin Nina Warken diesen Konflikt politisch entschärfen kann, bleibt offen.
Krankenkasse und Bürgergeld: GKV-Spitzenverband kündigt Klage an
Droht die gesetzliche Krankenversicherung durch die Finanzierung des Bürgergelds überlastet zu werden? Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes hat beschlossen, rechtlich gegen die aus seiner Sicht unzureichende Finanzierung der Gesundheitsversorgung von Bürgergeldbeziehenden vorzugehen. Hintergrund ist, dass die Kassen seit Jahren einen erheblichen Teil der Kosten selbst tragen müssen.
Standortfördergesetz: Warum das Deutsche Aktieninstitut tiefgreifende Kapitalmarktreformen vermisst
Das Standortfördergesetz der Bundesregierung soll den Finanzplatz Deutschland stärken. Doch das Deutsche Aktieninstitut warnt: Ohne tiefgreifende Reformen in Altersvorsorge und Aktienrecht bleibt der Gesetzentwurf ein halbherziger Schritt.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.