Buchhaltung im Griff: Delegieren kann teuer werden

Buchhaltung im Griff: Delegieren kann teuer werden
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Die wenigsten Unternehmer beschäftigen sich gerne mit der Buchhaltung. Das Sammeln der Belege, die ordnungmäßige Erfassung und Ablage erfordern einen gewissen Grad an Genauigkeit und immer die Bereitschaft, sich auf die ständig ändernde Rechtsprechung einzulassen. Wer meint, dass es ausreicht, die Buchhaltung einfach an einen Steuerberater abzugeben, der irrt.

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung gelten auch außerhalb der Steuerbüros

Die Digitalisierung macht sich in Riesenschritten in jedem Betrieb bemerkbar. Rechnungen kommen nicht mehr per Post, sondern per E-Mail. Die Kasse wird nicht mehr manuell, sondern im Computer erfasst. Belege werden fotografiert und als E-Mail Anhang zum Steuerberater geschickt. Abgesehen von diesen alltäglichen Handgriffen, die das Leben leichter machen, haben sie Konsequenzen. Denn die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung machen konkrete Vorgaben, unter anderem diese:

  • Vorgänge müssen vollständig aufgezeichnet werden
  • alle Sachverhalte müssen nachvollziehbar sein
  • Belege müssen (auch in zehn Jahren noch) verfügbar sein
  • Belege müssen zeitnah erfasst werden
  • die Aufzeichnungen und Buchungen müssen unveränderbar festgeschrieben werden

Für Unternehmer bedeutet das, dass sie ihre Verwaltung im Griff haben müssen und dass die betriebsinternen Prozesse der Buchhaltung mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung übereinstimmen. Es reicht nicht, die Buchhaltungsaufgabe an einen beliebigen Mitarbeiter zu delegieren. Unternehmer müssen sicherstellen, dass der Mitarbeiter hinsichtlich der geltenden Rechtsprechung zur Buchhaltung up-to-date ist, um die Belege richtig zu digitalisieren. Nur so können die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung in ihrer jeweils geltenden Fassung korrekt angewendet werden. Kommt es allerdings zu Fehlern, haftet der Unternehmer und nicht der Mitarbeiter. Aus diesem Grund ist es unverzichtbar, nicht einfach nur zu delegieren, sondern sich selbst zu informieren.

Ordnungsmäßige Buchführung: Neufassung vorläufig zurückgerufen

Das Bundesministerium der Finanzen hat unter dem Aktenzeichen IV A 4 – S 0316/19/10003:001 am 11. Juli 2019 ein BMF-Schreiben veröffentlicht, in dem die so bezeichneten „Grundsätze zu ordnungsmäßiger Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ mit Blick auf die Digitalisierung in überarbeiteter und angepasster/modernisierter Form formuliert waren. In diesem Schreiben wurde unter anderem gesagt, dass es in Ordnung ist, Belege durch Fotos mit dem Smartphone oder anderen mobilen Endgeräten zu erfassen und innerhalb der Buchführung zu verarbeiten. Damit sei den steuerlichen Aufzeichnungspflichten Genüge getan.

Überraschenderweise löschte das Bundesministerium dieses Schreiben kurzfristig wieder von ihrer Website. Die Begründung lautete, dass noch Abstimmungsbedarf mit den einzelnen Bundesländern bestehen würde. Inhalt dieser abzustimmenden Details sei lediglich das Datenzugriffsrecht der Finanzämter und anderer Finanzbehörden. Sollten Betriebe aktuell ihre Belege fotografisch erfassen, müssen sie wissen, dass dies aus Sicht der Finanzbehörden nicht zulässig ist. Das Problem, das sich daraus in der Praxis ergeben kann, soll anhand eines Beispiels erklärt werden.

So teuer können fotografierte Belege werden: Ein Praxisfall

Die Fahrzeuge eines Versicherungsbüros in der Rechtsform einer GmbH verursachten in den Jahren 2016 und 2017 Spritkosten in Höhe von 12.000 Euro jährlich. Im Jahr 2018  stiegen die Spritkosten sowie die Anzahl der Fahrten an, so dass Tankkosten in Höhe von 20.000 Euro zusammenkamen – 8.000 Euro mehr als in den Vorjahren.

Die Firma erhielt grundsätzlich jeweils am Ende der Woche von ihren Mitarbeitern die Tankquittungen. Diese waren in der Regel auf Thermopapier ausgedruckt. Thermopapier hat die Eigenschaft, auszubleichen, das heißt, dass nach relativ kurzer Zeit die Farbe darauf verblasst. Das fiel der Bürohilfe Anfang 2018 auf, denn die Belege 2016 und 2017 waren kaum noch zu lesen. Um die Daten der Belege 2018 dauerhaft zu archivieren und lesbar zu halten, fotografierte die Bürohilfe die neu eingereichten Belege mit dem Handy und speicherte die Fotos im System ab. Die Thermobelege archivierte sie wie gehabt im Ordner.

Im Zuge einer Betriebsprüfung wurden die Tankkosten der Jahre 2016 bis 2018 überprüft.  Der Betriebsprüfer forderte die Originalbelege an. Die Bürohilfe überreichte den Ordner mit den Thermobelegen und verwies auf die Fotos im Firmenarchiv. Doch der Prüfer lehnte letzteres ab, denn Fotos sind nicht zulässig zur Archivierung von Daten. Es hätten zum Beispiel ganz normale Kopien gemacht werden müssen, das wäre zulässig gewesen.

Der Prüfer hatte aufgrund der gegebenen Umstände – nicht nachprüfbare Kosten, weil Belege nicht leserlich waren – einen steuerrechtlich zulässigen Grund, die Richtigkeit der ordnungsmäßigen Buchführung anzuzweifeln.

Hinweis: Wenn ein Betriebsprüfer auf einer steuerlich zulässigen Grundlage die Ordnungsmäßigkeit einer Buchführung anzweifelt, öffnen sich ihm Tür und Tor, jeden einzelnen Beleg intensiv zu prüfen und zugunsten der Finanzbehörden eine Schätzung vorzunehmen.

Der Betriebsprüfer machte von seinem Recht der Schätzung Gebrauch und strich die Tankkosten 2018 um 8.000 Euro. Diese werden auf den Gewinn aufgeschlagen und versteuert. Die GmbH muss auf diesen Mehrgewinn Steuernachzahlungen für Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer leisten.

  • Der aktuell geltende Körperschaftsteuersatz liegt bei 15 Prozent, was 1.200 Euro entspricht.
  • Auf die Körperschaftsteuer ist der Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent zu zahlen. Das sind weitere 66 Euro.
  • Zusätzlich wird Gewerbesteuer fällig, die für die Spedition bei einem Hebesatz von 350 weitere 980 Euro ausmacht.

Unwissenheit schützt nicht vor Strafe

Das Unwissen der Bürohilfe kostete den Unternehmer unterm Strich 2.246 Euro. Dabei hat er noch Glück gehabt, denn falls der Prüfer weiter in den Unterlagen  gesucht und festgestellt hätte, dass die Bürohilfe nicht nur die Tankquittungen, sondern auch andere Thermobelege auf unzulässige Weise archiviert hätte, hätte die Nachzahlung höher ausfallen können.

Noch schlimmer würde ein solcher Fehler eine Einzelfirma treffen, weil auf ihren Gewinn im Gegensatz zu einer GmbH der persönliche Steuersatz des Einzelunternehmers angewendet wird. Der persönliche Steuersatz fällt in der Regel aber deutlich höher als 15 Prozent (Körperschaftsteuersatz) aus. Wichtig für Gründer und aktive Versicherungsprofis: Es ist in diesem Zusammenhang ausschlaggebend, in welcher Rechtsform – GmbH oder Einzelfirma – das Unternehmen firmiert.

Auf dem Laufenden bleiben und aktiv selbst informieren

Ohne Frage haben selbstständige Versicherungsvermittler genauso wie Selbstständige in anderen Branchen viel zu tun und kaum Zeit, sich mit Details der Buchführung zu beschäftigen. Aber ein verantwortungsvoller Geschäftsführer bzw. Unternehmer ist dazu verpflichtet, den Betrieb im Rahmen der geltenden Gesetze zu führen. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sind Stolpersteine, die weit reichende Konsequenzen haben. Das war vor der Neuordnung der Finanzbehörden im Zuge der Digitalisierung bereits so und wird sich auch dann nicht ändern, wenn das vorläufig zurückgezogene BMF-Schreiben wieder in Kraft gesetzt bzw. in veränderter Form herausgegeben wird.

Tipp: Selbstständige Versicherungsexperten sollten die Mandanten-Rundschreiben ihrer Steuerberater lesen oder sich aus anderen seriösen Quellen turnusmäßig auf den neuesten Stand in Sachen Steuerrecht bringen.