Online-Communitys in der Assekuranz – Hat der klassische Innovationsprozess ausgedient?

Dr. Stephan C. Maier, Partner und Managing Director, und David Kuprasch, Senior Associate bei EY Innovalue, geben einen Kommentar zu Online-Communitys in der Assekuranz ab:

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Lange Zeit hat sich der Umgang mit Innovationsprozessen in der Versicherungsbranche kaum verändert. Neue technologische Möglichkeiten, um im Rahmen von Produktentwicklung oder zu innovativen Dienstleistungsideen mit Kunden in den interaktiven Dialog zu treten, werden noch immer wenig bis gar nicht genutzt.

Dr-Stephan-Maier-2019-EY-InnovalueDr-Stephan-Maier-2019-EY-Innovalue Dr. Stephan C. Maier, Partner und Managing Director, EY Innovlaue

Doch der Innovationsdruck in der Versicherungsbranche zwingt zur Entwicklung kundenorientierter Services, die Kunden begeistern. Warum also sollte nicht eine Vielzahl von Kunden in den Innovationsprozess eingebunden werden?

Andere Branchen machen hier vor, was für Versicherungen noch Neuland ist. Mehr und mehr werden neben der eigenen Entwicklungsabteilung zahlreiche weitere Akteure, wie Kunden, Experten, Mitarbeiter oder sonstige Interessierte, aktiv in den Innovationsprozess einbezogen und somit zu „Co-Creators“ von Produkten und Services. Professionelle Online-Plattformen bilden die Grundlage für den schnellen und unkomplizierten Austausch von Meinungen und ermöglichen Diskussionen zwischen einer Vielzahl von Teilnehmern.

Feedbackkanal und Talentpool für mehr Wertschöpfung

Mit einer solchen Online-Community kann auf verschiedenen Wegen und mit unterschiedlicher fachlicher Tiefe kollaboriert werden. Die Anwendungsmöglichkeiten reichen von der Nutzung der Community als aktiver Feedbackkanal bis hin zur Generierung echter Wertschöpfung im Rahmen von Ideenwettbewerben, zum Beispiel programmierter Apps, Bauzeichnungen oder ähnlichem. Dabei können erste Produktideen schnell am Kunden getestet werden und im Ergebnis die Kundenorientierung von neuen Produkten und Services gesteigert werden.

Beispiele aus der Praxis

Lego hat die Gestaltung neuer Produkte mittlerweile fast vollständig an die „Lego Ideas“-Community herausgegeben. Hier kann jeder Interessierte Produktideen, etwa auf Basis von Zeichnungen, zuliefern, die dann von der Community auf Basis von „Likes“ bewertet und bei Überschreitung von 10.000 Likes von Lego umgesetzt werden. Eine Vergütung in Höhe von einem Prozent der Umsätze dient als Incentive.

David-Kuprasch-2019-EY-InnovalueDavid-Kuprasch-2019-EY-Innovalue David Kuprasch, Senior Associate, EY Innovalue

Mit der Community Nasa Solve schreibt die NASA komplexe Entwicklungsherausforderungen zur Lösung durch die Online-Community aus, zum Beispiel die Identifizierung von Kratern auf dem Mond. Teams von Forschern und Interessierten diskutieren untereinander und mit den Experten der NASA über die eingereichten Lösungen. Auf diese Weise profitiert die NASA gleich doppelt: Von den Ideen der Community und der Community als erfolgreichem Recruiting-Kanal.

Im Versicherungsbereich haben nun erste Versuche mit Allianz und AXA begonnen, aber in der breiten Branche sind innovative Community-Ansätze und insbesondere die „Co-Creation“ bisher noch ein unbeschriebenes Blatt. Das muss und sollte nicht so bleiben, denn mit einem klugen Ansatz lassen sich die Vorteile einer Community in überschaubaren Zeiträumen erschließen.

„Co-Creation“: Am Anfang steht das Zielbild

Für die Versicherungswirtschaft hat EY Innovalue deshalb ein flexibles Konzept für den Aufbau von Online-Communitys auf Basis von vorstrukturierten Arbeitspaketen entwickelt – von der Software-Auswahl über die Klärung rechtlicher Rahmenbedingungen bis hin zu wesentlichen inhaltlichen Fragen. Der erste und wichtigste Schritt ist dabei die Definition des Zielbildes durch den Versicherer. Die Frage lautet „Was will ich mit der Community erreichen?“ Ist das Zielbild gefixt, muss im zweiten Schritt die Community erschlossen werden. Der beste Weg dahin ist ein Thema, das die Community-Teilnehmer anspricht und wirklich „packt“. Dabei ist die absolute Größe einer Community nicht unbedingt entscheidend. Bereits eine vermeintlich kleine Community von rund 50 Teilnehmern liefert echten Mehrwert und ist eine Größenordnung, die sich in einer Testphase oder als Überbrückung auch über ein Panel von Marktforschungsinstituten rekrutieren lässt. Wichtig ist dabei die Einbettung der Online-Community in das bestehende Serviceportfolio der Marktforschung des Versicherers.

Wer diese Punkte berücksichtigt und erfolgreich umsetzt, nutzt die Community bald als aktiven Feedbackkanal, zur Generierung von Produktideen und zur Steigerung der Kundenorientierung. Das strukturierte Vorgehen in definierten Arbeitspaketen erleichtert die Umsetzung von der reinen „Machbarkeitsstudie“ über eine Pilotierung bis zur fertigen Gesamtlösung.

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